nachdem man ihn bei gemeinsamen Festen zusammen gesungen hatte, über- nommen und mit Bakairiworten gemischt worden.
Das Imeo-Makanari ist allen Bakairi gemeinsam. Am Kulisehu kommt noch als verwandte Figur der Imoto, Imodo hinzu. Imeo ist ein weisses Tier, das in der vertrockneten Buritipalme lebt -- soviel ich begriffen habe, eine Palm- bohrer-Käferlarve, Imodo ein verwandtes Geschöpf, rötlich, mit schwarzem Kopf. Eine seltsame Auswahl, die ein wenig an den Sommernachtstraum erinnert. Allein sie erklärt sich, wenn man bedenkt, dass das Material für die Tanzkostüme in erster Linie von der Buritipalme geliefert wird, die jenes Insekt bewohnt. Und dieses ist vielleicht noch obendrein ein guter Bissen. Andere Tiere treten ebenfalls in diesem Makanari auf, namentlich Fledermaus und der Pintado-Wels, Abb. 91. Letztere Maske ist leicht verständlich. Ein aus grobem, hartem Gras geflochtener Anzug bedeckt den Körper, durch das Flechtwerk kann der Träger ohne Mühe hindurch- schauen, und ein langes Stück Schlingpflanze charakterisiert die Bartfäden des Fisches. Für die übrigen Figuren des Tanzes besteht die Tracht aus einer über den ganzen Kopf herabgezogenen Stroh- mütze mit langem Faserbehang ringsum und einem aus Buritiblattstreifen geflochtenen Gewand, das wir schon 1884 am Batovy gefunden haben. Stroh- mützen ohne Stiel gehören dem semimo- oder Fledermaustänzer; der Imodo (links auf der Ab- bildung 92) hat an der Mütze einen Stiel mit einer oder auch zwei knopfartigen Verdickungen, der Imeo (rechts auf der Abbildung 9[2]) ein Bündel geknöpfter Stiele. Der Imodo wurde auch als Maispuppe (vgl. Seite 281) in der Hütte aufgehängt. Eine Mütze endlich mit fünf in den Stiel eingeflochtenen pansflötenartig angeordneten Rohrstäbchen wurde
[Abbildung]
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Abb. 91.
Wels-Maske. Bakairi. (frac1/16; nat. Gr.)
enoschibiro genannt; dies ist jedoch der Name des Holzes, aus dem die Flöten geschnitzt werden. Die Maske bezeichnete einen flötenden Vogel, den ich nicht bestimmen konnte. Von dieser Mütze seien die Masse angeführt: Gesamtlänge 86 cm, Aufsatz 11,5 cm, eigentliche Mütze 22,5 cm, Behang 52 cm.
Sehr merkwürdig ist das Buritiwams des Imeotanzes mit fransenbesetzten Aermeln und Hosen, Abb. 92. Wir fanden auch einzelne Aermel, die in Verbindung mit dem losen Strohbehang getragen wurden. In den Anzug steigt man am Hals hinein, die Weite beträgt dort 11/4 m und ein Strick zum Zuschnüren ist einge- reiht. Die Bakairi versuchten europäische Hemden mit gleicher Umständlichkeit anzulegen. Zwischen den Hosen befindet sich ein mit einem dünnen Strick zu
nachdem man ihn bei gemeinsamen Festen zusammen gesungen hatte, über- nommen und mit Bakaïríworten gemischt worden.
Das Imeo-Makanari ist allen Bakaïrí gemeinsam. Am Kulisehu kommt noch als verwandte Figur der Imóto, Imódo hinzu. Imeo ist ein weisses Tier, das in der vertrockneten Buritípalme lebt — soviel ich begriffen habe, eine Palm- bohrer-Käferlarve, Imodo ein verwandtes Geschöpf, rötlich, mit schwarzem Kopf. Eine seltsame Auswahl, die ein wenig an den Sommernachtstraum erinnert. Allein sie erklärt sich, wenn man bedenkt, dass das Material für die Tanzkostüme in erster Linie von der Buritípalme geliefert wird, die jenes Insekt bewohnt. Und dieses ist vielleicht noch obendrein ein guter Bissen. Andere Tiere treten ebenfalls in diesem Makanari auf, namentlich Fledermaus und der Pintado-Wels, Abb. 91. Letztere Maske ist leicht verständlich. Ein aus grobem, hartem Gras geflochtener Anzug bedeckt den Körper, durch das Flechtwerk kann der Träger ohne Mühe hindurch- schauen, und ein langes Stück Schlingpflanze charakterisiert die Bartfäden des Fisches. Für die übrigen Figuren des Tanzes besteht die Tracht aus einer über den ganzen Kopf herabgezogenen Stroh- mütze mit langem Faserbehang ringsum und einem aus Buritíblattstreifen geflochtenen Gewand, das wir schon 1884 am Batovy gefunden haben. Stroh- mützen ohne Stiel gehören dem semímo- oder Fledermaustänzer; der Imódo (links auf der Ab- bildung 92) hat an der Mütze einen Stiel mit einer oder auch zwei knopfartigen Verdickungen, der Imeo (rechts auf der Abbildung 9[2]) ein Bündel geknöpfter Stiele. Der Imódo wurde auch als Maispuppe (vgl. Seite 281) in der Hütte aufgehängt. Eine Mütze endlich mit fünf in den Stiel eingeflochtenen pansflötenartig angeordneten Rohrstäbchen wurde
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Abb. 91.
