Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Hoff-Ceremoniel.
Kayserl. Herren Gesandten setzten, vorstellende:
daß es eine lange und beständige Gewohnheit ge-
wesen, daß man die caracterisireten Ministros
einer zusammengehörigen Ambassade, in den
Rang nicht von einander separiret hätte; wurde
also hierdurch Don Quiros von seinem Gesuch
abgewiesen. Weil nun dieser Ceremonien-
Streit so gar überhand nahm, und man besorge-
te, es würde selbiger allerhand Uneinigkeit, und
dem Friedens-Negotio grosse Verzögerung ver-
ursachen; bate sich der Lothringische alte Etats-
Minister und Praesident, Mons. Canon, die Er-
laubniß aus, einige Worte fürzubringen: und als
man ihn anzuhören beliebet hatte, hielte er folgen-
den wohlgemeynten Discours:
Meine Herren,

Mein hohes Alter und grosse Leibes-Schwach-
heit erlauben mir zwar nicht viel zu reden, dannen-
hero ich nur dieses erinnern und sagen wollen: daß
wir allhier einen Frieden zu schliessen, nicht aber
den Rang zu disputiren und einzurichten versamm-
let sind; Einmahl ist gewiß, daß alle Potentaten
in der Welt dem Röm. Deutschen Kayser, die
Praecedentz für ihnen zugestehen: und ist nicht ein
einiger der ihm selbige disputire, so gar auch seine
und unsere Feinde nicht. Uber dieses haben die
zu diesem Frieden authorisirete Ministri, durch
Vermittelung unsers Mediatoris, unter sich ein-
müthig abgeredet und beschlossen: daß keine Ti-

tula-
R r 2

Hoff-Ceremoniel.
Kayſerl. Herren Geſandten ſetzten, vorſtellende:
daß es eine lange und beſtaͤndige Gewohnheit ge-
weſen, daß man die caracteriſireten Miniſtros
einer zuſammengehoͤrigen Ambaſſade, in den
Rang nicht von einander ſepariret haͤtte; wurde
alſo hierdurch Don Quiros von ſeinem Geſuch
abgewieſen. Weil nun dieſer Ceremonien-
Streit ſo gar uͤberhand nahm, und man beſorge-
te, es wuͤrde ſelbiger allerhand Uneinigkeit, und
dem Friedens-Negotio groſſe Verzoͤgerung ver-
urſachen; bate ſich der Lothringiſche alte Etats-
Miniſter und Præſident, Monſ. Canon, die Er-
laubniß aus, einige Worte fuͤrzubringen: und als
man ihn anzuhoͤren beliebet hatte, hielte er folgen-
den wohlgemeynten Diſcours:
Meine Herren,

Mein hohes Alter und groſſe Leibes-Schwach-
heit erlauben mir zwar nicht viel zu reden, dannen-
hero ich nur dieſes erinnern und ſagen wollen: daß
wir allhier einen Frieden zu ſchlieſſen, nicht aber
den Rang zu diſputiren und einzurichten verſam̃-
let ſind; Einmahl iſt gewiß, daß alle Potentaten
in der Welt dem Roͤm. Deutſchen Kayſer, die
Præcedentz fuͤr ihnen zugeſtehen: und iſt nicht ein
einiger der ihm ſelbige diſputire, ſo gar auch ſeine
und unſere Feinde nicht. Uber dieſes haben die
zu dieſem Frieden authoriſirete Miniſtri, durch
Vermittelung unſers Mediatoris, unter ſich ein-
muͤthig abgeredet und beſchloſſen: daß keine Ti-

