gemacht worden, und leider hat der Verfasser, wie wir bei den Bororo sehen werden, keinen Anspruch auf irgendwelche Glaubwürdigkeit in diesen Dingen.
Eine erwähnenswerte Angabe im 40. Bande des Revista Trimensal do In- stituto Historico (Rio de Janeiro 1877, II, p. 97) bezieht sich auf den einst weit und breit gefürchteten Stamm der Mundruku, die heute am mittlern und untern Tapajoz sitzen, früher aber höher hinauf wohnten. Antonio Manoel Goncalves Tocantins, der sie 1875 besuchte, bemerkt: "in früheren Zeiten schlugen sie auch die Bakairi, die sie Mureufuates nennen, und die sie zwangen, in das Matogrosso zu gehen, wo sie ("aldeiert") in Dörfern angesiedelt wurden." Der letztere Zusatz zeigt, dass es sich nur um Ereignisse verhältnismässig jüngerer Zeit, aus der brasilischen Aera, handeln kann. Auch muss man nach dieser Stelle nicht etwa glauben, dass die Bakairi in der Provinz Para gewohnt hätten; "Matogrosso" heisst bei den Ansiedlern des untern Tapajoz das Gebiet des Ober- laufs und der Quellarme Juruena und Arinos; die Mundruku wohnten selbst neben den Apiaka in der Provinz Matogrosso, wo sie Saruma heissen, und haben alle Stämme des Arinos- und Schingugebietes mit ihren Angriffen beunruhigt. Die Bakairi, die sie "Manduruku" nannten, hatten sie in lebhafter Erinnerung, gaben aber an, dass ihre Einfälle jetzt nicht mehr vorkämen, da sie nach Norden gezogen seien.
Die Hauptfeinde der Westbakairi und wahrscheinlich, sofern die Tradition Recht hat, schon der vereinigten Bakairi waren die Kayabi. "Unbezwungene Wilden in der Nähe des Salto", sagt der Bericht der Directoria dos Indios. Was ich bei den Bakairi über sie allmählich in Erfahrung zu bringen vermochte, ist das Folgende. Die Kayabi nennen sich selbst Parua, sie seien, was aber der Bestätigung bedarf, ihrer Sprache nach Verwandte der Kamayura am Kulisehu, würden also ein Tupi-Stamm sein. Sie sind starke Leute und, wie der nahebei wohnende Tupi-Stamm der Apiaka, Liebhaber der Anthropophagie. Sie pflanzen Mandioka, Mais, Bataten, Mandubi u. s. w. grade wie die übrigen. Sie haben hübsch gearbeitete, umflochtene Keulen von Bakayuva-Palmholz, die etwa 11/2 m lang, von der Form flacher Stäbe sind und in einem Strick am Arm getragen werden. Auch darin würden sie mit den Kamayura übereinstimmen. Die Pfeile sind von Kambayuva-Rohr wie die der Yuruna, aber kleiner. Sie besitzen keine Wurfbretter -- ein wichtiger Unterschied von den Kamayura.
Die Kayabi wohnen am Rio Verde, dessen Quelien zwischen dem Rio Novo- und dem Paranatingadorf der Bakairi liegen, und der rechts in den Para- natinga unterhalb des berühmten Salto einfliesst. Ihre Nachbarschaft zu den Bakairi ist also freilich die allernächste. Seit uralter Zeit besteht die Feindschaft. Nur ganz im Anfang hatte man sich vertragen: die Kayabi seien bei den Bakairi erschienen, um bei ihnen zu wohnen, und hätten sich an einem Bach in ihrer Nähe angesiedelt; dann kam es zur Fehde. Ich erinnere an die Kayabi der Kerisage; hier treten sie bereits im Himmel auf, vgl. S. 375. Die alten Bakairi seien den Paranatinga bis unterhalb des Rio Verde hinabgezogen, und
gemacht worden, und leider hat der Verfasser, wie wir bei den Bororó sehen werden, keinen Anspruch auf irgendwelche Glaubwürdigkeit in diesen Dingen.
