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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Güter am Oberrhein und in Schwaben. Ihnen gehorchte auch das Veltelin vom Comersee bis zum Wormserjoche; Dörfer und Burgen waren mit Wagenwart, Frohne und Oeffnung pflichtig, auf den Landsprachen zu Mals führte ihr Amtmann den Vorsitz. Die Leute des churischen Bisthums von Pontalt bis zur Etschbrücke bei Meran, die Klöster Marienberg und Münster, das Hochstift Chur selbst standen unter ihrer Bevogtung. Die Nonnen zu Münster mußten ihre Hunde füttern, und wenn es den Gewaltigen beikam, mit Jägern und Knechten, Rüden und Rossen auf den Jagdzügen in die Bündner Gebirge in Marienberg zu übernachten, so hatte der Abt Futter und Nahrung unentgeltlich zu schaffen.*) Lange wäre es, die Namen der Herrschaften und Güter anzuführen, die sie im Laufe der Zeiten erobert und erkauft, verloren und veräußert haben. Noch im Jahre 1471 kamen sie, aber nur auf kurze Zeit, in den Besitz eines völlig fürstlichen Besitzthums in Graubünden, zumeist aus dem tokenburgischen Erbe. Im dreizehnten, vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist ihr Name einer der öftest genannten in der Geschichte von Tirol, zumal auch wegen des zweihundertjährigen Zwistes, den sie mit den Bischöfen von Chur geführt haben. Ulrich der ältere und Ulrich der jüngere von Matsch waren hochbeliebt bei der minnesüchtigen Margaretha und wußten ihre Huld und Gnade gut zu nützen, insbesondere in den letzten zehn Tagen vor St. Polycarpentag 1363, wo die Gräfin von Tirol, ehe sie das Land an die Herzoge von Oesterreich übergab, den Matschern noch auf einmal die Gerichte Landeck und Naudersberg, die Propstei Eiers und das Schloß Jufal im Vintschgau schenkte, welche Güter sie freilich gegen die neuen Herren von Oesterreich nicht alle behaupten konnten. Die letzten des Geschlechtes waren Ulrich der Landeshauptmann (+ 1500) und Gaudenz von Matsch, Graf von Kirchberg, der 1504 zu Churburg starb und zu Marienberg begraben wurde, Herr im Prätigau und zu Davos, oberster Erbschenk des Bisthums

*) S. den Engadeiner Krieg von A. Jäger a. a. O.

Güter am Oberrhein und in Schwaben. Ihnen gehorchte auch das Veltelin vom Comersee bis zum Wormserjoche; Dörfer und Burgen waren mit Wagenwart, Frohne und Oeffnung pflichtig, auf den Landsprachen zu Mals führte ihr Amtmann den Vorsitz. Die Leute des churischen Bisthums von Pontalt bis zur Etschbrücke bei Meran, die Klöster Marienberg und Münster, das Hochstift Chur selbst standen unter ihrer Bevogtung. Die Nonnen zu Münster mußten ihre Hunde füttern, und wenn es den Gewaltigen beikam, mit Jägern und Knechten, Rüden und Rossen auf den Jagdzügen in die Bündner Gebirge in Marienberg zu übernachten, so hatte der Abt Futter und Nahrung unentgeltlich zu schaffen.*) Lange wäre es, die Namen der Herrschaften und Güter anzuführen, die sie im Laufe der Zeiten erobert und erkauft, verloren und veräußert haben. Noch im Jahre 1471 kamen sie, aber nur auf kurze Zeit, in den Besitz eines völlig fürstlichen Besitzthums in Graubünden, zumeist aus dem tokenburgischen Erbe. Im dreizehnten, vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist ihr Name einer der öftest genannten in der Geschichte von Tirol, zumal auch wegen des zweihundertjährigen Zwistes, den sie mit den Bischöfen von Chur geführt haben. Ulrich der ältere und Ulrich der jüngere von Matsch waren hochbeliebt bei der minnesüchtigen Margaretha und wußten ihre Huld und Gnade gut zu nützen, insbesondere in den letzten zehn Tagen vor St. Polycarpentag 1363, wo die Gräfin von Tirol, ehe sie das Land an die Herzoge von Oesterreich übergab, den Matschern noch auf einmal die Gerichte Landeck und Naudersberg, die Propstei Eiers und das Schloß Jufal im Vintschgau schenkte, welche Güter sie freilich gegen die neuen Herren von Oesterreich nicht alle behaupten konnten. Die letzten des Geschlechtes waren Ulrich der Landeshauptmann († 1500) und Gaudenz von Matsch, Graf von Kirchberg, der 1504 zu Churburg starb und zu Marienberg begraben wurde, Herr im Prätigau und zu Davos, oberster Erbschenk des Bisthums

