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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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vorderösterreichische Regierung zu Freiburg im Breisgau. Etwas anders stellt die Sache der Landesbrauch. Nach diesem geht der Appellant, wenn die Beschwerdesumme fünfzig Gulden erreicht, in den Gerichtsring und begehrt zu appelliren. Da ihm solches erlaubt wird, muß er sich dreimal der Sonne nach umkehren und folgende Worte sprechen: "Herr Richter, ich beschwere mich des ergangenen Urtheils und appellire dasselbige ab eurem Stabe für und an die hochlöbliche vorderösterreichische Regierung gen Freiburg." Dieß hatte dann noch verschiedene weitere Fragen und Antworten zur Folge. Es ist auch zu wissen, daß der Appellant dem Herrn Landammann Gold - das ist wenigstens einen Goldgulden - und Silber, zum mindesten ein Sechserlein alsogleich pro arrha im Tanzhause erlegen mußte.

Ebenso wurde auch in alter deutscher Weise das hochnothpeinliche Gericht gehalten, denn der Bregenzerwald hatte "hoch und nieder Gericht über Leib und Blut, zu richten und abzustrafen jeden nach seinem Verbrechen." Beim hochnothpeinlichen Gericht erschienen vierundzwanzig Räthe mit Hellebarden und Seitengewehr. Der Galgen stand bei Egg an der noch jetzt sogenannten Galgenhalde.

Die civilrechtlichen Bestimmungen des Landesbrauchs gründen sich durchaus auf germanische Rechtsbegriffe, wie denn auch die Urtheilsfindung durch ungelehrte Schöffen mit der Geltung eines fremden Rechtes nicht vereinbar gewesen wäre. Unter den polizeilichen Verordnungen, die in ältern Zeiten auf der Bezeck beschlossen und verkündet wurden, finden sich manche für die Sitten des Waldes sehr charakteristische. So wurde einmal den Buben verboten, Nachts zur Stubet, zum Besuch der Liebsten zu gehen, und den Müttern und Töchtern, Spinnstuben zu halten. Das Tabakkauen wurde im Jahr 1698 dahin beschränkt, daß es wenigstens in der Kirche während des Gottesdienstes unterbleiben sollte. Auch gegen überhandnehmende Hoffart und Kleiderpracht wurden Verordnungen erlassen, und weil sich viele unterstanden vor der Obrigkeit zu sacramentiren, so wurde eine Strafe von zwei Gulden darauf gesetzt. Im Jahre 1743 ist beschlossen worden, daß man

vorderösterreichische Regierung zu Freiburg im Breisgau. Etwas anders stellt die Sache der Landesbrauch. Nach diesem geht der Appellant, wenn die Beschwerdesumme fünfzig Gulden erreicht, in den Gerichtsring und begehrt zu appelliren. Da ihm solches erlaubt wird, muß er sich dreimal der Sonne nach umkehren und folgende Worte sprechen: „Herr Richter, ich beschwere mich des ergangenen Urtheils und appellire dasselbige ab eurem Stabe für und an die hochlöbliche vorderösterreichische Regierung gen Freiburg." Dieß hatte dann noch verschiedene weitere Fragen und Antworten zur Folge. Es ist auch zu wissen, daß der Appellant dem Herrn Landammann Gold – das ist wenigstens einen Goldgulden – und Silber, zum mindesten ein Sechserlein alsogleich pro arrha im Tanzhause erlegen mußte.

Ebenso wurde auch in alter deutscher Weise das hochnothpeinliche Gericht gehalten, denn der Bregenzerwald hatte „hoch und nieder Gericht über Leib und Blut, zu richten und abzustrafen jeden nach seinem Verbrechen." Beim hochnothpeinlichen Gericht erschienen vierundzwanzig Räthe mit Hellebarden und Seitengewehr. Der Galgen stand bei Egg an der noch jetzt sogenannten Galgenhalde.

Die civilrechtlichen Bestimmungen des Landesbrauchs gründen sich durchaus auf germanische Rechtsbegriffe, wie denn auch die Urtheilsfindung durch ungelehrte Schöffen mit der Geltung eines fremden Rechtes nicht vereinbar gewesen wäre. Unter den polizeilichen Verordnungen, die in ältern Zeiten auf der Bezeck beschlossen und verkündet wurden, finden sich manche für die Sitten des Waldes sehr charakteristische. So wurde einmal den Buben verboten, Nachts zur Stubet, zum Besuch der Liebsten zu gehen, und den Müttern und Töchtern, Spinnstuben zu halten. Das Tabakkauen wurde im Jahr 1698 dahin beschränkt, daß es wenigstens in der Kirche während des Gottesdienstes unterbleiben sollte. Auch gegen überhandnehmende Hoffart und Kleiderpracht wurden Verordnungen erlassen, und weil sich viele unterstanden vor der Obrigkeit zu sacramentiren, so wurde eine Strafe von zwei Gulden darauf gesetzt. Im Jahre 1743 ist beschlossen worden, daß man