Eine erwähnenswerte Angabe im 40. Bande des Revista Trimensal do In- stituto Historico (Rio de Janeiro 1877, II, p. 97) bezieht sich auf den einst weit und breit gefürchteten Stamm der Mundrukú, die heute am mittlern und untern Tapajoz sitzen, früher aber höher hinauf wohnten. Antonio Manoel Gonçalves Tocantins, der sie 1875 besuchte, bemerkt: »in früheren Zeiten schlugen sie auch die Bakaïrí, die sie Mureufuâtes nennen, und die sie zwangen, in das Matogrosso zu gehen, wo sie (»aldeïert«) in Dörfern angesiedelt wurden.« Der letztere Zusatz zeigt, dass es sich nur um Ereignisse verhältnismässig jüngerer Zeit, aus der brasilischen Aera, handeln kann. Auch muss man nach dieser Stelle nicht etwa glauben, dass die Bakaïrí in der Provinz Pará gewohnt hätten; »Matogrosso« heisst bei den Ansiedlern des untern Tapajoz das Gebiet des Ober- laufs und der Quellarme Juruena und Arinos; die Mundrukú wohnten selbst neben den Apiaká in der Provinz Matogrosso, wo sie Sarumá heissen, und haben alle Stämme des Arinos- und Schingúgebietes mit ihren Angriffen beunruhigt. Die Bakaïrí, die sie »Mandurukú« nannten, hatten sie in lebhafter Erinnerung, gaben aber an, dass ihre Einfälle jetzt nicht mehr vorkämen, da sie nach Norden gezogen seien.
Die Hauptfeinde der Westbakaïrí und wahrscheinlich, sofern die Tradition Recht hat, schon der vereinigten Bakaïrí waren die Kayabí. »Unbezwungene Wilden in der Nähe des Salto«, sagt der Bericht der Directoria dos Indios. Was ich bei den Bakaïrí über sie allmählich in Erfahrung zu bringen vermochte, ist das Folgende. Die Kayabí nennen sich selbst Paruá, sie seien, was aber der Bestätigung bedarf, ihrer Sprache nach Verwandte der Kamayurá am Kulisehu, würden also ein Tupí-Stamm sein. Sie sind starke Leute und, wie der nahebei wohnende Tupí-Stamm der Apiaká, Liebhaber der Anthropophagie. Sie pflanzen Mandioka, Mais, Bataten, Mandubí u. s. w. grade wie die übrigen. Sie haben hübsch gearbeitete, umflochtene Keulen von Bakayuva-Palmholz, die etwa 1½ m lang, von der Form flacher Stäbe sind und in einem Strick am Arm getragen werden. Auch darin würden sie mit den Kamayurá übereinstimmen. Die Pfeile sind von Kambayuva-Rohr wie die der Yuruna, aber kleiner. Sie besitzen keine Wurfbretter — ein wichtiger Unterschied von den Kamayurá.
Die Kayabí wohnen am Rio Verde, dessen Quelien zwischen dem Rio Novo- und dem Paranatingadorf der Bakaïrí liegen, und der rechts in den Para- natinga unterhalb des berühmten Salto einfliesst. Ihre Nachbarschaft zu den Bakaïrí ist also freilich die allernächste. Seit uralter Zeit besteht die Feindschaft. Nur ganz im Anfang hatte man sich vertragen: die Kayabí seien bei den Bakaïrí erschienen, um bei ihnen zu wohnen, und hätten sich an einem Bach in ihrer Nähe angesiedelt; dann kam es zur Fehde. Ich erinnere an die Kayabí der Kerisage; hier treten sie bereits im Himmel auf, vgl. S. 375. Die alten Bakaïrí seien den Paranatinga bis unterhalb des Rio Verde hinabgezogen, und
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[392/0456]
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werden, keinen Anspruch auf irgendwelche Glaubwürdigkeit in diesen Dingen.
