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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

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Hoff-Ceremoniel.
daß sie GOtt immmediate zu einem Frieden er-
leuchtet und dirigiret; es wäre anbey zwar
wahr, und bekandt, daß der Pabst wegen Erhal-
tung dieses Friedens sehr andächtig zu GOtt ge-
bethet, und demnach würde die gantze Welt auch
dem Pabst schon das Lob geben, daß durch seine
Andacht der Friede zu Stande kommen: mit wel-
chem er sich auch würde vergnügen können.

§. 3.

Damit es aber gleichwohl nicht schiene,
als wenn der König in Franckreich, oder vielmehr
der Cardinal Mazarin, keinen Frieden eingehen,
und des Pabstes angebothene Mediation publi-
quement
verwerffen wolle: so that man heimlich,
was sich öffentlich, nach Meinung der Frantzosen,
nicht thun lassen wolte, und konte man einiger
massen sagen, daß es mit dem Anfang dieses Frie-
dens, wie mit der verbothenen und heimlichen Lie-
be, zugegangen, und das bon mot erfüllet wor-
den: si non caste tamen caute. Die Sache
wurde also eingefädelt: Ein ansehnlicher Nieder-
länder Caspar Comte de Bonifacio, reisete
durch Franckreich nach Spanien, und wartete in
Franckreich der verwitweten Königin, Ludovici
XIII.
hinterlassenen Gemahlin, und des damah-
ligen Königes in Spanien Philippi IV. Schwe-
ster auf: gegen welche er sich erklärete, daß Philip-
pus
des Krieges überdrüßig, und gesonnen wäre,
einen raisonablen Frieden mit Franckreich einzu-
gehen: im fall man nur en secret einen vertrau-

ten

Hoff-Ceremoniel.
daß ſie GOtt immmediate zu einem Frieden er-
leuchtet und dirigiret; es waͤre anbey zwar
wahr, und bekandt, daß der Pabſt wegen Erhal-
tung dieſes Friedens ſehr andaͤchtig zu GOtt ge-
bethet, und demnach wuͤrde die gantze Welt auch
dem Pabſt ſchon das Lob geben, daß durch ſeine
Andacht der Friede zu Stande kommen: mit wel-
chem er ſich auch wuͤrde vergnuͤgen koͤnnen.

§. 3.

Damit es aber gleichwohl nicht ſchiene,
als wenn der Koͤnig in Franckreich, oder vielmehr
der Cardinal Mazarin, keinen Frieden eingehen,
und des Pabſtes angebothene Mediation publi-
quement
verwerffen wolle: ſo that man heimlich,
was ſich oͤffentlich, nach Meinung der Frantzoſen,
nicht thun laſſen wolte, und konte man einiger
maſſen ſagen, daß es mit dem Anfang dieſes Frie-
dens, wie mit der verbothenen und heimlichen Lie-
be, zugegangen, und das bon mot erfuͤllet wor-
den: ſi non caſte tamen caute. Die Sache
wurde alſo eingefaͤdelt: Ein anſehnlicher Nieder-
laͤnder Caſpar Comte de Bonifacio, reiſete
durch Franckreich nach Spanien, und wartete in
Franckreich der verwitweten Koͤnigin, Ludovici
XIII.
hinterlaſſenen Gemahlin, und des damah-
ligen Koͤniges in Spanien Philippi IV. Schwe-
ſter auf: gegen welche er ſich erklaͤrete, daß Philip-
pus
des Krieges uͤberdruͤßig, und geſonnen waͤre,
einen raiſonablen Frieden mit Franckreich einzu-
gehen: im fall man nur en ſecret einen vertrau-

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[397/0425] Hoff-Ceremoniel. daß ſie GOtt immmediate zu einem Frieden er- leuchtet und dirigiret; es waͤre anbey zwar wahr, und bekandt, daß der Pabſt wegen Erhal- tung dieſes Friedens ſehr andaͤchtig zu GOtt ge- bethet, und demnach wuͤrde die gantze Welt auch dem Pabſt ſchon das Lob geben, daß durch ſeine Andacht der Friede zu Stande kommen: mit wel- chem er ſich auch wuͤrde vergnuͤgen koͤnnen. §. 3. Damit es aber gleichwohl nicht ſchiene, als wenn der Koͤnig in Franckreich, oder vielmehr der Cardinal Mazarin, keinen Frieden eingehen, und des Pabſtes angebothene Mediation publi- quement verwerffen wolle: ſo that man heimlich, was ſich oͤffentlich, nach Meinung der Frantzoſen, nicht thun laſſen wolte, und konte man einiger maſſen ſagen, daß es mit dem Anfang dieſes Frie- dens, wie mit der verbothenen und heimlichen Lie- be, zugegangen, und das bon mot erfuͤllet wor- den: ſi non caſte tamen caute. Die Sache wurde alſo eingefaͤdelt: Ein anſehnlicher Nieder- laͤnder Caſpar Comte de Bonifacio, reiſete durch Franckreich nach Spanien, und wartete in Franckreich der verwitweten Koͤnigin, Ludovici XIII. hinterlaſſenen Gemahlin, und des damah- ligen Koͤniges in Spanien Philippi IV. Schwe- ſter auf: gegen welche er ſich erklaͤrete, daß Philip- pus des Krieges uͤberdruͤßig, und geſonnen waͤre, einen raiſonablen Frieden mit Franckreich einzu- gehen: im fall man nur en ſecret einen vertrau- ten

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Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/425>, abgerufen am 22.11.2024.