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Güter am Oberrhein und in Schwaben. Ihnen gehorchte auch das Veltelin vom Comersee bis zum Wormserjoche; Dörfer und Burgen waren mit Wagenwart, Frohne und Oeffnung pflichtig, auf den Landsprachen zu Mals führte ihr Amtmann den Vorsitz. Die Leute des churischen Bisthums von Pontalt bis zur Etschbrücke bei Meran, die Klöster Marienberg und Münster, das Hochstift Chur selbst standen unter ihrer Bevogtung. Die Nonnen zu Münster mußten ihre Hunde füttern, und wenn es den Gewaltigen beikam, mit Jägern und Knechten, Rüden und Rossen auf den Jagdzügen in die Bündner Gebirge in Marienberg zu übernachten, so hatte der Abt Futter und Nahrung unentgeltlich zu schaffen.<note place="foot" n="*)">S. den Engadeiner Krieg von A. <hi rendition="#g">Jäger</hi> a. a. O.</note> Lange wäre es, die Namen der Herrschaften und Güter anzuführen, die sie im Laufe der Zeiten erobert und erkauft, verloren und veräußert haben. Noch im Jahre 1471 kamen sie, aber nur auf kurze Zeit, in den Besitz eines völlig fürstlichen Besitzthums in Graubünden, zumeist aus dem tokenburgischen Erbe. Im dreizehnten, vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist ihr Name einer der öftest genannten in der Geschichte von Tirol, zumal auch wegen des zweihundertjährigen Zwistes, den sie mit den Bischöfen von Chur geführt haben. Ulrich der ältere und Ulrich der jüngere von Matsch waren hochbeliebt bei der minnesüchtigen Margaretha und wußten ihre Huld und Gnade gut zu nützen, insbesondere in den letzten zehn Tagen vor St. Polycarpentag 1363, wo die Gräfin von Tirol, ehe sie das Land an die Herzoge von Oesterreich übergab, den Matschern noch auf einmal die Gerichte Landeck und Naudersberg, die Propstei Eiers und das Schloß Jufal im Vintschgau schenkte, welche Güter sie freilich gegen die neuen Herren von Oesterreich nicht alle behaupten konnten. Die letzten des Geschlechtes waren Ulrich der Landeshauptmann (&#x2020; 1500) und Gaudenz von Matsch, Graf von Kirchberg, der 1504 zu Churburg starb und zu Marienberg begraben wurde, Herr im Prätigau und zu Davos, oberster Erbschenk des Bisthums
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[281/0285] Güter am Oberrhein und in Schwaben. Ihnen gehorchte auch das Veltelin vom Comersee bis zum Wormserjoche; Dörfer und Burgen waren mit Wagenwart, Frohne und Oeffnung pflichtig, auf den Landsprachen zu Mals führte ihr Amtmann den Vorsitz. Die Leute des churischen Bisthums von Pontalt bis zur Etschbrücke bei Meran, die Klöster Marienberg und Münster, das Hochstift Chur selbst standen unter ihrer Bevogtung. Die Nonnen zu Münster mußten ihre Hunde füttern, und wenn es den Gewaltigen beikam, mit Jägern und Knechten, Rüden und Rossen auf den Jagdzügen in die Bündner Gebirge in Marienberg zu übernachten, so hatte der Abt Futter und Nahrung unentgeltlich zu schaffen. *) Lange wäre es, die Namen der Herrschaften und Güter anzuführen, die sie im Laufe der Zeiten erobert und erkauft, verloren und veräußert haben. Noch im Jahre 1471 kamen sie, aber nur auf kurze Zeit, in den Besitz eines völlig fürstlichen Besitzthums in Graubünden, zumeist aus dem tokenburgischen Erbe. Im dreizehnten, vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ist ihr Name einer der öftest genannten in der Geschichte von Tirol, zumal auch wegen des zweihundertjährigen Zwistes, den sie mit den Bischöfen von Chur geführt haben. Ulrich der ältere und Ulrich der jüngere von Matsch waren hochbeliebt bei der minnesüchtigen Margaretha und wußten ihre Huld und Gnade gut zu nützen, insbesondere in den letzten zehn Tagen vor St. Polycarpentag 1363, wo die Gräfin von Tirol, ehe sie das Land an die Herzoge von Oesterreich übergab, den Matschern noch auf einmal die Gerichte Landeck und Naudersberg, die Propstei Eiers und das Schloß Jufal im Vintschgau schenkte, welche Güter sie freilich gegen die neuen Herren von Oesterreich nicht alle behaupten konnten. Die letzten des Geschlechtes waren Ulrich der Landeshauptmann († 1500) und Gaudenz von Matsch, Graf von Kirchberg, der 1504 zu Churburg starb und zu Marienberg begraben wurde, Herr im Prätigau und zu Davos, oberster Erbschenk des Bisthums *) S. den Engadeiner Krieg von A. Jäger a. a. O.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/285>, abgerufen am 01.06.2024.