Verbindung von "Gleichem mit Gleichem" entstehen. "Wir be- zeichnen nun, sagt Becker (S. 163), die durch diese Unterord- nung der Factoren bedingte Einheit des Gedankens als die logische Form des Satzes." Diese logische Form des Ge- dankens gehört in die Logik. Was hat die Grammatik, wenn sie etwas anderes sein soll als Logik, mit ihr zu schaffen?
(§. 47): "Von dieser logischen Form muß man die gram- matische Form unterscheiden, unter der wir die nach ihren Arten unterschiedenen Verhältnisse begreifen, in denen der Ge- danke entweder das Besondere in ein Allgemeines aufnimmt, oder das Allgemeine auf ein Besonderes, und zwar entweder auf eine Unterart oder auf Individuelles zurückführt." Also sind diese grammatischen Formen nur die Arten der logischen Form. Diese beruht darauf, daß das Besondere und Allgemeine einander un- tergeordnet werden; die besondern Arten dieser Einheit entste- hen durch die verschiedenen Verhältnisse des Gegensatzes von Thätigkeit und Sein, was ja gleichbedeutend ist mit Allgemei- nem und Besonderm. "Man nennt diese nach ihrer Art unter- schiedenen Verhältnisse der grammatischen Form die Bezie- hungen der Begriffe, und diese Beziehungen werden im Allge- meinen durch die Flexion ausgedrückt." Da wir hier nur Beziehungen der Begriffe, Unterarten der logischen Form, begründet durch den logischen Gegensatz von Thätigkeit und Sein, haben, so haben wir hier auch nur logischen Stoff, nichts der Grammatik Eigenthümliches, oder überhaupt nichts Gram- matisches. Ja Becker wiederholt gerade bei dieser Gelegenheit (S. 168) wieder: "Es ist die eigentliche Aufgabe der Logik, die Formen nachzuweisen, in welche der Geist die realen Dinge und ihre Verhältnisse faßt, indem er sie in Begriffen und Ge- danken zu seinem Eigenthum macht. Da aber die Sprache nichts anderes ist, als der in die Erscheinung tretende Gedanke, so geben sich die Formen des Denkens vorzüglich in der Spra- che zu erkennen, und sie stellen sich in ihren Besonderheiten zunächst in den Formen der grammatischen Beziehungen dar." Diese Beziehungen sind also vielmehr nicht grammatisch, son- dern logisch.
Ein letzter Unterschied, den Becker macht zwischen "Be- ziehungen der Begriffe auf einander" und "Beziehungen der Be- griffe auf den Sprechenden," fällt zusammen mit dem Unter- schiede der logischen und grammatischen Form; und wenn man
Verbindung von „Gleichem mit Gleichem“ entstehen. „Wir be- zeichnen nun, sagt Becker (S. 163), die durch diese Unterord- nung der Factoren bedingte Einheit des Gedankens als die logische Form des Satzes.“ Diese logische Form des Ge- dankens gehört in die Logik. Was hat die Grammatik, wenn sie etwas anderes sein soll als Logik, mit ihr zu schaffen?
