Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.Hoff-Ceremoniel. Mons. de Lionne einen Brieff, welchen ihmeseine Frau aus Spanien geschrieben, en confi- dence zeigete: in welchem enthalten war, daß der König Philippus IV. so wenig seine Infantin Mariam Theresiam unbegleitet von Madrit würde weggehen lassen, als wenig sein Herr Va- ter Philippus III. seine Princeßin Annam Mari- am, Ludovici XIII. in Franckreich Gemahlin unbegleitet von sich gelassen hätte; massen er seine Princeßin und Tochter eben so hertzlich liebe, als Philippus III. die seine geliebet. Und diese Beglei- tung erfolgete auch endlich in der That. Jedoch wurde auch zum Voraus abgeredet, daß ein jeder der beyden Könige bey seiner Ankunfft auf der Conferentz-Jnsul, nicht mehr Personen mit sich bringen möchte, als derer nur etwan zu dero Be- dienung unentbehrlich von nöthen; denn dieses würde nicht nur grosse Depenses, sondern auch alle Disordre, welche die Menge verursachen könte, verhüten. Bey dieser Bedingung machte der Cardinal einen politischen Streich, dessen er sich selbst in einem an den Mons. Tellier gesende- ten Schreiben rühmete, und bekante, daß er den Don Louis dißfals hintergangen; indem er sel- bigem weiß gemacht, daß sein König Ludovicus XIV. sich gegen die Grossen seines Reichs, welche ihn begleiten wolten, bedancket, so daß sie genöthi- get wären zurücke zu bleiben; da er doch in eben demselben Schreiben bekennete, daß der Königl. Fran- E e 2
Hoff-Ceremoniel. Monſ. de Lionne einen Brieff, welchen ihmeſeine Frau aus Spanien geſchrieben, en confi- dence zeigete: in welchem enthalten war, daß der Koͤnig Philippus IV. ſo wenig ſeine Infantin Mariam Thereſiam unbegleitet von Madrit wuͤrde weggehen laſſen, als wenig ſein Herr Va- ter Philippus III. ſeine Princeßin Annam Mari- am, Ludovici XIII. in Franckreich Gemahlin unbegleitet von ſich gelaſſen haͤtte; maſſen er ſeine Princeßin und Tochter eben ſo hertzlich liebe, als Philippus III. die ſeine geliebet. Und dieſe Beglei- tung erfolgete auch endlich in der That. Jedoch wurde auch zum Voraus abgeredet, daß ein jeder der beyden Koͤnige bey ſeiner Ankunfft auf der Conferentz-Jnſul, nicht mehr Perſonen mit ſich bringen moͤchte, als derer nur etwan zu dero Be- dienung unentbehrlich von noͤthen; denn dieſes wuͤrde nicht nur groſſe Depenſes, ſondern auch alle Diſordre, welche die Menge verurſachen koͤnte, verhuͤten. Bey dieſer Bedingung machte der Cardinal einen politiſchen Streich, deſſen er ſich ſelbſt in einem an den Monſ. Tellier geſende- ten Schreiben ruͤhmete, und bekante, daß er den Don Louis dißfals hintergangen; indem er ſel- bigem weiß gemacht, daß ſein Koͤnig Ludovicus XIV. ſich gegen die Groſſen ſeines Reichs, welche ihn begleiten wolten, bedancket, ſo daß ſie genoͤthi- get waͤren zuruͤcke zu bleiben; da er doch in eben demſelben Schreiben bekennete, daß der Koͤnigl. Fran- E e 2
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Hoff-Ceremoniel.
Monſ. de Lionne einen Brieff, welchen ihme
ſeine Frau aus Spanien geſchrieben, en confi-
dence zeigete: in welchem enthalten war, daß der
Koͤnig Philippus IV. ſo wenig ſeine Infantin
Mariam Thereſiam unbegleitet von Madrit
wuͤrde weggehen laſſen, als wenig ſein Herr Va-
ter Philippus III. ſeine Princeßin Annam Mari-
am, Ludovici XIII. in Franckreich Gemahlin
unbegleitet von ſich gelaſſen haͤtte; maſſen er ſeine
Princeßin und Tochter eben ſo hertzlich liebe, als
Philippus III. die ſeine geliebet. Und dieſe Beglei-
tung erfolgete auch endlich in der That. Jedoch
wurde auch zum Voraus abgeredet, daß ein jeder
der beyden Koͤnige bey ſeiner Ankunfft auf der
Conferentz-Jnſul, nicht mehr Perſonen mit ſich
bringen moͤchte, als derer nur etwan zu dero Be-
dienung unentbehrlich von noͤthen; denn dieſes
wuͤrde nicht nur groſſe Depenſes, ſondern auch
alle Diſordre, welche die Menge verurſachen
koͤnte, verhuͤten. Bey dieſer Bedingung machte
der Cardinal einen politiſchen Streich, deſſen er
ſich ſelbſt in einem an den Monſ. Tellier geſende-
ten Schreiben ruͤhmete, und bekante, daß er den
Don Louis dißfals hintergangen; indem er ſel-
bigem weiß gemacht, daß ſein Koͤnig Ludovicus
XIV. ſich gegen die Groſſen ſeines Reichs, welche
ihn begleiten wolten, bedancket, ſo daß ſie genoͤthi-
get waͤren zuruͤcke zu bleiben; da er doch in eben
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