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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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wenigstens für sentimentale Leser das Anziehendste in der Lebensbeschreibung. Was weiter folgt, ist als Beitrag zur Memoirenlitteratur des vorigen Jahrhunderts nicht ohne Werth. Es enthält manch anmuthiges Detail aus dem Leben der kleinen Höfe in Bayern, in Franken und am Rhein, so wie des großen Kaiserhofs zu Wien. Peter Prosch setzte nämlich seine Züge fort - er rühmt sich, der erste Handschuhhändler aus dem Zillerthale zu seyn, der nach Deutschland gekommen - und machte sich durch seine heitre Laune und die geduldige Ertragung aller, mitunter sehr boshaften Hofpossen, wie sie ihm neckische Cavaliere spielten, überall sehr beliebt; insbesondre thaten der Fürstbischof von Würzburg und der Markgraf von Anspach ungemein vertraulich mit ihm. Allenthalben fand er adeliche Gönner und Gönnerinnen, die er Vater und Mutter nennen mußte. Vom Kurfürsten Maximilian III von Bayern erhielt er eine Ehrenmedaille, die er als einen Orden tragen konnte und ein Decret, wodurch ihm ein jährlicher Gnadengehalt von sechs Tausend neun Hundert und zwölf Pfennigen zugesichert wurde. In Folge dessen hielt er sich berechtigt, später nach dem Tode seiner Frau auf den Titel eines "kurbayrischen verwittweten Hoftirolers" Anspruch zu machen. Die meiste Ausbeute für fürstlichen Spaß und cavaliermäßige Ungezogenheit gab sein furchtsames Naturell. Er dutzte zwar die Kaiser, die Kurfürsten, Fürstbischöfe und Markgrafen und hunzte sie wenn's der Augenblick zu fordern schien, auf gut tirolisch aus, aber es scheint, als habe ihm bei diesen Naivetäten, die mit unauslöschlichem Gelächter hingenommen wurden, selbst das Herz im Leibe heftig gezittert. Es kam auch vor, daß ihn seine Gönner durch einen als Bären vermummten Hofbedienten zur Nachtzeit aus dem Bette und mutternackt über den Hof sprengten, oder daß man ihn auf ein tückisches Pferd band und halbtodt vor Angst wieder herunternahm oder daß man etliche Grenadiere auf ihn zumarschieren, ihn als Recruten aufpacken und dann den tödtlich Erschrockenen wieder frei ließ. Einmal mußte er auf des Prinzen Maximilian von Zweibrücken, des spätern Königs von Bayern, Veranstaltung zu Straßburg in das Schifflein

wenigstens für sentimentale Leser das Anziehendste in der Lebensbeschreibung. Was weiter folgt, ist als Beitrag zur Memoirenlitteratur des vorigen Jahrhunderts nicht ohne Werth. Es enthält manch anmuthiges Detail aus dem Leben der kleinen Höfe in Bayern, in Franken und am Rhein, so wie des großen Kaiserhofs zu Wien. Peter Prosch setzte nämlich seine Züge fort – er rühmt sich, der erste Handschuhhändler aus dem Zillerthale zu seyn, der nach Deutschland gekommen – und machte sich durch seine heitre Laune und die geduldige Ertragung aller, mitunter sehr boshaften Hofpossen, wie sie ihm neckische Cavaliere spielten, überall sehr beliebt; insbesondre thaten der Fürstbischof von Würzburg und der Markgraf von Anspach ungemein vertraulich mit ihm. Allenthalben fand er adeliche Gönner und Gönnerinnen, die er Vater und Mutter nennen mußte. Vom Kurfürsten Maximilian III von Bayern erhielt er eine Ehrenmedaille, die er als einen Orden tragen konnte und ein Decret, wodurch ihm ein jährlicher Gnadengehalt von sechs Tausend neun Hundert und zwölf Pfennigen zugesichert wurde. In Folge dessen hielt er sich berechtigt, später nach dem Tode seiner Frau auf den Titel eines „kurbayrischen verwittweten Hoftirolers“ Anspruch zu machen. Die meiste Ausbeute für fürstlichen Spaß und cavaliermäßige Ungezogenheit gab sein furchtsames Naturell. Er dutzte zwar die Kaiser, die Kurfürsten, Fürstbischöfe und Markgrafen und hunzte sie wenn’s der Augenblick zu fordern schien, auf gut tirolisch aus, aber es scheint, als habe ihm bei diesen Naivetäten, die mit unauslöschlichem Gelächter hingenommen wurden, selbst das Herz im Leibe heftig gezittert. Es kam auch vor, daß ihn seine Gönner durch einen als Bären vermummten Hofbedienten zur Nachtzeit aus dem Bette und mutternackt über den Hof sprengten, oder daß man ihn auf ein tückisches Pferd band und halbtodt vor Angst wieder herunternahm oder daß man etliche Grenadiere auf ihn zumarschieren, ihn als Recruten aufpacken und dann den tödtlich Erschrockenen wieder frei ließ. Einmal mußte er auf des Prinzen Maximilian von Zweibrücken, des spätern Königs von Bayern, Veranstaltung zu Straßburg in das Schifflein