(§. 47): „Von dieser logischen Form muß man die gram- matische Form unterscheiden, unter der wir die nach ihren Arten unterschiedenen Verhältnisse begreifen, in denen der Ge- danke entweder das Besondere in ein Allgemeines aufnimmt, oder das Allgemeine auf ein Besonderes, und zwar entweder auf eine Unterart oder auf Individuelles zurückführt.“ Also sind diese grammatischen Formen nur die Arten der logischen Form. Diese beruht darauf, daß das Besondere und Allgemeine einander un- tergeordnet werden; die besondern Arten dieser Einheit entste- hen durch die verschiedenen Verhältnisse des Gegensatzes von Thätigkeit und Sein, was ja gleichbedeutend ist mit Allgemei- nem und Besonderm. „Man nennt diese nach ihrer Art unter- schiedenen Verhältnisse der grammatischen Form die Bezie- hungen der Begriffe, und diese Beziehungen werden im Allge- meinen durch die Flexion ausgedrückt.“ Da wir hier nur Beziehungen der Begriffe, Unterarten der logischen Form, begründet durch den logischen Gegensatz von Thätigkeit und Sein, haben, so haben wir hier auch nur logischen Stoff, nichts der Grammatik Eigenthümliches, oder überhaupt nichts Gram- matisches. Ja Becker wiederholt gerade bei dieser Gelegenheit (S. 168) wieder: „Es ist die eigentliche Aufgabe der Logik, die Formen nachzuweisen, in welche der Geist die realen Dinge und ihre Verhältnisse faßt, indem er sie in Begriffen und Ge- danken zu seinem Eigenthum macht. Da aber die Sprache nichts anderes ist, als der in die Erscheinung tretende Gedanke, so geben sich die Formen des Denkens vorzüglich in der Spra- che zu erkennen, und sie stellen sich in ihren Besonderheiten zunächst in den Formen der grammatischen Beziehungen dar.“ Diese Beziehungen sind also vielmehr nicht grammatisch, son- dern logisch.
Ein letzter Unterschied, den Becker macht zwischen „Be- ziehungen der Begriffe auf einander“ und „Beziehungen der Be- griffe auf den Sprechenden,“ fällt zusammen mit dem Unter- schiede der logischen und grammatischen Form; und wenn man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0144"n="106"/>
Verbindung von „Gleichem mit Gleichem“ entstehen. „Wir be-<lb/>
zeichnen nun, sagt Becker (S. 163), die durch diese Unterord-<lb/>
nung der Factoren bedingte Einheit des <hirendition="#g">Gedankens</hi> als die<lb/><hirendition="#g">logische</hi> Form des <hirendition="#g">Satzes</hi>.“ Diese logische Form des Ge-<lb/>
dankens gehört in die Logik. Was hat die Grammatik, wenn<lb/>
sie etwas anderes sein soll als Logik, mit ihr zu schaffen?</p><lb/><p>(§. 47): „Von dieser logischen Form muß man die <hirendition="#g">gram-<lb/>
matische</hi> Form unterscheiden, unter der wir die nach ihren<lb/><hirendition="#g">Arten</hi> unterschiedenen Verhältnisse begreifen, in denen der Ge-<lb/>
danke entweder das Besondere in ein Allgemeines aufnimmt, oder<lb/>
das Allgemeine auf ein Besonderes, und zwar entweder auf eine<lb/>
Unterart oder auf Individuelles zurückführt.“ Also sind diese<lb/>
grammatischen Formen nur die Arten der logischen Form. Diese<lb/>
beruht darauf, daß das Besondere und Allgemeine einander un-<lb/>
tergeordnet werden; die besondern Arten dieser Einheit entste-<lb/>
hen durch die verschiedenen Verhältnisse des Gegensatzes von<lb/>
Thätigkeit und Sein, was ja gleichbedeutend ist mit Allgemei-<lb/>
nem und Besonderm. „Man nennt diese nach ihrer Art unter-<lb/>
schiedenen Verhältnisse der grammatischen Form die <hirendition="#g">Bezie-<lb/>
hungen</hi> der Begriffe, und diese Beziehungen werden im Allge-<lb/>
meinen durch die <hirendition="#g">Flexion</hi> ausgedrückt.“ Da wir hier nur<lb/>
Beziehungen der <hirendition="#g">Begriffe,</hi> Unterarten der <hirendition="#g">logischen</hi> Form,<lb/>
