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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855.

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ven mit dem Elemente bald abschwächend, bald verstärkend.
Um zu sehen, wie sicher und fest diese Vorausbestimmung ist,
welche der Eindruck des Elements auf das Organ durch die
Form des Organs erfährt, braucht man sich nur daran zu erin-
nern, daß der Gesichts- und Gehörsnerv nicht bloß durch Licht-
und Tonwellen zur Erzeugung von Licht- und Tonerscheinun-
gen veranlaßt werden, sondern auch durch jeden mechanischen
Stoß und Druck z. B., auch durch den elektrischen Schlag. Es
ist bekannt, daß jeder Druck auf den Sehnerven die subjective
Empfindung des Glanzes erzeugt. Bei solchem Leuchten ist
freilich das Auge nicht im Stande objectiv Dinge zu sehen, ei-
nen äußern Gegenstand wahrzunehmen, was doch das Wesent-
liche der Gesichtsempfindung ist; aber jenes subjective Sehen,
das innerliche Leuchten des Auges beweist, daß das Sehen nicht
bloß vom Elemente des Lichts abhängt, sondern durch die Ver-
einigung der Kraft des Auges, wie sie durch die Organisation
desselben bestimmt ist, mit dem Elemente hervorgebracht wird.

Der Leib verfügt also in der Empfindung vermöge der Or-
ganisation der Sinne über den Eindruck von außen; er ist mit-
hin bis auf einen gewissen Punkt frei. Er bestimmt das Ele-
ment, welches er zulassen, und die Weise, wie er es zulassen
will, damit es der Empfindung angemessen wirke. Was wir
nun hier den in der Empfindung frei gewordenen Leib nennen,
das ist vielmehr der in den Dienst der erkennenden Seele ge-
tretene Leib.

Wir haben aber den wichtigsten Punkt noch nicht erklärt,
daß sich nämlich die Seele mit ihrem Leibe der Außenwelt
gegenüberstellt, oder daß sie einen Gegenstand sich gegenüber-
setzt. Im Gefühle geschieht dies nicht; es ist eine Vereinigung
des Leibes mit dem Aeußern, wobei dieses in jenen eindringt,
eine Vereinigung beider, wobei die Selbständigkeit des Leibes,
selbst der niedrigste Begriff, die inhaltsloseste Form der Selbst-
ständigkeit, die Getrenntheit, aufgehoben wird. Im Gefühle
kann also die Frage nach der Ursache desselben gar nicht auf-
kommen; es giebt hier noch gar keine Unterscheidung eines
Bewirkten von einer Ursache, weil noch nicht einmal das Aeu-
ßere vom Leibe und der Seele abgesondert, ferngerückt ist.
Das Gefühl ist im Körper dauernd, noch nach der Einwirkung
von außen, und der Körper trägt es mit sich herum, wenn er
sich bewegt, ohne davon loszukommen. Das Gefühl gehört zum

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ven mit dem Elemente bald abschwächend, bald verstärkend.
Um zu sehen, wie sicher und fest diese Vorausbestimmung ist,
welche der Eindruck des Elements auf das Organ durch die
Form des Organs erfährt, braucht man sich nur daran zu erin-
nern, daß der Gesichts- und Gehörsnerv nicht bloß durch Licht-
und Tonwellen zur Erzeugung von Licht- und Tonerscheinun-
gen veranlaßt werden, sondern auch durch jeden mechanischen
Stoß und Druck z. B., auch durch den elektrischen Schlag. Es
ist bekannt, daß jeder Druck auf den Sehnerven die subjective
Empfindung des Glanzes erzeugt. Bei solchem Leuchten ist
freilich das Auge nicht im Stande objectiv Dinge zu sehen, ei-
nen äußern Gegenstand wahrzunehmen, was doch das Wesent-
liche der Gesichtsempfindung ist; aber jenes subjective Sehen,
das innerliche Leuchten des Auges beweist, daß das Sehen nicht
bloß vom Elemente des Lichts abhängt, sondern durch die Ver-
einigung der Kraft des Auges, wie sie durch die Organisation
desselben bestimmt ist, mit dem Elemente hervorgebracht wird.

