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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Blumensträußen und gestickten Schellriemen versehen. Sie verkünden daher durch das lärmende Getöse schon weit vorher ihre Ankunft. An den Zug der Kühe schließt sich der Galterer, mit seiner Galtheerde, Kälbern und Stieren, welche statt eines Halsgeschmeides alle Ketten des Alpenviehes zu tragen haben. Dann kömmt der Gaiser mit den Ziegen, der Schafer mit den Schafen, endlich die Saudirn, welche mit ihren grunzenden Zöglingen den feierlichen Zug schließt. Bei ihrer Nachhausekunft pflegen sie an einigen Orten unter ihre Bekannten kleine, eckige, in verschiedene Figuren gemodelte und von innen ein Kügelchen süßer Butter enthaltende Käse (Alm- oder Butterkasel), auch eine Art Gebackenes (Almnüßel) auszutheilen.

Ueber die Jagd in Tirol erheben wir nachstehende, Mittheilung: "Daß es früher eine sehr große Menge Gewildes und reißender Thiere, vorzüglich Bären, Wölfe, Luchse, Gemsen und Steinböcke, Wildschweine, Hirschen, Rehe und verschiedene Arten von Federspiel, besonders Schild- und Auerhähne, Birk-, Stein- und Schneehühner gegeben, davon muß den geübten Jäger schon der bloße Anblick der verschiedenen Landesgegenden überzeugen. Die mit mannichfaltigen Holzarten, mit dem fettesten Grase und mit wohlschmeckenden Beeren und Kräutern bedeckten Gebirge, aus deren zahlreichen Quellen sich so viele Bäche, Teiche und Seen bilden, reichen dem Gewilde überflüssige Nahrung und die nackten Felsen gewähren ihm auf ihren beschneiten, von Wolken verhüllten Gipfeln sichern Schutz. Die gebirgige Lage des Landes, macht dem Tiroler die Jagd, vorzüglich jene der Gemsen, äußerst beschwerlich und gefahrvoll; viele müssen sich bequemen, im heißen Sommer bei versiegten Quellen den brennenden Durst mit dem Regenwasser zu löschen, das in den Höhlungen verdorrter Kuhfladen zurückgeblieben; andre müssen die Fußsohlen aufritzen, um sich durch das hervorsickernde, kleberichte Blut auf den schroffen Felsplatten und Eisschollen einen sichern Tritt zu verschaffen. (Diese auch in Schillers Tell berührte vielbezweifelte Uebung soll übrigens sehr selten oder gar nie vorkommen.) Hunderte fanden bei dieser Gelegenheit in den

Blumensträußen und gestickten Schellriemen versehen. Sie verkünden daher durch das lärmende Getöse schon weit vorher ihre Ankunft. An den Zug der Kühe schließt sich der Galterer, mit seiner Galtheerde, Kälbern und Stieren, welche statt eines Halsgeschmeides alle Ketten des Alpenviehes zu tragen haben. Dann kömmt der Gaiser mit den Ziegen, der Schafer mit den Schafen, endlich die Saudirn, welche mit ihren grunzenden Zöglingen den feierlichen Zug schließt. Bei ihrer Nachhausekunft pflegen sie an einigen Orten unter ihre Bekannten kleine, eckige, in verschiedene Figuren gemodelte und von innen ein Kügelchen süßer Butter enthaltende Käse (Alm- oder Butterkasel), auch eine Art Gebackenes (Almnüßel) auszutheilen.

