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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Alpenbesucher so höchlich ergötzt. Von der Hütte an ging's immer sachte abwärts durch lichten Wald, bis ich den Weg verloren hatte. Glücklicherweise hörte ich hier etliche ferne Schläge im Gehölz. Diesen ging ich nach und kam zu einem Haufen Holzarbeiter, die einen Fichtenstamm nach dem andern zur Erde brachten. Sie wiesen mich zurecht, aber es vergab nicht viel, denn es gelang mir immer nicht, einen getretenen Pfad herauszufinden. Nach längerem Umherirren zwischen Sumpf und Alpenrosenhecken, die eine jähe Felsenwand verdecken mußten, da aus fast senkrechter Tiefe eine grüne Wiese heraufschimmerte, nach manchem vergeblichen Versuche, einen nahen Ausweg zu erspähen, gewahrte ich endlich den Runst eines lärmenden Baches, in den ich mich hinunterließ. Ich verfolgte ihn von einem trockenen Stein auf den andern springend, bis ich unter seiner Leitung ans erste Haus von Hafling kam und damit aller Fährlichkeit und allem Bangen vor Verirrung entrissen war.

Stellung und Lage dieses Dörfchens sind ungemein lieblich, und so zu sagen elegant, gebirgisch elegant. Unten in der Schlucht, die hin und wieder Düsterheit gewährt, ein rauschender Bach, begrüßt von dicken Büschen, daneben ein Häuschen, eine Mühle, vor der Thüre eine Schützenscheibe, ein steinbelegtes Dach, ein silberner Wasserguß. Ueber diesen Bildchen ein ansehnlicher Stoß Felsen, nicht ohne Bäume, nicht ohne Wasserfall. Ueber den Felsen hin und wieder ein breites Kornfeld, anmuthig umgrünt, Häuser, Obstgärten, zwischen Lärchenbäumen ein Kirchenthurm, Strohdächer, die aus schmalen Thälchen hervorragen, da und dort eine Capelle, ein Bildstöckel. Weiter oben das Geschröff, auf dem ein dunkler Schopf von würdevollen Tannen, auf den Höhen Wälder, dick und licht; überall Wege und Stege, Geländer, Brückchen, Zäune, arbeitende Landleute, wandernde Pilger - kurz alles zusammen so niedlich, reich und bunt, daß ein Süddeutscher es nicht anders nennen kann, als eine Gegend wie in der "Krippe."

Am andern Ende des Dörfchens steht die alte Kirche St. Katharina, zubenannt "in der Scharte," schon 1251 von

Alpenbesucher so höchlich ergötzt. Von der Hütte an ging’s immer sachte abwärts durch lichten Wald, bis ich den Weg verloren hatte. Glücklicherweise hörte ich hier etliche ferne Schläge im Gehölz. Diesen ging ich nach und kam zu einem Haufen Holzarbeiter, die einen Fichtenstamm nach dem andern zur Erde brachten. Sie wiesen mich zurecht, aber es vergab nicht viel, denn es gelang mir immer nicht, einen getretenen Pfad herauszufinden. Nach längerem Umherirren zwischen Sumpf und Alpenrosenhecken, die eine jähe Felsenwand verdecken mußten, da aus fast senkrechter Tiefe eine grüne Wiese heraufschimmerte, nach manchem vergeblichen Versuche, einen nahen Ausweg zu erspähen, gewahrte ich endlich den Runst eines lärmenden Baches, in den ich mich hinunterließ. Ich verfolgte ihn von einem trockenen Stein auf den andern springend, bis ich unter seiner Leitung ans erste Haus von Hafling kam und damit aller Fährlichkeit und allem Bangen vor Verirrung entrissen war.

Stellung und Lage dieses Dörfchens sind ungemein lieblich, und so zu sagen elegant, gebirgisch elegant. Unten in der Schlucht, die hin und wieder Düsterheit gewährt, ein rauschender Bach, begrüßt von dicken Büschen, daneben ein Häuschen, eine Mühle, vor der Thüre eine Schützenscheibe, ein steinbelegtes Dach, ein silberner Wasserguß. Ueber diesen Bildchen ein ansehnlicher Stoß Felsen, nicht ohne Bäume, nicht ohne Wasserfall. Ueber den Felsen hin und wieder ein breites Kornfeld, anmuthig umgrünt, Häuser, Obstgärten, zwischen Lärchenbäumen ein Kirchenthurm, Strohdächer, die aus schmalen Thälchen hervorragen, da und dort eine Capelle, ein Bildstöckel. Weiter oben das Geschröff, auf dem ein dunkler Schopf von würdevollen Tannen, auf den Höhen Wälder, dick und licht; überall Wege und Stege, Geländer, Brückchen, Zäune, arbeitende Landleute, wandernde Pilger – kurz alles zusammen so niedlich, reich und bunt, daß ein Süddeutscher es nicht anders nennen kann, als eine Gegend wie in der „Krippe.“

Am andern Ende des Dörfchens steht die alte Kirche St. Katharina, zubenannt „in der Scharte,“ schon 1251 von