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vorderösterreichische Regierung zu Freiburg im Breisgau. Etwas anders stellt die Sache der Landesbrauch. Nach diesem geht der Appellant, wenn die Beschwerdesumme fünfzig Gulden erreicht, in den Gerichtsring und begehrt zu appelliren. Da ihm solches erlaubt wird, muß er sich dreimal der Sonne nach umkehren und folgende Worte sprechen: &#x201E;Herr Richter, ich beschwere mich des ergangenen Urtheils und appellire dasselbige ab eurem Stabe für und an die hochlöbliche vorderösterreichische Regierung gen Freiburg." Dieß hatte dann noch verschiedene weitere Fragen und Antworten zur Folge. Es ist auch zu wissen, daß der Appellant dem Herrn Landammann Gold &#x2013; das ist wenigstens einen Goldgulden &#x2013; und Silber, zum mindesten ein Sechserlein alsogleich <hi rendition="#aq">pro arrha</hi> im Tanzhause erlegen mußte.</p>
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        <p>Die civilrechtlichen Bestimmungen des Landesbrauchs gründen sich durchaus auf germanische Rechtsbegriffe, wie denn auch die Urtheilsfindung durch ungelehrte Schöffen mit der Geltung eines fremden Rechtes nicht vereinbar gewesen wäre. Unter den polizeilichen Verordnungen, die in ältern Zeiten auf der Bezeck beschlossen und verkündet wurden, finden sich manche für die Sitten des Waldes sehr charakteristische. So wurde einmal den Buben verboten, Nachts zur Stubet, zum Besuch der Liebsten zu gehen, und den Müttern und Töchtern, Spinnstuben zu halten. Das Tabakkauen wurde im Jahr 1698 dahin beschränkt, daß es wenigstens in der Kirche während des Gottesdienstes unterbleiben sollte. Auch gegen überhandnehmende Hoffart und Kleiderpracht wurden Verordnungen erlassen, und weil sich viele unterstanden vor der Obrigkeit zu sacramentiren, so wurde eine Strafe von zwei Gulden darauf gesetzt. Im Jahre 1743 ist beschlossen worden, daß man
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[57/0062] vorderösterreichische Regierung zu Freiburg im Breisgau. Etwas anders stellt die Sache der Landesbrauch. Nach diesem geht der Appellant, wenn die Beschwerdesumme fünfzig Gulden erreicht, in den Gerichtsring und begehrt zu appelliren. Da ihm solches erlaubt wird, muß er sich dreimal der Sonne nach umkehren und folgende Worte sprechen: „Herr Richter, ich beschwere mich des ergangenen Urtheils und appellire dasselbige ab eurem Stabe für und an die hochlöbliche vorderösterreichische Regierung gen Freiburg." Dieß hatte dann noch verschiedene weitere Fragen und Antworten zur Folge. Es ist auch zu wissen, daß der Appellant dem Herrn Landammann Gold – das ist wenigstens einen Goldgulden – und Silber, zum mindesten ein Sechserlein alsogleich pro arrha im Tanzhause erlegen mußte. Ebenso wurde auch in alter deutscher Weise das hochnothpeinliche Gericht gehalten, denn der Bregenzerwald hatte „hoch und nieder Gericht über Leib und Blut, zu richten und abzustrafen jeden nach seinem Verbrechen." Beim hochnothpeinlichen Gericht erschienen vierundzwanzig Räthe mit Hellebarden und Seitengewehr. Der Galgen stand bei Egg an der noch jetzt sogenannten Galgenhalde. Die civilrechtlichen Bestimmungen des Landesbrauchs gründen sich durchaus auf germanische Rechtsbegriffe, wie denn auch die Urtheilsfindung durch ungelehrte Schöffen mit der Geltung eines fremden Rechtes nicht vereinbar gewesen wäre. Unter den polizeilichen Verordnungen, die in ältern Zeiten auf der Bezeck beschlossen und verkündet wurden, finden sich manche für die Sitten des Waldes sehr charakteristische. So wurde einmal den Buben verboten, Nachts zur Stubet, zum Besuch der Liebsten zu gehen, und den Müttern und Töchtern, Spinnstuben zu halten. Das Tabakkauen wurde im Jahr 1698 dahin beschränkt, daß es wenigstens in der Kirche während des Gottesdienstes unterbleiben sollte. Auch gegen überhandnehmende Hoffart und Kleiderpracht wurden Verordnungen erlassen, und weil sich viele unterstanden vor der Obrigkeit zu sacramentiren, so wurde eine Strafe von zwei Gulden darauf gesetzt. Im Jahre 1743 ist beschlossen worden, daß man

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/62>, abgerufen am 23.11.2024.