Der Leib verfügt also in der Empfindung vermöge der Or-
ganisation der Sinne über den Eindruck von außen; er ist mit-
hin bis auf einen gewissen Punkt frei. Er bestimmt das Ele-
ment, welches er zulassen, und die Weise, wie er es zulassen
will, damit es der Empfindung angemessen wirke. Was wir
nun hier den in der Empfindung frei gewordenen Leib nennen,
das ist vielmehr der in den Dienst der erkennenden Seele ge-
tretene Leib.

Wir haben aber den wichtigsten Punkt noch nicht erklärt,
daß sich nämlich die Seele mit ihrem Leibe der Außenwelt
gegenüberstellt, oder daß sie einen Gegenstand sich gegenüber-
setzt. Im Gefühle geschieht dies nicht; es ist eine Vereinigung
des Leibes mit dem Aeußern, wobei dieses in jenen eindringt,
eine Vereinigung beider, wobei die Selbständigkeit des Leibes,
selbst der niedrigste Begriff, die inhaltsloseste Form der Selbst-
ständigkeit, die Getrenntheit, aufgehoben wird. Im Gefühle
kann also die Frage nach der Ursache desselben gar nicht auf-
kommen; es giebt hier noch gar keine Unterscheidung eines
Bewirkten von einer Ursache, weil noch nicht einmal das Aeu-
ßere vom Leibe und der Seele abgesondert, ferngerückt ist.
Das Gefühl ist im Körper dauernd, noch nach der Einwirkung
von außen, und der Körper trägt es mit sich herum, wenn er
sich bewegt, ohne davon loszukommen. Das Gefühl gehört zum

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[243/0281] ven mit dem Elemente bald abschwächend, bald verstärkend. Um zu sehen, wie sicher und fest diese Vorausbestimmung ist, welche der Eindruck des Elements auf das Organ durch die Form des Organs erfährt, braucht man sich nur daran zu erin- nern, daß der Gesichts- und Gehörsnerv nicht bloß durch Licht- und Tonwellen zur Erzeugung von Licht- und Tonerscheinun- gen veranlaßt werden, sondern auch durch jeden mechanischen Stoß und Druck z. B., auch durch den elektrischen Schlag. Es ist bekannt, daß jeder Druck auf den Sehnerven die subjective Empfindung des Glanzes erzeugt. Bei solchem Leuchten ist freilich das Auge nicht im Stande objectiv Dinge zu sehen, ei- nen äußern Gegenstand wahrzunehmen, was doch das Wesent- liche der Gesichtsempfindung ist; aber jenes subjective Sehen, das innerliche Leuchten des Auges beweist, daß das Sehen nicht bloß vom Elemente des Lichts abhängt, sondern durch die Ver- einigung der Kraft des Auges, wie sie durch die Organisation desselben bestimmt ist, mit dem Elemente hervorgebracht wird. Der Leib verfügt also in der Empfindung vermöge der Or- ganisation der Sinne über den Eindruck von außen; er ist mit- hin bis auf einen gewissen Punkt frei. Er bestimmt das Ele- ment, welches er zulassen, und die Weise, wie er es zulassen will, damit es der Empfindung angemessen wirke. Was wir nun hier den in der Empfindung frei gewordenen Leib nennen, das ist vielmehr der in den Dienst der erkennenden Seele ge- tretene Leib. Wir haben aber den wichtigsten Punkt noch nicht erklärt, daß sich nämlich die Seele mit ihrem Leibe der Außenwelt gegenüberstellt, oder daß sie einen Gegenstand sich gegenüber- setzt. Im Gefühle geschieht dies nicht; es ist eine Vereinigung des Leibes mit dem Aeußern, wobei dieses in jenen eindringt, eine Vereinigung beider, wobei die Selbständigkeit des Leibes, selbst der niedrigste Begriff, die inhaltsloseste Form der Selbst- ständigkeit, die Getrenntheit, aufgehoben wird. Im Gefühle kann also die Frage nach der Ursache desselben gar nicht auf- kommen; es giebt hier noch gar keine Unterscheidung eines Bewirkten von einer Ursache, weil noch nicht einmal das Aeu- ßere vom Leibe und der Seele abgesondert, ferngerückt ist. Das Gefühl ist im Körper dauernd, noch nach der Einwirkung von außen, und der Körper trägt es mit sich herum, wenn er sich bewegt, ohne davon loszukommen. Das Gefühl gehört zum 16*

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Zitationshilfe: Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/281>, abgerufen am 22.11.2024.