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Filidor der Dorfferer [i. e. Stieler, Kaspar von]: Die Geharnschte Venus. Hamburg, 1660.

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Geharnschter Venus
1.
SOlt' ich den Tod nicht frölich leiden?
Rosille weint ob meinen Scheiden/
sie liebt mich/ da die Seel' entfährt

und in die fernen Felder kehrt.
2.
Jn Noht und Jammer sehen trübe:
hieran erkennt man wahre Liebe.
die mit in Freuden lustig war/
traurt nu bey meines Bettes Bahr.
3.
Jhr Wolken-bruch der Trähnen-güsse
macht über meinem Körper Flüsse/
dem Körper/ der sein Bluht verläßt/
und iezt dem Athem auß sich bläst.
4.
Die Lieb' ist schlecht und kaum zu nennen:
Nur lieben weil die Augeu brennen/
weil noch die Stirn ermuntert sieht
und alles Rosenfärbig blüht.
5.
Jch lieg' allhier auff so viel Wochen/
mein Leib ist lauter dürre Knochen/
der Lippen Purpur blässet weiß
der arme Band ist Todten-eyß.
Jch
Geharnſchter Venus
1.
SOlt’ ich den Tod nicht froͤlich leiden?
Roſille weint ob meinen Scheiden/
ſie liebt mich/ da die Seel’ entfaͤhrt

und in die fernen Felder kehrt.
2.
Jn Noht und Jammer ſehen truͤbe:
hieran erkennt man wahre Liebe.
die mit in Freuden luſtig war/
traurt nu bey meines Bettes Bahr.
3.
Jhr Wolken-bruch der Traͤhnen-guͤſſe
macht uͤber meinem Koͤrper Fluͤſſe/
dem Koͤrper/ der ſein Bluht verlaͤßt/
und iezt dem Athem auß ſich blaͤſt.
4.
Die Lieb’ iſt ſchlecht und kaum zu nennen:
Nur lieben weil die Augeu brennen/
weil noch die Stirn ermuntert ſieht
und alles Roſenfaͤrbig bluͤht.
5.
Jch lieg’ allhier auff ſo viel Wochen/
mein Leib iſt lauter duͤrre Knochen/
der Lippen Purpur blaͤſſet weiß
der arme Band iſt Todten-eyß.
Jch
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[92/0132] Geharnſchter Venus 1. SOlt’ ich den Tod nicht froͤlich leiden? Roſille weint ob meinen Scheiden/ ſie liebt mich/ da die Seel’ entfaͤhrt und in die fernen Felder kehrt. 2. Jn Noht und Jammer ſehen truͤbe: hieran erkennt man wahre Liebe. die mit in Freuden luſtig war/ traurt nu bey meines Bettes Bahr. 3. Jhr Wolken-bruch der Traͤhnen-guͤſſe macht uͤber meinem Koͤrper Fluͤſſe/ dem Koͤrper/ der ſein Bluht verlaͤßt/ und iezt dem Athem auß ſich blaͤſt. 4. Die Lieb’ iſt ſchlecht und kaum zu nennen: Nur lieben weil die Augeu brennen/ weil noch die Stirn ermuntert ſieht und alles Roſenfaͤrbig bluͤht. 5. Jch lieg’ allhier auff ſo viel Wochen/ mein Leib iſt lauter duͤrre Knochen/ der Lippen Purpur blaͤſſet weiß der arme Band iſt Todten-eyß. Jch

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Zitationshilfe: Filidor der Dorfferer [i. e. Stieler, Kaspar von]: Die Geharnschte Venus. Hamburg, 1660, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieler_venus_1660/132>, abgerufen am 12.05.2024.