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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

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Hoff-Ceremoniel.
aus Niederland nach Spanien reisenden Caval-
lier, welcher ein Domestique des Grafen von
Fuensaldagne war, in das Zimmer des Cardinals
kommen, unterschriebe, untersiegelte, und über-
gab sein Plein-Pouvoir dem gemelten Lionne
in dessen Gegenwart, und als solches geschehen,
wandete sich der König zu dem Spanischen Gen-
til-homme,
zu ihme sagende: Jhr könt den
König euren Herrn versichern, daß ich gegen-
wärtigen Lionne, welchen ihr sehet, zu meinem
Plenipotentiario mache, den Frieden zu schlies-
sen, und daß ich sehnlich wünsche, es möchte selbi-
ger eylfertig vollzogen werden: damit ich in den
Stand gedeye, dem König meinem Vetter wahre
Kenn-Zeichen meiner Affection und Freund-
schafft zu erweisen. Lionne gieng hierauf, auf
Befehl seines Königes und des Cardinals Maza-
rin,
in der Qualite eines Kauffmanns in geringer
Kleidung und Bedienung nach Madrit: und man
könte es, wo nicht für eine Prudentz, dennoch für
ein Omen auslegen, daß dieser verstellte Kauff-
mann damahlen mehr für Franckreich negotiret,
als alle gescheuteste und veritable Kauffleute in
Franckreich nicht hätten thun können. Denn er fing
den Handel umb die Spanische Princeßin an,
welchen Mazarin nachgehends vollführet, und ei-
ner wie der andere hypothecam constituireten,
daß Spanien vermittelst dieser Braut, an Franck-
reich gleichsam versetzet wurde. Die Zeiten wel-

che

Hoff-Ceremoniel.
aus Niederland nach Spanien reiſenden Caval-
lier, welcher ein Domeſtique des Grafen von
Fuenſaldagne war, in das Zimmer des Cardinals
kommen, unterſchriebe, unterſiegelte, und uͤber-
gab ſein Plein-Pouvoir dem gemelten Lionne
in deſſen Gegenwart, und als ſolches geſchehen,
wandete ſich der Koͤnig zu dem Spaniſchen Gen-
til-homme,
zu ihme ſagende: Jhr koͤnt den
Koͤnig euren Herrn verſichern, daß ich gegen-
waͤrtigen Lionne, welchen ihr ſehet, zu meinem
Plenipotentiario mache, den Frieden zu ſchlieſ-
ſen, und daß ich ſehnlich wuͤnſche, es moͤchte ſelbi-
ger eylfertig vollzogen werden: damit ich in den
Stand gedeye, dem Koͤnig meinem Vetter wahre
Kenn-Zeichen meiner Affection und Freund-
ſchafft zu erweiſen. Lionne gieng hierauf, auf
Befehl ſeines Koͤniges und des Cardinals Maza-
rin,
in der Qualité eines Kauffmanns in geringer
Kleidung und Bedienung nach Madrit: und man
koͤnte es, wo nicht fuͤr eine Prudentz, dennoch fuͤr
ein Omen auslegen, daß dieſer verſtellte Kauff-
mann damahlen mehr fuͤr Franckreich negotiret,
als alle geſcheuteſte und veritable Kauffleute in
Franckreich nicht haͤtten thun koͤnnen. Deñ er fing
den Handel umb die Spaniſche Princeßin an,
welchen Mazarin nachgehends vollfuͤhret, und ei-
ner wie der andere hypothecam conſtituireten,
daß Spanien vermittelſt dieſer Braut, an Franck-
reich gleichſam verſetzet wurde. Die Zeiten wel-

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[399/0427] Hoff-Ceremoniel. aus Niederland nach Spanien reiſenden Caval- lier, welcher ein Domeſtique des Grafen von Fuenſaldagne war, in das Zimmer des Cardinals kommen, unterſchriebe, unterſiegelte, und uͤber- gab ſein Plein-Pouvoir dem gemelten Lionne in deſſen Gegenwart, und als ſolches geſchehen, wandete ſich der Koͤnig zu dem Spaniſchen Gen- til-homme, zu ihme ſagende: Jhr koͤnt den Koͤnig euren Herrn verſichern, daß ich gegen- waͤrtigen Lionne, welchen ihr ſehet, zu meinem Plenipotentiario mache, den Frieden zu ſchlieſ- ſen, und daß ich ſehnlich wuͤnſche, es moͤchte ſelbi- ger eylfertig vollzogen werden: damit ich in den Stand gedeye, dem Koͤnig meinem Vetter wahre Kenn-Zeichen meiner Affection und Freund- ſchafft zu erweiſen. Lionne gieng hierauf, auf Befehl ſeines Koͤniges und des Cardinals Maza- rin, in der Qualité eines Kauffmanns in geringer Kleidung und Bedienung nach Madrit: und man koͤnte es, wo nicht fuͤr eine Prudentz, dennoch fuͤr ein Omen auslegen, daß dieſer verſtellte Kauff- mann damahlen mehr fuͤr Franckreich negotiret, als alle geſcheuteſte und veritable Kauffleute in Franckreich nicht haͤtten thun koͤnnen. Deñ er fing den Handel umb die Spaniſche Princeßin an, welchen Mazarin nachgehends vollfuͤhret, und ei- ner wie der andere hypothecam conſtituireten, daß Spanien vermittelſt dieſer Braut, an Franck- reich gleichſam verſetzet wurde. Die Zeiten wel- che

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Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/427>, abgerufen am 22.11.2024.