ten Minister nach Madrit senden, und dem Kö- nige von Spanien, daß es Franckreich ein Ernst Frieden zu schliessen, Versicherung thun lassen wolte. Dieser wurde von besagter Königin, an den Cardinal Mazarin gewiesen, und nachdem er mit dem Cardinal genugsame Unterredung ge- pflogen, erkiesete dieser grosse Etats-Minister, zu dieser gantz geheim zu tractirenden wichtigen Af- faire, den Etats-Secretarium Marquis de Lion- ne, welchen er am capablesten achtete: ruffte ihn demnach von Rom nach Pariß, und nachdem er etwan ein Dutzend geheime Conferentien mit dem Cardinal gehalten, empfing er von dem Kö- nige, ein mit dessen eigner Hand geschriebenes, und gantz illimitirtes Plein-Pouvoir: dessen Jn- halt schon in dem dritten Capitul des dritten Theils §. 2. angeführet worden: und von welchem keiner der vier Etats-Secretarien, sonder nur der König, die Königl. Frau Mutter, und der Cardi- nal Wissenschafft hatten; diese Vollmacht über- gab der König aus seiner eigenen Hand in des Cardinals Apartement dem Lionne. Weil aber die Hand des Königes in Franckreich denen Ministern zu Madrit nicht bekandt, und man be- sorgete, es möchten selbige difficultiren, mit einem Menschen sich in Tractaten einzulassen, dessen Vollmacht nicht, wie sonst gewöhnlich, verfertiget worden: und anbey so gar mit allem rato & grato versehen war; so ließ der König den schon gemelten
aus
Europaͤiſches
ten Miniſter nach Madrit ſenden, und dem Koͤ- nige von Spanien, daß es Franckreich ein Ernſt Frieden zu ſchlieſſen, Verſicherung thun laſſen wolte. Dieſer wurde von beſagter Koͤnigin, an den Cardinal Mazarin gewieſen, und nachdem er mit dem Cardinal genugſame Unterredung ge- pflogen, erkieſete dieſer groſſe Etats-Miniſter, zu dieſer gantz geheim zu tractirenden wichtigen Af- faire, den Etats-Secretarium Marquis de Lion- ne, welchen er am capableſten achtete: ruffte ihn demnach von Rom nach Pariß, und nachdem er etwan ein Dutzend geheime Conferentien mit dem Cardinal gehalten, empfing er von dem Koͤ- nige, ein mit deſſen eigner Hand geſchriebenes, und gantz illimitirtes Plein-Pouvoir: deſſen Jn- halt ſchon in dem dritten Capitul des dritten Theils §. 2. angefuͤhret worden: und von welchem keiner der vier Etats-Secretarien, ſonder nur der Koͤnig, die Koͤnigl. Frau Mutter, und der Cardi- nal Wiſſenſchafft hatten; dieſe Vollmacht uͤber- gab der Koͤnig aus ſeiner eigenen Hand in des Cardinals Apartement dem Lionne. Weil aber die Hand des Koͤniges in Franckreich denen Miniſtern zu Madrit nicht bekandt, und man be- ſorgete, es moͤchten ſelbige difficultiren, mit einem Menſchen ſich in Tractaten einzulaſſen, deſſen Vollmacht nicht, wie ſonſt gewoͤhnlich, verfertiget worden: und anbey ſo gar mit allem rato & grato verſehen war; ſo ließ der Koͤnig den ſchon gemelten
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Europaͤiſches
ten Miniſter nach Madrit ſenden, und dem Koͤ-
nige von Spanien, daß es Franckreich ein Ernſt
Frieden zu ſchlieſſen, Verſicherung thun laſſen
wolte. Dieſer wurde von beſagter Koͤnigin, an
den Cardinal Mazarin gewieſen, und nachdem er
mit dem Cardinal genugſame Unterredung ge-
pflogen, erkieſete dieſer groſſe Etats-Miniſter, zu
dieſer gantz geheim zu tractirenden wichtigen Af-
faire, den Etats-Secretarium Marquis de Lion-
ne, welchen er am capableſten achtete: ruffte ihn
demnach von Rom nach Pariß, und nachdem er
etwan ein Dutzend geheime Conferentien mit
dem Cardinal gehalten, empfing er von dem Koͤ-
nige, ein mit deſſen eigner Hand geſchriebenes,
und gantz illimitirtes Plein-Pouvoir: deſſen Jn-
halt ſchon in dem dritten Capitul des dritten
Theils §. 2. angefuͤhret worden: und von welchem
keiner der vier Etats-Secretarien, ſonder nur der
Koͤnig, die Koͤnigl. Frau Mutter, und der Cardi-
nal Wiſſenſchafft hatten; dieſe Vollmacht uͤber-
gab der Koͤnig aus ſeiner eigenen Hand in des
Cardinals Apartement dem Lionne. Weil
aber die Hand des Koͤniges in Franckreich denen
Miniſtern zu Madrit nicht bekandt, und man be-
ſorgete, es moͤchten ſelbige difficultiren, mit einem
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worden: und anbey ſo gar mit allem rato & grato
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/426>, abgerufen am 27.07.2024.
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