Ueber die Jagd in Tirol erheben wir nachstehende, Mittheilung: „Daß es früher eine sehr große Menge Gewildes und reißender Thiere, vorzüglich Bären, Wölfe, Luchse, Gemsen und Steinböcke, Wildschweine, Hirschen, Rehe und verschiedene Arten von Federspiel, besonders Schild- und Auerhähne, Birk-, Stein- und Schneehühner gegeben, davon muß den geübten Jäger schon der bloße Anblick der verschiedenen Landesgegenden überzeugen. Die mit mannichfaltigen Holzarten, mit dem fettesten Grase und mit wohlschmeckenden Beeren und Kräutern bedeckten Gebirge, aus deren zahlreichen Quellen sich so viele Bäche, Teiche und Seen bilden, reichen dem Gewilde überflüssige Nahrung und die nackten Felsen gewähren ihm auf ihren beschneiten, von Wolken verhüllten Gipfeln sichern Schutz. Die gebirgige Lage des Landes, macht dem Tiroler die Jagd, vorzüglich jene der Gemsen, äußerst beschwerlich und gefahrvoll; viele müssen sich bequemen, im heißen Sommer bei versiegten Quellen den brennenden Durst mit dem Regenwasser zu löschen, das in den Höhlungen verdorrter Kuhfladen zurückgeblieben; andre müssen die Fußsohlen aufritzen, um sich durch das hervorsickernde, kleberichte Blut auf den schroffen Felsplatten und Eisschollen einen sichern Tritt zu verschaffen. (Diese auch in Schillers Tell berührte vielbezweifelte Uebung soll übrigens sehr selten oder gar nie vorkommen.) Hunderte fanden bei dieser Gelegenheit in den

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[570/0574] Blumensträußen und gestickten Schellriemen versehen. Sie verkünden daher durch das lärmende Getöse schon weit vorher ihre Ankunft. An den Zug der Kühe schließt sich der Galterer, mit seiner Galtheerde, Kälbern und Stieren, welche statt eines Halsgeschmeides alle Ketten des Alpenviehes zu tragen haben. Dann kömmt der Gaiser mit den Ziegen, der Schafer mit den Schafen, endlich die Saudirn, welche mit ihren grunzenden Zöglingen den feierlichen Zug schließt. Bei ihrer Nachhausekunft pflegen sie an einigen Orten unter ihre Bekannten kleine, eckige, in verschiedene Figuren gemodelte und von innen ein Kügelchen süßer Butter enthaltende Käse (Alm- oder Butterkasel), auch eine Art Gebackenes (Almnüßel) auszutheilen. Ueber die Jagd in Tirol erheben wir nachstehende, Mittheilung: „Daß es früher eine sehr große Menge Gewildes und reißender Thiere, vorzüglich Bären, Wölfe, Luchse, Gemsen und Steinböcke, Wildschweine, Hirschen, Rehe und verschiedene Arten von Federspiel, besonders Schild- und Auerhähne, Birk-, Stein- und Schneehühner gegeben, davon muß den geübten Jäger schon der bloße Anblick der verschiedenen Landesgegenden überzeugen. Die mit mannichfaltigen Holzarten, mit dem fettesten Grase und mit wohlschmeckenden Beeren und Kräutern bedeckten Gebirge, aus deren zahlreichen Quellen sich so viele Bäche, Teiche und Seen bilden, reichen dem Gewilde überflüssige Nahrung und die nackten Felsen gewähren ihm auf ihren beschneiten, von Wolken verhüllten Gipfeln sichern Schutz. Die gebirgige Lage des Landes, macht dem Tiroler die Jagd, vorzüglich jene der Gemsen, äußerst beschwerlich und gefahrvoll; viele müssen sich bequemen, im heißen Sommer bei versiegten Quellen den brennenden Durst mit dem Regenwasser zu löschen, das in den Höhlungen verdorrter Kuhfladen zurückgeblieben; andre müssen die Fußsohlen aufritzen, um sich durch das hervorsickernde, kleberichte Blut auf den schroffen Felsplatten und Eisschollen einen sichern Tritt zu verschaffen. (Diese auch in Schillers Tell berührte vielbezweifelte Uebung soll übrigens sehr selten oder gar nie vorkommen.) Hunderte fanden bei dieser Gelegenheit in den

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/574>, abgerufen am 23.11.2024.