Stoslai unächter Sohn Woldemir aufs neue, und zwar durch folgende Gelegenheit das Christenthum angenommen und eingefüh- ret. Er hatte seine zwey Brüder, welche aus ehelicher Geburth waren, Olega und Javo- polck überwunden, und nachdem er den letz- tern erschlagen, dessen Frau, die ehemahlen ei- ne Religieuse in Griechenland gewesen war, beschlaffen, und anbey wohl 800. Kebs-Wei- ber gehalten, und war mit einem Worte, ein recht Heydnischer und wilder Regente. Weil er sich aber gantz Reußland, welches vorher in unterschiedene Herrschafften ware zertheilet gewesen, unterwürffig, und sich bey andern, Potentaten ansehnlich und formidable ge- macht, sendeten einige an ihn, und liessen ihme zu seinem mächtigen Regiment gratuliren, anbey aber auch ersuchen den Christl. Glau- ben anzunehmen, welches Ansuchen er auch bey sich statt finden, weil aber im Christen- thum allerhand Secten befindlich waren, sich erkundigen ließ, welche Art der Christlichen Religion die beste und ihm gefälligste seyn möchte, da er dann die Griechische oder Con- stantinopolitanische, welcher seine Groß-Mut- ter die Ola auch schon war zugethan gewesen, allen andern vorzoge, und demnach an den Constantinopolitanischen Kayser Basilium und Constantinum eine Gesandschafft ab-
fer-
Europaͤiſches
Stoslai unaͤchter Sohn Woldemir aufs neue, und zwar durch folgende Gelegenheit das Chriſtenthum angenommen und eingefuͤh- ret. Er hatte ſeine zwey Bruͤder, welche aus ehelicher Geburth waren, Olega und Javo- polck uͤberwunden, und nachdem er den letz- tern erſchlagen, deſſen Frau, die ehemahlen ei- ne Religieuſe in Griechenland geweſen war, beſchlaffen, und anbey wohl 800. Kebs-Wei- ber gehalten, und war mit einem Worte, ein recht Heydniſcher und wilder Regente. Weil er ſich aber gantz Reußland, welches vorher in unterſchiedene Herrſchafften ware zertheilet geweſen, unterwuͤrffig, und ſich bey andern, Potentaten anſehnlich und formidable ge- macht, ſendeten einige an ihn, und lieſſen ihme zu ſeinem maͤchtigen Regiment gratuliren, anbey aber auch erſuchen den Chriſtl. Glau- ben anzunehmen, welches Anſuchen er auch bey ſich ſtatt finden, weil aber im Chriſten- thum allerhand Secten befindlich waren, ſich erkundigen ließ, welche Art der Chriſtlichen Religion die beſte und ihm gefaͤlligſte ſeyn moͤchte, da er dann die Griechiſche oder Con- ſtantinopolitaniſche, welcher ſeine Groß-Mut- ter die Ola auch ſchon war zugethan geweſen, allen andern vorzoge, und demnach an den Conſtantinopolitaniſchen Kayſer Baſilium und Conſtantinum eine Geſandſchafft ab-
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[54/0082]
Europaͤiſches
Stoslai unaͤchter Sohn Woldemir aufs
neue, und zwar durch folgende Gelegenheit
das Chriſtenthum angenommen und eingefuͤh-
ret. Er hatte ſeine zwey Bruͤder, welche aus
ehelicher Geburth waren, Olega und Javo-
polck uͤberwunden, und nachdem er den letz-
tern erſchlagen, deſſen Frau, die ehemahlen ei-
ne Religieuſe in Griechenland geweſen war,
beſchlaffen, und anbey wohl 800. Kebs-Wei-
ber gehalten, und war mit einem Worte, ein
recht Heydniſcher und wilder Regente. Weil
er ſich aber gantz Reußland, welches vorher in
unterſchiedene Herrſchafften ware zertheilet
geweſen, unterwuͤrffig, und ſich bey andern,
Potentaten anſehnlich und formidable ge-
macht, ſendeten einige an ihn, und lieſſen ihme
zu ſeinem maͤchtigen Regiment gratuliren,
anbey aber auch erſuchen den Chriſtl. Glau-
ben anzunehmen, welches Anſuchen er auch
bey ſich ſtatt finden, weil aber im Chriſten-
thum allerhand Secten befindlich waren, ſich
erkundigen ließ, welche Art der Chriſtlichen
Religion die beſte und ihm gefaͤlligſte ſeyn
moͤchte, da er dann die Griechiſche oder Con-
ſtantinopolitaniſche, welcher ſeine Groß-Mut-
ter die Ola auch ſchon war zugethan geweſen,
allen andern vorzoge, und demnach an den
Conſtantinopolitaniſchen Kayſer Baſilium
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/82>, abgerufen am 21.11.2024.
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