Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

sich ohne Stolz und Hochmuth als "Hausknecht" oder "Magd" eingetragen hatte. Ein bayerischer Hauptmann aus Lindau war dieß Jahr auch hierhergekommen und genoß als der angesehenste Badegast hoher Ehren. In der Sparte der Bemerkungen stand unzähligemale: sehr zufrieden, und es ist glaubwürdig, daß dieß bei allen der unverfälschte Ausdruck der Gesinnung war.

Von Ladis geht es nun weiter in die Höhe. Man erreicht bald wohlgehaltene Fußpfade, die einen Fichtenwald durchschneiden und demselben das Ansehen eines Parks verleihen. Nach einer halben Stunde ist man in Obladis, 3780 Pariser Fuß über dem Meere.

Hier ist also der einzige Sauerbrunnen in Deutschtirol, und zwar ein sehr kräftiger und heilsamer. Das Wasser soll bereits im dreizehnten Jahrhundert von einem Hirtenknaben Nikolaus Schäderle entdeckt worden seyn, "indem er wiederholt eine auffallende und zudringliche Vorliebe seiner Heerde zu dieser Quelle bemerkte." Kaiser Max ließ den Brunnen untersuchen und seine Doctoren brachten heraus, daß er eines der besten Curwasser in ganz Deutschland sey. Davon erwuchs ihm ein großer Ruhm und zahlreicher Besuch. Auch der fürstlichen Grafschaft Tirol Landreim vom Jahre 1558 thut der Quelle in allen Ehren Erwähnung, singend:

Vndr Trasp vnd vmb Laudegg her fliessn
Edl Sawrprünn, die dem menschn erspriessn,
Machen zu Essn angnämen Lust
Geben guet Attem, ringern die Prust.*)

Später fiel die Anstalt mittellosen Pächtern in die Hände, kam sehr herunter und fast in gänzlichen Verfall, was auch nicht zu verwundern war, da man in diesen Zeiten hier nur drei schlechte hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern fand. Im Jahre 1833 that sich endlich eine Actiengesellschaft zusammen, brachte die Quelle und was an schlechtem Holzwerk dabeistand, an sich und errichtete das jetzige Gebäude, das Staffler einen herrlichen Bau nennt.

*) Alm. für Tirol und Vorarlberg von Ant. Emmert. Insbr. 1836. S. 65.

sich ohne Stolz und Hochmuth als „Hausknecht“ oder „Magd“ eingetragen hatte. Ein bayerischer Hauptmann aus Lindau war dieß Jahr auch hierhergekommen und genoß als der angesehenste Badegast hoher Ehren. In der Sparte der Bemerkungen stand unzähligemale: sehr zufrieden, und es ist glaubwürdig, daß dieß bei allen der unverfälschte Ausdruck der Gesinnung war.

Von Ladis geht es nun weiter in die Höhe. Man erreicht bald wohlgehaltene Fußpfade, die einen Fichtenwald durchschneiden und demselben das Ansehen eines Parks verleihen. Nach einer halben Stunde ist man in Obladis, 3780 Pariser Fuß über dem Meere.

Hier ist also der einzige Sauerbrunnen in Deutschtirol, und zwar ein sehr kräftiger und heilsamer. Das Wasser soll bereits im dreizehnten Jahrhundert von einem Hirtenknaben Nikolaus Schäderle entdeckt worden seyn, „indem er wiederholt eine auffallende und zudringliche Vorliebe seiner Heerde zu dieser Quelle bemerkte.“ Kaiser Max ließ den Brunnen untersuchen und seine Doctoren brachten heraus, daß er eines der besten Curwasser in ganz Deutschland sey. Davon erwuchs ihm ein großer Ruhm und zahlreicher Besuch. Auch der fürstlichen Grafschaft Tirol Landreim vom Jahre 1558 thut der Quelle in allen Ehren Erwähnung, singend:

Vndr Trasp vnd vmb Laudegg her fliessn
Edl Sawrprünn, die dem menschn erspriessn,
Machen zu Essn angnämen Lust
Geben guet Attem, ringern die Prust.*)

Später fiel die Anstalt mittellosen Pächtern in die Hände, kam sehr herunter und fast in gänzlichen Verfall, was auch nicht zu verwundern war, da man in diesen Zeiten hier nur drei schlechte hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern fand. Im Jahre 1833 that sich endlich eine Actiengesellschaft zusammen, brachte die Quelle und was an schlechtem Holzwerk dabeistand, an sich und errichtete das jetzige Gebäude, das Staffler einen herrlichen Bau nennt.

