Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.Europäisches mehr in seinem Hertzen so sensible seyn könte, alssie vor dem gewesen; jedoch dafern etwan der projectirte Pyrenäische Friede, und die Heurath mit der Infantin nicht ihren Fortgang gewinnen könte: so solte alsdenn niemand anders Königin von Franckreich werden, als die Princeßin Mar- garetha. Welche Erklärung der Princeßin zu schlechten Trost gedeyen kunte; indem sie sich durch eine so beschwerliche Reise nach Lion bege- ben: daselbst dem gantzen Europa als eine Can- didatin der Ehe mit Ludovici XIV. exponiret: nun aber nichts anders dadurch als eine Abwei- sung erhalten hatte; dannenhero selbige gar mal- content wiederum zurücke nach Turin kehren muste. Es wollen zwar einige versichern, daß die Hertzogin von Savoyen selbst dem Ludovico XIV. solle gerathen haben, die Heurath mit der Infantin, ihrer Princeßin Margarethae vorzuzie- hen; im fall durch selbige nur Frieden zwischen Spanien, und Franckreich etabliret werden kön- te. Und ob es gleich scheinet, daß hochgemeldte Hertzogin, durch diese Erklärung ihr eigen Inte- resse negligiret; so thate sie doch dadurch was sich damahls nicht anders thun lassen wolte. Denn was würde es geholffen haben, wenn sie sich etwan darüber formalisiren wollen? daß sie aber von Grund des Hertzens also geredet, wird schwerlich geglaubet werden können. §. 7. Hier-
Europaͤiſches mehr in ſeinem Hertzen ſo ſenſible ſeyn koͤnte, alsſie vor dem geweſen; jedoch dafern etwan der projectirte Pyrenaͤiſche Friede, und die Heurath mit der Infantin nicht ihren Fortgang gewinnen koͤnte: ſo ſolte alsdenn niemand anders Koͤnigin von Franckreich werden, als die Princeßin Mar- garetha. Welche Erklaͤrung der Princeßin zu ſchlechten Troſt gedeyen kunte; indem ſie ſich durch eine ſo beſchwerliche Reiſe nach Lion bege- ben: daſelbſt dem gantzen Europa als eine Can- didatin der Ehe mit Ludovici XIV. exponiret: nun aber nichts anders dadurch als eine Abwei- ſung erhalten hatte; dannenhero ſelbige gar mal- content wiederum zuruͤcke nach Turin kehren muſte. Es wollen zwar einige verſichern, daß die Hertzogin von Savoyen ſelbſt dem Ludovico XIV. ſolle gerathen haben, die Heurath mit der Infantin, ihrer Princeßin Margarethæ vorzuzie- hen; im fall durch ſelbige nur Frieden zwiſchen Spanien, und Franckreich etabliret werden koͤn- te. Und ob es gleich ſcheinet, daß hochgemeldte Hertzogin, durch dieſe Erklaͤrung ihr eigen Inte- reſſe negligiret; ſo thate ſie doch dadurch was ſich damahls nicht anders thun laſſen wolte. Deñ was wuͤrde es geholffen haben, wenn ſie ſich etwan daruͤber formaliſiren wollen? daß ſie aber von Grund des Hertzens alſo geredet, wird ſchwerlich geglaubet werden koͤnnen. §. 7. Hier-
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Europaͤiſches
mehr in ſeinem Hertzen ſo ſenſible ſeyn koͤnte, als
ſie vor dem geweſen; jedoch dafern etwan der
projectirte Pyrenaͤiſche Friede, und die Heurath
mit der Infantin nicht ihren Fortgang gewinnen
koͤnte: ſo ſolte alsdenn niemand anders Koͤnigin
von Franckreich werden, als die Princeßin Mar-
garetha. Welche Erklaͤrung der Princeßin zu
ſchlechten Troſt gedeyen kunte; indem ſie ſich
durch eine ſo beſchwerliche Reiſe nach Lion bege-
ben: daſelbſt dem gantzen Europa als eine Can-
didatin der Ehe mit Ludovici XIV. exponiret:
nun aber nichts anders dadurch als eine Abwei-
ſung erhalten hatte; dannenhero ſelbige gar mal-
content wiederum zuruͤcke nach Turin kehren
muſte. Es wollen zwar einige verſichern, daß
die Hertzogin von Savoyen ſelbſt dem Ludovico
XIV. ſolle gerathen haben, die Heurath mit der
Infantin, ihrer Princeßin Margarethæ vorzuzie-
hen; im fall durch ſelbige nur Frieden zwiſchen
Spanien, und Franckreich etabliret werden koͤn-
te. Und ob es gleich ſcheinet, daß hochgemeldte
Hertzogin, durch dieſe Erklaͤrung ihr eigen Inte-
reſſe negligiret; ſo thate ſie doch dadurch was ſich
damahls nicht anders thun laſſen wolte. Deñ was
wuͤrde es geholffen haben, wenn ſie ſich etwan
daruͤber formaliſiren wollen? daß ſie aber von
Grund des Hertzens alſo geredet, wird ſchwerlich
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