rende Jugend dadurch plagen, guten theils in einiger Ignorantz lassen, und ihnen die Secreta Eruditionis durch eine nicht gungsam von ihnen excolirte Sprache, noch magis secreta machen wollen. Zum Nachtheil und Verachtung der Latei- nischen Sprache hat noch mehr geholffen, daß man heute zu Tage nicht nur die besten Bücher in dem Deutschen, Frantzösischen, Jtaliänischen geschrieben findet; sondern auch diejenigen, welche vormahlen nur bloß und allein Lateinisch verfasset waren, in das Deutsche oder Frantzösische übersetzet: die alten Lateinischen Autores mit guten notis erkläret und vermehret, und dadurch Anlaß gegeben, daß die Lateinische Scripta nicht mehr sonderlich gesuchet worden; so daß die Lateinische Sprache nur in die niedrigen Schulen verwiesen und in selbigen bey Au- torität erhalten worden.
2. Jst die Schreib-Art der Lateinischen Spra- che unter allen Nationen zwar einerley, und kan ein Deutscher gar wohl verstehen, was ein Frantzose, Engelländer, Jtaliäner, Pohle etc. in selbiger verfertiget und schrei- bet, & vice versa. Wenn aber ge- meldte Nationen zusammen treten, und mit einander Lateinisch conferiren sollen, so will es schwer hergehen, daß ein Deutscher
ein
Europaͤiſches
rende Jugend dadurch plagen, guten theils in einiger Ignorantz laſſen, und ihnen die Secreta Eruditionis durch eine nicht gungſam von ihnen excolirte Sprache, noch magis ſecreta machen wollen. Zum Nachtheil und Verachtung der Latei- niſchen Sprache hat noch mehr geholffen, daß man heute zu Tage nicht nur die beſten Buͤcher in dem Deutſchen, Frantzoͤſiſchen, Jtaliaͤniſchen geſchrieben findet; ſondern auch diejenigen, welche vormahlen nur bloß und allein Lateiniſch verfaſſet waren, in das Deutſche oder Frantzoͤſiſche uͤberſetzet: die alten Lateiniſchen Autores mit guten notis erklaͤret und vermehret, und dadurch Anlaß gegeben, daß die Lateiniſche Scripta nicht mehr ſonderlich geſuchet worden; ſo daß die Lateiniſche Sprache nur in die niedrigen Schulen verwieſen und in ſelbigen bey Au- toritaͤt erhalten worden.
2. Jſt die Schreib-Art der Lateiniſchen Spra- che unter allen Nationen zwar einerley, und kan ein Deutſcher gar wohl verſtehen, was ein Frantzoſe, Engellaͤnder, Jtaliaͤner, Pohle ꝛc. in ſelbiger verfertiget und ſchrei- bet, & vice verſa. Wenn aber ge- meldte Nationen zuſammen treten, und mit einander Lateiniſch conferiren ſollen, ſo will es ſchwer hergehen, daß ein Deutſcher
ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><list><item><pbfacs="#f0382"n="354"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Europaͤiſches</hi></fw><lb/><hirendition="#aq">ren</hi>de Jugend dadurch plagen, guten theils<lb/>
in einiger <hirendition="#aq">Ignoran</hi>tz laſſen, und ihnen die<lb/><hirendition="#aq">Secreta Eruditionis</hi> durch eine nicht<lb/>
gungſam von ihnen <hirendition="#aq">excoli</hi>rte Sprache,<lb/>
noch <hirendition="#aq">magis ſecreta</hi> machen wollen.<lb/>
Zum Nachtheil und Verachtung der Latei-<lb/>
niſchen Sprache hat noch mehr geholffen,<lb/>
daß man heute zu Tage nicht nur die beſten<lb/>
Buͤcher in dem Deutſchen, Frantzoͤſiſchen,<lb/>
Jtaliaͤniſchen geſchrieben findet; ſondern<lb/>
auch diejenigen, welche vormahlen nur bloß<lb/>
und allein Lateiniſch verfaſſet waren, in das<lb/>
Deutſche oder Frantzoͤſiſche uͤberſetzet: die<lb/>
alten Lateiniſchen <hirendition="#aq">Autores</hi> mit guten <hirendition="#aq">notis</hi><lb/>
erklaͤret und vermehret, und dadurch Anlaß<lb/>
gegeben, daß die Lateiniſche <hirendition="#aq">Scripta</hi> nicht<lb/>
mehr ſonderlich geſuchet worden; ſo daß die<lb/>
Lateiniſche Sprache nur in die niedrigen<lb/>
Schulen verwieſen und in ſelbigen bey <hirendition="#aq">Au-<lb/>
torit</hi>aͤt erhalten worden.</item><lb/><item>2. Jſt die Schreib-Art der Lateiniſchen Spra-<lb/>
che unter allen Nationen zwar einerley, und<lb/>
kan ein Deutſcher gar wohl verſtehen, was<lb/>
ein Frantzoſe, Engellaͤnder, Jtaliaͤner,<lb/>
Pohle ꝛc. in ſelbiger verfertiget und ſchrei-<lb/>
bet, <hirendition="#aq">& vice verſa.</hi> Wenn aber ge-<lb/>
meldte Nationen zuſammen treten, und mit<lb/>
einander Lateiniſch <hirendition="#aq">conferi</hi>ren ſollen, ſo<lb/>
will es ſchwer hergehen, daß ein Deutſcher<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ein</fw><lb/></item></list></div></div></div></body></text></TEI>
[354/0382]
Europaͤiſches
rende Jugend dadurch plagen, guten theils
in einiger Ignorantz laſſen, und ihnen die
Secreta Eruditionis durch eine nicht
gungſam von ihnen excolirte Sprache,
noch magis ſecreta machen wollen.
Zum Nachtheil und Verachtung der Latei-
niſchen Sprache hat noch mehr geholffen,
daß man heute zu Tage nicht nur die beſten
Buͤcher in dem Deutſchen, Frantzoͤſiſchen,
Jtaliaͤniſchen geſchrieben findet; ſondern
auch diejenigen, welche vormahlen nur bloß
und allein Lateiniſch verfaſſet waren, in das
Deutſche oder Frantzoͤſiſche uͤberſetzet: die
alten Lateiniſchen Autores mit guten notis
erklaͤret und vermehret, und dadurch Anlaß
gegeben, daß die Lateiniſche Scripta nicht
mehr ſonderlich geſuchet worden; ſo daß die
Lateiniſche Sprache nur in die niedrigen
Schulen verwieſen und in ſelbigen bey Au-
toritaͤt erhalten worden.
2. Jſt die Schreib-Art der Lateiniſchen Spra-
che unter allen Nationen zwar einerley, und
kan ein Deutſcher gar wohl verſtehen, was
ein Frantzoſe, Engellaͤnder, Jtaliaͤner,
Pohle ꝛc. in ſelbiger verfertiget und ſchrei-
bet, & vice verſa. Wenn aber ge-
meldte Nationen zuſammen treten, und mit
einander Lateiniſch conferiren ſollen, ſo
will es ſchwer hergehen, daß ein Deutſcher
ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/382>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.