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Alpenbesucher so höchlich ergötzt. Von der Hütte an ging&#x2019;s immer sachte abwärts durch lichten Wald, bis ich den Weg verloren hatte. Glücklicherweise hörte ich hier etliche ferne Schläge im Gehölz. Diesen ging ich nach und kam zu einem Haufen Holzarbeiter, die einen Fichtenstamm nach dem andern zur Erde brachten. Sie wiesen mich zurecht, aber es vergab nicht viel, denn es gelang mir immer nicht, einen getretenen Pfad herauszufinden. Nach längerem Umherirren zwischen Sumpf und Alpenrosenhecken, die eine jähe Felsenwand verdecken mußten, da aus fast senkrechter Tiefe eine grüne Wiese heraufschimmerte, nach manchem vergeblichen Versuche, einen nahen Ausweg zu erspähen, gewahrte ich endlich den Runst eines lärmenden Baches, in den ich mich hinunterließ. Ich verfolgte ihn von einem trockenen Stein auf den andern springend, bis ich unter seiner Leitung ans erste Haus von Hafling kam und damit aller Fährlichkeit und allem Bangen vor Verirrung entrissen war.</p>
        <p>Stellung und Lage dieses Dörfchens sind ungemein lieblich, und so zu sagen elegant, gebirgisch elegant. Unten in der Schlucht, die hin und wieder Düsterheit gewährt, ein rauschender Bach, begrüßt von dicken Büschen, daneben ein Häuschen, eine Mühle, vor der Thüre eine Schützenscheibe, ein steinbelegtes Dach, ein silberner Wasserguß. Ueber diesen Bildchen ein ansehnlicher Stoß Felsen, nicht ohne Bäume, nicht ohne Wasserfall. Ueber den Felsen hin und wieder ein breites Kornfeld, anmuthig umgrünt, Häuser, Obstgärten, zwischen Lärchenbäumen ein Kirchenthurm, Strohdächer, die aus schmalen Thälchen hervorragen, da und dort eine Capelle, ein Bildstöckel. Weiter oben das Geschröff, auf dem ein dunkler Schopf von würdevollen Tannen, auf den Höhen Wälder, dick und licht; überall Wege und Stege, Geländer, Brückchen, Zäune, arbeitende Landleute, wandernde Pilger &#x2013; kurz alles zusammen so niedlich, reich und bunt, daß ein Süddeutscher es nicht anders nennen kann, als eine Gegend wie in der &#x201E;Krippe.&#x201C;</p>
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[405/0409] Alpenbesucher so höchlich ergötzt. Von der Hütte an ging’s immer sachte abwärts durch lichten Wald, bis ich den Weg verloren hatte. Glücklicherweise hörte ich hier etliche ferne Schläge im Gehölz. Diesen ging ich nach und kam zu einem Haufen Holzarbeiter, die einen Fichtenstamm nach dem andern zur Erde brachten. Sie wiesen mich zurecht, aber es vergab nicht viel, denn es gelang mir immer nicht, einen getretenen Pfad herauszufinden. Nach längerem Umherirren zwischen Sumpf und Alpenrosenhecken, die eine jähe Felsenwand verdecken mußten, da aus fast senkrechter Tiefe eine grüne Wiese heraufschimmerte, nach manchem vergeblichen Versuche, einen nahen Ausweg zu erspähen, gewahrte ich endlich den Runst eines lärmenden Baches, in den ich mich hinunterließ. Ich verfolgte ihn von einem trockenen Stein auf den andern springend, bis ich unter seiner Leitung ans erste Haus von Hafling kam und damit aller Fährlichkeit und allem Bangen vor Verirrung entrissen war. Stellung und Lage dieses Dörfchens sind ungemein lieblich, und so zu sagen elegant, gebirgisch elegant. Unten in der Schlucht, die hin und wieder Düsterheit gewährt, ein rauschender Bach, begrüßt von dicken Büschen, daneben ein Häuschen, eine Mühle, vor der Thüre eine Schützenscheibe, ein steinbelegtes Dach, ein silberner Wasserguß. Ueber diesen Bildchen ein ansehnlicher Stoß Felsen, nicht ohne Bäume, nicht ohne Wasserfall. Ueber den Felsen hin und wieder ein breites Kornfeld, anmuthig umgrünt, Häuser, Obstgärten, zwischen Lärchenbäumen ein Kirchenthurm, Strohdächer, die aus schmalen Thälchen hervorragen, da und dort eine Capelle, ein Bildstöckel. Weiter oben das Geschröff, auf dem ein dunkler Schopf von würdevollen Tannen, auf den Höhen Wälder, dick und licht; überall Wege und Stege, Geländer, Brückchen, Zäune, arbeitende Landleute, wandernde Pilger – kurz alles zusammen so niedlich, reich und bunt, daß ein Süddeutscher es nicht anders nennen kann, als eine Gegend wie in der „Krippe.“ Am andern Ende des Dörfchens steht die alte Kirche St. Katharina, zubenannt „in der Scharte,“ schon 1251 von

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/409>, abgerufen am 23.11.2024.