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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

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Hoff-Ceremoniel.
neration bey fremden Nationen, weil derglei-
chen äusserlicher splendeur eher in die Augen,
als in den Verstand fält, und sonderlich die ge-
meine Leute glaubend machet, ein dergleichen
Ambassadeur, welcher sich magnifiquement
und mit vielen Gold und Silber prangenden Li-
vereen und Carossen etc. aufführet, sey aus einem
Lande, in welchem das goldene Seculum befind-
lich, gesendet.

§. 4.

Einige der Politicorum wollen zwar
diese Magnificentz der Ambassadeurs nicht son-
derlich approbiren, weil vielmahlen das AErari-
um
der Potentaten erschöpfft, und dadurch ver-
ursachet wird, daß man nöthigere, und dem Etat
dienlichere Expensen nicht herschiessen kan. Denn
wenn sond erlich die Soldatesca, sagen sie, auf
welchen doch meisten theils die Sicherheit und
Reputation eines Etats beruhet, darumb Man-
gel leiden soll, daß man nur desto ansehnlichere
Ambassaden abschicken könne; so wäre es ein
grosses Versehen der Staats-Klugheit, weil die
necessitas defendendi dem Juri Legatos cum
Charactere mittendi
vorzuziehen: zu mahlen da
man Ablegatos senden kan, welche einer so gros-
sen Magnificentz und Depensen nicht benöthiget,
dennoch aber die Affaires so wohl tractiren kön-
ten als die Legati oder Ambassadeurs.

§. 5.

Gleichwie man aber diesen Einwurff ei-
nem jeden, sonderlich aber denen Souverainen zu

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Hoff-Ceremoniel.
neration bey fremden Nationen, weil derglei-
chen aͤuſſerlicher ſplendeur eher in die Augen,
als in den Verſtand faͤlt, und ſonderlich die ge-
meine Leute glaubend machet, ein dergleichen
Ambaſſadeur, welcher ſich magnifiquement
und mit vielen Gold und Silber prangenden Li-
vereen und Caroſſen ꝛc. auffuͤhret, ſey aus einem
Lande, in welchem das goldene Seculum befind-
lich, geſendet.

§. 4.

Einige der Politicorum wollen zwar
dieſe Magnificentz der Ambaſſadeurs nicht ſon-
derlich approbiren, weil vielmahlen das Ærari-
um
der Potentaten erſchoͤpfft, und dadurch ver-
urſachet wird, daß man noͤthigere, und dem Etat
dienlichere Expenſen nicht herſchieſſen kan. Denn
wenn ſond erlich die Soldateſca, ſagen ſie, auf
welchen doch meiſten theils die Sicherheit und
Reputation eines Etats beruhet, darumb Man-
gel leiden ſoll, daß man nur deſto anſehnlichere
Ambaſſaden abſchicken koͤnne; ſo waͤre es ein
groſſes Verſehen der Staats-Klugheit, weil die
neceſſitas defendendi dem Juri Legatos cum
Charactere mittendi
vorzuziehen: zu mahlen da
man Ablegatos ſenden kan, welche einer ſo groſ-
ſen Magnificentz und Depenſen nicht benoͤthiget,
dennoch aber die Affaires ſo wohl tractiren koͤn-
ten als die Legati oder Ambaſſadeurs.

§. 5.

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nem jeden, ſonderlich aber denen Souverainen zu

uͤber-
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[233/0261] Hoff-Ceremoniel. neration bey fremden Nationen, weil derglei- chen aͤuſſerlicher ſplendeur eher in die Augen, als in den Verſtand faͤlt, und ſonderlich die ge- meine Leute glaubend machet, ein dergleichen Ambaſſadeur, welcher ſich magnifiquement und mit vielen Gold und Silber prangenden Li- vereen und Caroſſen ꝛc. auffuͤhret, ſey aus einem Lande, in welchem das goldene Seculum befind- lich, geſendet. §. 4. Einige der Politicorum wollen zwar dieſe Magnificentz der Ambaſſadeurs nicht ſon- derlich approbiren, weil vielmahlen das Ærari- um der Potentaten erſchoͤpfft, und dadurch ver- urſachet wird, daß man noͤthigere, und dem Etat dienlichere Expenſen nicht herſchieſſen kan. Denn wenn ſond erlich die Soldateſca, ſagen ſie, auf welchen doch meiſten theils die Sicherheit und Reputation eines Etats beruhet, darumb Man- gel leiden ſoll, daß man nur deſto anſehnlichere Ambaſſaden abſchicken koͤnne; ſo waͤre es ein groſſes Verſehen der Staats-Klugheit, weil die neceſſitas defendendi dem Juri Legatos cum Charactere mittendi vorzuziehen: zu mahlen da man Ablegatos ſenden kan, welche einer ſo groſ- ſen Magnificentz und Depenſen nicht benoͤthiget, dennoch aber die Affaires ſo wohl tractiren koͤn- ten als die Legati oder Ambaſſadeurs. §. 5. Gleichwie man aber dieſen Einwurff ei- nem jeden, ſonderlich aber denen Souverainen zu uͤber- P 5

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Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/261>, abgerufen am 16.06.2024.