Wels-Maske. Bakaïrí. (frac1/16; nat. Gr.)
enoschibíro genannt; dies ist jedoch der Name des Holzes, aus dem die Flöten geschnitzt werden. Die Maske bezeichnete einen flötenden Vogel, den ich nicht bestimmen konnte. Von dieser Mütze seien die Masse angeführt: Gesamtlänge 86 cm, Aufsatz 11,5 cm, eigentliche Mütze 22,5 cm, Behang 52 cm.
Sehr merkwürdig ist das Buritíwams des Imeotanzes mit fransenbesetzten Aermeln und Hosen, Abb. 92. Wir fanden auch einzelne Aermel, die in Verbindung mit dem losen Strohbehang getragen wurden. In den Anzug steigt man am Hals hinein, die Weite beträgt dort 1¼ m und ein Strick zum Zuschnüren ist einge- reiht. Die Bakaïrí versuchten europäische Hemden mit gleicher Umständlichkeit anzulegen. Zwischen den Hosen befindet sich ein mit einem dünnen Strick zu
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[301/0365]
nachdem man ihn bei gemeinsamen Festen zusammen gesungen hatte, über-
nommen und mit Bakaïríworten gemischt worden.
Das Imeo-Makanari ist allen Bakaïrí gemeinsam. Am Kulisehu kommt noch
als verwandte Figur der Imóto, Imódo hinzu. Imeo ist ein weisses Tier, das
in der vertrockneten Buritípalme lebt — soviel ich begriffen habe, eine Palm-
bohrer-Käferlarve, Imodo ein verwandtes Geschöpf, rötlich, mit schwarzem Kopf.
Eine seltsame Auswahl, die ein wenig an den Sommernachtstraum erinnert.
Allein sie erklärt sich, wenn man bedenkt, dass das Material für die Tanzkostüme
in erster Linie von der Buritípalme geliefert wird, die jenes Insekt bewohnt.
Und dieses ist vielleicht noch obendrein ein guter
Bissen. Andere Tiere treten ebenfalls in diesem
Makanari auf, namentlich Fledermaus und der
Pintado-Wels, Abb. 91. Letztere Maske ist
leicht verständlich. Ein aus grobem, hartem Gras
geflochtener Anzug bedeckt den Körper, durch
das Flechtwerk kann der Träger ohne Mühe hindurch-
schauen, und ein langes Stück Schlingpflanze
charakterisiert die Bartfäden des Fisches. Für die
übrigen Figuren des Tanzes besteht die Tracht aus
einer über den ganzen Kopf herabgezogenen Stroh-
mütze mit langem Faserbehang ringsum und einem
aus Buritíblattstreifen geflochtenen Gewand, das
wir schon 1884 am Batovy gefunden haben. Stroh-
mützen ohne Stiel gehören dem semímo- oder
Fledermaustänzer; der Imódo (links auf der Ab-
bildung 92) hat an der Mütze einen Stiel mit einer
oder auch zwei knopfartigen Verdickungen, der Imeo
(rechts auf der Abbildung 92) ein Bündel geknöpfter
Stiele. Der Imódo wurde auch als Maispuppe
(vgl. Seite 281) in der Hütte aufgehängt. Eine
Mütze endlich mit fünf in den Stiel eingeflochtenen
pansflötenartig angeordneten Rohrstäbchen wurde
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[Abbildung Abb. 91. Wels-Maske. Bakaïrí.
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enoschibíro genannt; dies ist jedoch der Name des Holzes, aus dem die Flöten
geschnitzt werden. Die Maske bezeichnete einen flötenden Vogel, den ich nicht
bestimmen konnte. Von dieser Mütze seien die Masse angeführt: Gesamtlänge
86 cm, Aufsatz 11,5 cm, eigentliche Mütze 22,5 cm, Behang 52 cm.
Sehr merkwürdig ist das Buritíwams des Imeotanzes mit fransenbesetzten
Aermeln und Hosen, Abb. 92. Wir fanden auch einzelne Aermel, die in Verbindung
mit dem losen Strohbehang getragen wurden. In den Anzug steigt man am Hals
hinein, die Weite beträgt dort 1¼ m und ein Strick zum Zuschnüren ist einge-
reiht. Die Bakaïrí versuchten europäische Hemden mit gleicher Umständlichkeit
anzulegen. Zwischen den Hosen befindet sich ein mit einem dünnen Strick zu
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/365>, abgerufen am 21.11.2024.
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