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[552/0556] wenigstens für sentimentale Leser das Anziehendste in der Lebensbeschreibung. Was weiter folgt, ist als Beitrag zur Memoirenlitteratur des vorigen Jahrhunderts nicht ohne Werth. Es enthält manch anmuthiges Detail aus dem Leben der kleinen Höfe in Bayern, in Franken und am Rhein, so wie des großen Kaiserhofs zu Wien. Peter Prosch setzte nämlich seine Züge fort – er rühmt sich, der erste Handschuhhändler aus dem Zillerthale zu seyn, der nach Deutschland gekommen – und machte sich durch seine heitre Laune und die geduldige Ertragung aller, mitunter sehr boshaften Hofpossen, wie sie ihm neckische Cavaliere spielten, überall sehr beliebt; insbesondre thaten der Fürstbischof von Würzburg und der Markgraf von Anspach ungemein vertraulich mit ihm. Allenthalben fand er adeliche Gönner und Gönnerinnen, die er Vater und Mutter nennen mußte. Vom Kurfürsten Maximilian III von Bayern erhielt er eine Ehrenmedaille, die er als einen Orden tragen konnte und ein Decret, wodurch ihm ein jährlicher Gnadengehalt von sechs Tausend neun Hundert und zwölf Pfennigen zugesichert wurde. In Folge dessen hielt er sich berechtigt, später nach dem Tode seiner Frau auf den Titel eines „kurbayrischen verwittweten Hoftirolers“ Anspruch zu machen. Die meiste Ausbeute für fürstlichen Spaß und cavaliermäßige Ungezogenheit gab sein furchtsames Naturell. Er dutzte zwar die Kaiser, die Kurfürsten, Fürstbischöfe und Markgrafen und hunzte sie wenn’s der Augenblick zu fordern schien, auf gut tirolisch aus, aber es scheint, als habe ihm bei diesen Naivetäten, die mit unauslöschlichem Gelächter hingenommen wurden, selbst das Herz im Leibe heftig gezittert. Es kam auch vor, daß ihn seine Gönner durch einen als Bären vermummten Hofbedienten zur Nachtzeit aus dem Bette und mutternackt über den Hof sprengten, oder daß man ihn auf ein tückisches Pferd band und halbtodt vor Angst wieder herunternahm oder daß man etliche Grenadiere auf ihn zumarschieren, ihn als Recruten aufpacken und dann den tödtlich Erschrockenen wieder frei ließ. Einmal mußte er auf des Prinzen Maximilian von Zweibrücken, des spätern Königs von Bayern, Veranstaltung zu Straßburg in das Schifflein

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/556>, abgerufen am 23.11.2024.