begründet durch den <hirendition="#g">logischen</hi> Gegensatz von Thätigkeit und<lb/>
Sein, haben, so haben wir hier auch nur logischen Stoff, nichts<lb/>
der Grammatik Eigenthümliches, oder überhaupt nichts Gram-<lb/>
matisches. Ja Becker wiederholt gerade bei dieser Gelegenheit<lb/>
(S. 168) wieder: „Es ist die eigentliche Aufgabe der Logik, die<lb/>
Formen nachzuweisen, in welche der Geist die realen Dinge<lb/>
und ihre Verhältnisse faßt, indem er sie in Begriffen und Ge-<lb/>
danken zu seinem Eigenthum macht. Da aber die Sprache<lb/>
nichts anderes ist, als der in die Erscheinung tretende Gedanke,<lb/>
so geben sich die Formen des Denkens vorzüglich in der Spra-<lb/>
che zu erkennen, und sie stellen sich in ihren Besonderheiten<lb/>
zunächst in den Formen der grammatischen Beziehungen dar.“<lb/>
Diese Beziehungen sind also vielmehr nicht grammatisch, son-<lb/>
dern logisch.</p><lb/><p>Ein letzter Unterschied, den Becker macht zwischen „Be-<lb/>
ziehungen der Begriffe auf einander“ und „Beziehungen der Be-<lb/>
griffe auf den Sprechenden,“ fällt zusammen mit dem Unter-<lb/>
schiede der logischen und grammatischen Form; und wenn man<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[106/0144]
Verbindung von „Gleichem mit Gleichem“ entstehen. „Wir be-
zeichnen nun, sagt Becker (S. 163), die durch diese Unterord-
nung der Factoren bedingte Einheit des Gedankens als die
logische Form des Satzes.“ Diese logische Form des Ge-
dankens gehört in die Logik. Was hat die Grammatik, wenn
sie etwas anderes sein soll als Logik, mit ihr zu schaffen?
(§. 47): „Von dieser logischen Form muß man die gram-
matische Form unterscheiden, unter der wir die nach ihren
Arten unterschiedenen Verhältnisse begreifen, in denen der Ge-
danke entweder das Besondere in ein Allgemeines aufnimmt, oder
das Allgemeine auf ein Besonderes, und zwar entweder auf eine
Unterart oder auf Individuelles zurückführt.“ Also sind diese
grammatischen Formen nur die Arten der logischen Form. Diese
beruht darauf, daß das Besondere und Allgemeine einander un-
tergeordnet werden; die besondern Arten dieser Einheit entste-
hen durch die verschiedenen Verhältnisse des Gegensatzes von
Thätigkeit und Sein, was ja gleichbedeutend ist mit Allgemei-
nem und Besonderm. „Man nennt diese nach ihrer Art unter-
schiedenen Verhältnisse der grammatischen Form die Bezie-
hungen der Begriffe, und diese Beziehungen werden im Allge-
meinen durch die Flexion ausgedrückt.“ Da wir hier nur
Beziehungen der Begriffe, Unterarten der logischen Form,
begründet durch den logischen Gegensatz von Thätigkeit und
Sein, haben, so haben wir hier auch nur logischen Stoff, nichts
der Grammatik Eigenthümliches, oder überhaupt nichts Gram-
matisches. Ja Becker wiederholt gerade bei dieser Gelegenheit
(S. 168) wieder: „Es ist die eigentliche Aufgabe der Logik, die
Formen nachzuweisen, in welche der Geist die realen Dinge
und ihre Verhältnisse faßt, indem er sie in Begriffen und Ge-
danken zu seinem Eigenthum macht. Da aber die Sprache
nichts anderes ist, als der in die Erscheinung tretende Gedanke,
so geben sich die Formen des Denkens vorzüglich in der Spra-
che zu erkennen, und sie stellen sich in ihren Besonderheiten
zunächst in den Formen der grammatischen Beziehungen dar.“
Diese Beziehungen sind also vielmehr nicht grammatisch, son-
dern logisch.
Ein letzter Unterschied, den Becker macht zwischen „Be-
ziehungen der Begriffe auf einander“ und „Beziehungen der Be-
griffe auf den Sprechenden,“ fällt zusammen mit dem Unter-
schiede der logischen und grammatischen Form; und wenn man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/144>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.