Eine erwähnenswerte Angabe im 40. Bande des Revista Trimensal do In-
stituto Historico (Rio de Janeiro 1877, II, p. 97) bezieht sich auf den einst weit
und breit gefürchteten Stamm der Mundrukú, die heute am mittlern und untern
Tapajoz sitzen, früher aber höher hinauf wohnten. Antonio Manoel Gonçalves
Tocantins, der sie 1875 besuchte, bemerkt: »in früheren Zeiten schlugen sie
auch die Bakaïrí, die sie Mureufuâtes nennen, und die sie zwangen, in das
Matogrosso zu gehen, wo sie (»aldeïert«) in Dörfern angesiedelt wurden.« Der
letztere Zusatz zeigt, dass es sich nur um Ereignisse verhältnismässig jüngerer
Zeit, aus der brasilischen Aera, handeln kann. Auch muss man nach dieser
Stelle nicht etwa glauben, dass die Bakaïrí in der Provinz Pará gewohnt hätten;
»Matogrosso« heisst bei den Ansiedlern des untern Tapajoz das Gebiet des Ober-
laufs und der Quellarme Juruena und Arinos; die Mundrukú wohnten selbst
neben den Apiaká in der Provinz Matogrosso, wo sie Sarumá heissen, und haben
alle Stämme des Arinos- und Schingúgebietes mit ihren Angriffen beunruhigt.
Die Bakaïrí, die sie »Mandurukú« nannten, hatten sie in lebhafter Erinnerung,
gaben aber an, dass ihre Einfälle jetzt nicht mehr vorkämen, da sie nach Norden
gezogen seien.
Die Hauptfeinde der Westbakaïrí und wahrscheinlich, sofern die Tradition
Recht hat, schon der vereinigten Bakaïrí waren die Kayabí. »Unbezwungene
Wilden in der Nähe des Salto«, sagt der Bericht der Directoria dos Indios. Was
ich bei den Bakaïrí über sie allmählich in Erfahrung zu bringen vermochte, ist
das Folgende. Die Kayabí nennen sich selbst Paruá, sie seien, was aber der
Bestätigung bedarf, ihrer Sprache nach Verwandte der Kamayurá am Kulisehu,
würden also ein Tupí-Stamm sein. Sie sind starke Leute und, wie der nahebei
wohnende Tupí-Stamm der Apiaká, Liebhaber der Anthropophagie. Sie pflanzen
Mandioka, Mais, Bataten, Mandubí u. s. w. grade wie die übrigen. Sie haben
hübsch gearbeitete, umflochtene Keulen von Bakayuva-Palmholz, die etwa 1½ m
lang, von der Form flacher Stäbe sind und in einem Strick am Arm getragen
werden. Auch darin würden sie mit den Kamayurá übereinstimmen. Die Pfeile
sind von Kambayuva-Rohr wie die der Yuruna, aber kleiner. Sie besitzen keine
Wurfbretter — ein wichtiger Unterschied von den Kamayurá.
Die Kayabí wohnen am Rio Verde, dessen Quelien zwischen dem Rio
Novo- und dem Paranatingadorf der Bakaïrí liegen, und der rechts in den Para-
natinga unterhalb des berühmten Salto einfliesst. Ihre Nachbarschaft zu den
Bakaïrí ist also freilich die allernächste. Seit uralter Zeit besteht die Feindschaft.
Nur ganz im Anfang hatte man sich vertragen: die Kayabí seien bei den Bakaïrí
erschienen, um bei ihnen zu wohnen, und hätten sich an einem Bach in ihrer
Nähe angesiedelt; dann kam es zur Fehde. Ich erinnere an die Kayabí der
Kerisage; hier treten sie bereits im Himmel auf, vgl. S. 375. Die alten Bakaïrí
seien den Paranatinga bis unterhalb des Rio Verde hinabgezogen, und
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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