Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Europäisches
tulatur, gebrauchtes oder unterlassenes Ceremo-
niel,
jemanden zum Praejuditz gereichen solle;
welche Acte man für etwas gar Vernünftiges er-
achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle
Praetensiones des Sitzes und Vorsitzes, welche
einer oder der andere ihm zuständig zu seyn mey-
net, dadurch salviret werden. Mich selbst an-
belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge-
hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas
der Königin, meiner Frauen, noch dem Durch-
lauchtigsten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou-
verain
ist, zum Praejuditz geschehe, und dieses ist
genug. Ausser dem aber würde ich sagen: daß
ich den König von Jerusalem repraesentire: ein
anderer würde kommen und sich König von Cy-
pern nennen: die Herren General-Staaten wür-
den behaupten wollen, daß Sie Könige über viele
Königreiche in Jndien, welches Sie auch in der
That sind; Allein hiervon ist in Gegenwart
nicht die Rede. Denn wie schon gemeldet, sind
wir anitzo nicht allhier versammlet de Gloria
Mundi
zu disputiren, und selbige zu regliren: son-
dern nur einen Frieden einmüthig zu schliessen; wel-
cher auch geschlossen und von GOTT verliehen
werden wird, im Fall wir diesen GOtt, uns Ho-
hen Alliirten beywohnend haben werden, etc.

Dieser an sich selbst wohlgemeynte, von einem
alten Minister ausgesprochene Discours, wurde
zwar von allen Gegenwärtigen angehöret, nicht aber

deß-

Europaͤiſches
tulatur, gebrauchtes oder unterlaſſenes Ceremo-
niel,
jemanden zum Præjuditz gereichen ſolle;
welche Acte man fuͤr etwas gar Vernuͤnftiges er-
achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle
Prætenſiones des Sitzes und Vorſitzes, welche
einer oder der andere ihm zuſtaͤndig zu ſeyn mey-
net, dadurch ſalviret werden. Mich ſelbſt an-
belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge-
hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas
der Koͤnigin, meiner Frauen, noch dem Durch-
lauchtigſten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou-
verain
iſt, zum Præjuditz geſchehe, und dieſes iſt
genug. Auſſer dem aber wuͤrde ich ſagen: daß
ich den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire: ein
anderer wuͤrde kommen und ſich Koͤnig von Cy-
pern nennen: die Herren General-Staaten wuͤr-
den behaupten wollen, daß Sie Koͤnige uͤber viele
Koͤnigreiche in Jndien, welches Sie auch in der
That ſind; Allein hiervon iſt in Gegenwart
nicht die Rede. Denn wie ſchon gemeldet, ſind
wir anitzo nicht allhier verſammlet de Gloria
Mundi
zu diſputiren, und ſelbige zu regliren: ſon-
dern nur einen Frieden einmuͤthig zu ſchlieſſen; wel-
cher auch geſchloſſen und von GOTT verliehen
werden wird, im Fall wir dieſen GOtt, uns Ho-
hen Alliirten beywohnend haben werden, ꝛc.

Dieſer an ſich ſelbſt wohlgemeynte, von einem
alten Miniſter ausgeſprochene Diſcours, wurde
zwar von allẽ Gegenwaͤrtigẽ angehoͤret, nicht aber