tula-
R r 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0655" n="627"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hoff-<hi rendition="#aq">Ceremoniel.</hi></hi></fw><lb/>
Kay&#x017F;erl. Herren Ge&#x017F;andten &#x017F;etzten, vor&#x017F;tellende:<lb/>
daß es eine lange und be&#x017F;ta&#x0364;ndige Gewohnheit ge-<lb/>
we&#x017F;en, daß man die <hi rendition="#aq">caracteri&#x017F;ir</hi>eten <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tros</hi><lb/>
einer zu&#x017F;ammengeho&#x0364;rigen <hi rendition="#aq">Amba&#x017F;&#x017F;ad</hi>e, in den<lb/>
Rang nicht von einander <hi rendition="#aq">&#x017F;eparir</hi>et ha&#x0364;tte; wurde<lb/>
al&#x017F;o hierdurch <hi rendition="#aq">Don Quiros</hi> von &#x017F;einem Ge&#x017F;uch<lb/>
abgewie&#x017F;en. Weil nun die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Ceremoni</hi>en-<lb/>
Streit &#x017F;o gar u&#x0364;berhand nahm, und man be&#x017F;orge-<lb/>
te, es wu&#x0364;rde &#x017F;elbiger allerhand Uneinigkeit, und<lb/>
dem Friedens-<hi rendition="#aq">Negotio</hi> gro&#x017F;&#x017F;e Verzo&#x0364;gerung ver-<lb/>
ur&#x017F;achen; bate &#x017F;ich der Lothringi&#x017F;che alte <hi rendition="#aq">Etat</hi>s-<lb/><hi rendition="#aq">Mini&#x017F;ter</hi> und <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;ident, Mon&#x017F;. Canon,</hi> die Er-<lb/>
laubniß aus, einige Worte fu&#x0364;rzubringen: und als<lb/>
man ihn anzuho&#x0364;ren beliebet hatte, hielte er folgen-<lb/>
den wohlgemeynten <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cour</hi>s:<lb/><hi rendition="#et">Meine Herren,</hi></p><lb/>
            <p>Mein hohes Alter und gro&#x017F;&#x017F;e Leibes-Schwach-<lb/>
heit erlauben mir zwar nicht viel zu reden, dannen-<lb/>
hero ich nur die&#x017F;es erinnern und &#x017F;agen wollen: daß<lb/>
wir allhier einen Frieden zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, nicht aber<lb/>
den Rang zu <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>en und einzurichten ver&#x017F;am&#x0303;-<lb/>
let &#x017F;ind; Einmahl i&#x017F;t gewiß, daß alle Potentaten<lb/>
in der Welt dem Ro&#x0364;m. Deut&#x017F;chen Kay&#x017F;er, die<lb/><hi rendition="#aq">Præceden</hi>tz fu&#x0364;r ihnen zuge&#x017F;tehen: und i&#x017F;t nicht ein<lb/>
einiger der ihm &#x017F;elbige <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>e, &#x017F;o gar auch &#x017F;eine<lb/>
und un&#x017F;ere Feinde nicht. Uber die&#x017F;es haben die<lb/>
zu die&#x017F;em Frieden <hi rendition="#aq">authori&#x017F;ir</hi>ete <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tri,</hi> durch<lb/>
Vermittelung un&#x017F;ers <hi rendition="#aq">Mediatoris,</hi> unter &#x017F;ich ein-<lb/>
mu&#x0364;thig abgeredet und be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en: daß keine <hi rendition="#aq">Ti-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">tula-</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[627/0655] Hoff-Ceremoniel. Kayſerl. Herren Geſandten ſetzten, vorſtellende: daß es eine lange und beſtaͤndige Gewohnheit ge- weſen, daß man die caracteriſireten Miniſtros einer zuſammengehoͤrigen Ambaſſade, in den Rang nicht von einander ſepariret haͤtte; wurde alſo hierdurch Don Quiros von ſeinem Geſuch abgewieſen. Weil nun dieſer Ceremonien- Streit ſo gar uͤberhand nahm, und man beſorge- te, es wuͤrde ſelbiger allerhand Uneinigkeit, und dem Friedens-Negotio groſſe Verzoͤgerung ver- urſachen; bate ſich der Lothringiſche alte Etats- Miniſter und Præſident, Monſ. Canon, die Er- laubniß aus, einige Worte fuͤrzubringen: und als man ihn anzuhoͤren beliebet hatte, hielte er folgen- den wohlgemeynten Diſcours: Meine Herren, Mein hohes Alter und groſſe Leibes-Schwach- heit erlauben mir zwar nicht viel zu reden, dannen- hero ich nur dieſes erinnern und ſagen wollen: daß wir allhier einen Frieden zu ſchlieſſen, nicht aber den Rang zu diſputiren und einzurichten verſam̃- let ſind; Einmahl iſt gewiß, daß alle Potentaten in der Welt dem Roͤm. Deutſchen Kayſer, die Præcedentz fuͤr ihnen zugeſtehen: und iſt nicht ein einiger der ihm ſelbige diſputire, ſo gar auch ſeine und unſere Feinde nicht. Uber dieſes haben die zu dieſem Frieden authoriſirete Miniſtri, durch Vermittelung unſers Mediatoris, unter ſich ein- muͤthig abgeredet und beſchloſſen: daß keine Ti- tula- R r 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/655
Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/655>, abgerufen am 22.11.2024.