*) Alm. für Tirol und Vorarlberg von Ant. Emmert. Insbr. 1836. S. 65.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0262" n="258"/>
sich ohne Stolz und Hochmuth als &#x201E;Hausknecht&#x201C; oder &#x201E;Magd&#x201C; eingetragen hatte. Ein bayerischer Hauptmann aus Lindau war dieß Jahr auch hierhergekommen und genoß als der angesehenste Badegast hoher Ehren. In der Sparte der Bemerkungen stand unzähligemale: <hi rendition="#g">sehr zufrieden</hi>, und es ist glaubwürdig, daß dieß bei allen der unverfälschte Ausdruck der Gesinnung war.</p>
        <p>Von Ladis geht es nun weiter in die Höhe. Man erreicht bald wohlgehaltene Fußpfade, die einen Fichtenwald durchschneiden und demselben das Ansehen eines Parks verleihen. Nach einer halben Stunde ist man in Obladis, 3780 Pariser Fuß über dem Meere.</p>
        <p>Hier ist also der einzige Sauerbrunnen in Deutschtirol, und zwar ein sehr kräftiger und heilsamer. Das Wasser soll bereits im dreizehnten Jahrhundert von einem Hirtenknaben Nikolaus Schäderle entdeckt worden seyn, &#x201E;indem er wiederholt eine auffallende und zudringliche Vorliebe seiner Heerde zu dieser Quelle bemerkte.&#x201C; Kaiser Max ließ den Brunnen untersuchen und seine Doctoren brachten heraus, daß er eines der besten Curwasser in ganz Deutschland sey. Davon erwuchs ihm ein großer Ruhm und zahlreicher Besuch. Auch der fürstlichen Grafschaft Tirol Landreim vom Jahre 1558 thut der Quelle in allen Ehren Erwähnung, singend:</p>
        <lg type="poem">
          <l>Vndr Trasp vnd vmb Laudegg her fliessn</l><lb/>
          <l>Edl Sawrprünn, die dem menschn erspriessn,</l><lb/>
          <l>Machen zu Essn angnämen Lust</l><lb/>
          <l>Geben guet Attem, ringern die Prust.<note place="foot" n="*)">Alm. für Tirol und Vorarlberg von Ant. <hi rendition="#g">Emmert</hi>. Insbr. 1836. S. 65.</note></l><lb/>
        </lg>
        <p>Später fiel die Anstalt mittellosen Pächtern in die Hände, kam sehr herunter und fast in gänzlichen Verfall, was auch nicht zu verwundern war, da man in diesen Zeiten hier nur drei schlechte hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern fand. Im Jahre 1833 that sich endlich eine Actiengesellschaft zusammen, brachte die Quelle und was an schlechtem Holzwerk dabeistand, an sich und errichtete das jetzige Gebäude, das Staffler einen herrlichen Bau nennt.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0262] sich ohne Stolz und Hochmuth als „Hausknecht“ oder „Magd“ eingetragen hatte. Ein bayerischer Hauptmann aus Lindau war dieß Jahr auch hierhergekommen und genoß als der angesehenste Badegast hoher Ehren. In der Sparte der Bemerkungen stand unzähligemale: sehr zufrieden, und es ist glaubwürdig, daß dieß bei allen der unverfälschte Ausdruck der Gesinnung war. Von Ladis geht es nun weiter in die Höhe. Man erreicht bald wohlgehaltene Fußpfade, die einen Fichtenwald durchschneiden und demselben das Ansehen eines Parks verleihen. Nach einer halben Stunde ist man in Obladis, 3780 Pariser Fuß über dem Meere. Hier ist also der einzige Sauerbrunnen in Deutschtirol, und zwar ein sehr kräftiger und heilsamer. Das Wasser soll bereits im dreizehnten Jahrhundert von einem Hirtenknaben Nikolaus Schäderle entdeckt worden seyn, „indem er wiederholt eine auffallende und zudringliche Vorliebe seiner Heerde zu dieser Quelle bemerkte.“ Kaiser Max ließ den Brunnen untersuchen und seine Doctoren brachten heraus, daß er eines der besten Curwasser in ganz Deutschland sey. Davon erwuchs ihm ein großer Ruhm und zahlreicher Besuch. Auch der fürstlichen Grafschaft Tirol Landreim vom Jahre 1558 thut der Quelle in allen Ehren Erwähnung, singend: Vndr Trasp vnd vmb Laudegg her fliessn Edl Sawrprünn, die dem menschn erspriessn, Machen zu Essn angnämen Lust Geben guet Attem, ringern die Prust. *) Später fiel die Anstalt mittellosen Pächtern in die Hände, kam sehr herunter und fast in gänzlichen Verfall, was auch nicht zu verwundern war, da man in diesen Zeiten hier nur drei schlechte hölzerne Hütten mit sieben unheizbaren Kammern fand. Im Jahre 1833 that sich endlich eine Actiengesellschaft zusammen, brachte die Quelle und was an schlechtem Holzwerk dabeistand, an sich und errichtete das jetzige Gebäude, das Staffler einen herrlichen Bau nennt. *) Alm. für Tirol und Vorarlberg von Ant. Emmert. Insbr. 1836. S. 65.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/262
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/262>, abgerufen am 23.11.2024.