deß-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0656" n="628"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Europa&#x0364;i&#x017F;ches</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">tulat</hi>ur, gebrauchtes oder unterla&#x017F;&#x017F;enes <hi rendition="#aq">Ceremo-<lb/>
niel,</hi> jemanden zum <hi rendition="#aq">Præjudi</hi>tz gereichen &#x017F;olle;<lb/>
welche <hi rendition="#aq">Act</hi>e man fu&#x0364;r etwas gar Vernu&#x0364;nftiges er-<lb/>
achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle<lb/><hi rendition="#aq">Præten&#x017F;iones</hi> des Sitzes und Vor&#x017F;itzes, welche<lb/>
einer oder der andere ihm zu&#x017F;ta&#x0364;ndig zu &#x017F;eyn mey-<lb/>
net, dadurch <hi rendition="#aq">&#x017F;alvir</hi>et werden. Mich &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge-<lb/>
hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas<lb/>
der Ko&#x0364;nigin, meiner Frauen, noch dem Durch-<lb/>
lauchtig&#x017F;ten Hertzog, ihrem Sohne, welcher <hi rendition="#aq">Sou-<lb/>
verain</hi> i&#x017F;t, zum <hi rendition="#aq">Præjudi</hi>tz ge&#x017F;chehe, und die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
genug. Au&#x017F;&#x017F;er dem aber wu&#x0364;rde ich &#x017F;agen: daß<lb/>
ich den Ko&#x0364;nig von Jeru&#x017F;alem <hi rendition="#aq">repræ&#x017F;entir</hi>e: ein<lb/>
anderer wu&#x0364;rde kommen und &#x017F;ich Ko&#x0364;nig von Cy-<lb/>
pern nennen: die Herren General-Staaten wu&#x0364;r-<lb/>
den behaupten wollen, daß Sie Ko&#x0364;nige u&#x0364;ber viele<lb/>
Ko&#x0364;nigreiche in Jndien, welches Sie auch in der<lb/>
That &#x017F;ind; Allein hiervon i&#x017F;t in Gegenwart<lb/>
nicht die Rede. Denn wie &#x017F;chon gemeldet, &#x017F;ind<lb/>
wir anitzo nicht allhier ver&#x017F;ammlet <hi rendition="#aq">de Gloria<lb/>
Mundi</hi> zu <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>en, und &#x017F;elbige zu <hi rendition="#aq">reglir</hi>en: &#x017F;on-<lb/>
dern nur einen Frieden einmu&#x0364;thig zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en; wel-<lb/>
cher auch ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und von GOTT verliehen<lb/>
werden wird, im Fall wir die&#x017F;en GOtt, uns Ho-<lb/>
hen Alliirten beywohnend haben werden, &#xA75B;c.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wohlgemeynte, von einem<lb/>
alten Mini&#x017F;ter ausge&#x017F;prochene <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours,</hi> wurde<lb/>
zwar von alle&#x0303; Gegenwa&#x0364;rtige&#x0303; angeho&#x0364;ret, nicht aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">deß-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[628/0656] Europaͤiſches tulatur, gebrauchtes oder unterlaſſenes Ceremo- niel, jemanden zum Præjuditz gereichen ſolle; welche Acte man fuͤr etwas gar Vernuͤnftiges er- achtet: und aus welcher richtig folget, daß alle Prætenſiones des Sitzes und Vorſitzes, welche einer oder der andere ihm zuſtaͤndig zu ſeyn mey- net, dadurch ſalviret werden. Mich ſelbſt an- belangende, begehre ich nicht jemanden vorzuge- hen: allein ich kan auch nicht zugeben, daß etwas der Koͤnigin, meiner Frauen, noch dem Durch- lauchtigſten Hertzog, ihrem Sohne, welcher Sou- verain iſt, zum Præjuditz geſchehe, und dieſes iſt genug. Auſſer dem aber wuͤrde ich ſagen: daß ich den Koͤnig von Jeruſalem repræſentire: ein anderer wuͤrde kommen und ſich Koͤnig von Cy- pern nennen: die Herren General-Staaten wuͤr- den behaupten wollen, daß Sie Koͤnige uͤber viele Koͤnigreiche in Jndien, welches Sie auch in der That ſind; Allein hiervon iſt in Gegenwart nicht die Rede. Denn wie ſchon gemeldet, ſind wir anitzo nicht allhier verſammlet de Gloria Mundi zu diſputiren, und ſelbige zu regliren: ſon- dern nur einen Frieden einmuͤthig zu ſchlieſſen; wel- cher auch geſchloſſen und von GOTT verliehen werden wird, im Fall wir dieſen GOtt, uns Ho- hen Alliirten beywohnend haben werden, ꝛc. Dieſer an ſich ſelbſt wohlgemeynte, von einem alten Miniſter ausgeſprochene Diſcours, wurde zwar von allẽ Gegenwaͤrtigẽ angehoͤret, nicht aber deß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/656
Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/656>, abgerufen am 22.11.2024.