Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.griff, ich zog, und es schellte von Innen. Gleich darauf ertönte nicht etwa ein Bellen, sondern zwei Stöße jenes tiefen, entschlossenen und neugierigen Schnaufens edler Hunde -- ein dumpfer Sprung -- und der größte schönste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe, stand von Innen an dem Gitter. Er stellte sich auf die Hinterfüße, faßte mit den vorderen die eisernen Stangen und sah auf mich heraus, ohne nur den geringsten Laut zu geben, wie es die ernste Art dieser Thiere gewohnt ist. Bald kamen murrend und jagend noch zwei kleinere und jüngere derselben Gattung, glatte Bulldoggen, und alle schauten unverwandt auf mich. Nach einer Weile hörte ich auch nahende Menschentritte, und ein Mann im zottigen Pelze kam und fragte um mein Begehren. Ich entgegnete, ob ich in Uwar sei, und nannte meinen Namen. Er mußte Weisung haben; denn sofort beschwichtigte er mit ungarischen Worten die Hunde und öffnete dann das Gitter. Der Herr hat Briefe von Euch und erwartet Euch schon lange, sagte der Mann, als wir weiter gingen. Ich habe ihm ja geschrieben, daß ich mir Euer Land ansehen wolle, antwortete ich. Und das habt Ihr lange angesehen, sagte er. Freilich, antwortete ich. Ist der Herr Major noch wach? Er ist gar nicht zu Hause, sondern in der Sitzung. Morgen früh wird er herüber reiten. Für Euch hat er drei Zimmer richten lassen und gesagt, daß wir Euch griff, ich zog, und es schellte von Innen. Gleich darauf ertönte nicht etwa ein Bellen, sondern zwei Stöße jenes tiefen, entschlossenen und neugierigen Schnaufens edler Hunde — ein dumpfer Sprung — und der größte schönste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe, stand von Innen an dem Gitter. Er stellte sich auf die Hinterfüße, faßte mit den vorderen die eisernen Stangen und sah auf mich heraus, ohne nur den geringsten Laut zu geben, wie es die ernste Art dieser Thiere gewohnt ist. Bald kamen murrend und jagend noch zwei kleinere und jüngere derselben Gattung, glatte Bulldoggen, und alle schauten unverwandt auf mich. Nach einer Weile hörte ich auch nahende Menschentritte, und ein Mann im zottigen Pelze kam und fragte um mein Begehren. Ich entgegnete, ob ich in Uwar sei, und nannte meinen Namen. Er mußte Weisung haben; denn sofort beschwichtigte er mit ungarischen Worten die Hunde und öffnete dann das Gitter. Der Herr hat Briefe von Euch und erwartet Euch schon lange, sagte der Mann, als wir weiter gingen. Ich habe ihm ja geschrieben, daß ich mir Euer Land ansehen wolle, antwortete ich. Und das habt Ihr lange angesehen, sagte er. Freilich, antwortete ich. Ist der Herr Major noch wach? Er ist gar nicht zu Hause, sondern in der Sitzung. Morgen früh wird er herüber reiten. Für Euch hat er drei Zimmer richten lassen und gesagt, daß wir Euch <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0025"/> griff, ich zog, und es schellte von Innen. Gleich darauf ertönte nicht etwa ein Bellen, sondern zwei Stöße jenes tiefen, entschlossenen und neugierigen Schnaufens edler Hunde — ein dumpfer Sprung — und der größte schönste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe, stand von Innen an dem Gitter. Er stellte sich auf die Hinterfüße, faßte mit den vorderen die eisernen Stangen und sah auf mich heraus, ohne nur den geringsten Laut zu geben, wie es die ernste Art dieser Thiere gewohnt ist. Bald kamen murrend und jagend noch zwei kleinere und jüngere derselben Gattung, glatte Bulldoggen, und alle schauten unverwandt auf mich. Nach einer Weile hörte ich auch nahende Menschentritte, und ein Mann im zottigen Pelze kam und fragte um mein Begehren. Ich entgegnete, ob ich in Uwar sei, und nannte meinen Namen. Er mußte Weisung haben; denn sofort beschwichtigte er mit ungarischen Worten die Hunde und öffnete dann das Gitter.</p><lb/> <p>Der Herr hat Briefe von Euch und erwartet Euch schon lange, sagte der Mann, als wir weiter gingen.</p><lb/> <p>Ich habe ihm ja geschrieben, daß ich mir Euer Land ansehen wolle, antwortete ich.</p><lb/> <p>Und das habt Ihr lange angesehen, sagte er.</p><lb/> <p>Freilich, antwortete ich. Ist der Herr Major noch wach?</p><lb/> <p>Er ist gar nicht zu Hause, sondern in der Sitzung. Morgen früh wird er herüber reiten. Für Euch hat er drei Zimmer richten lassen und gesagt, daß wir Euch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
griff, ich zog, und es schellte von Innen. Gleich darauf ertönte nicht etwa ein Bellen, sondern zwei Stöße jenes tiefen, entschlossenen und neugierigen Schnaufens edler Hunde — ein dumpfer Sprung — und der größte schönste Hund, den ich in meinem Leben gesehen habe, stand von Innen an dem Gitter. Er stellte sich auf die Hinterfüße, faßte mit den vorderen die eisernen Stangen und sah auf mich heraus, ohne nur den geringsten Laut zu geben, wie es die ernste Art dieser Thiere gewohnt ist. Bald kamen murrend und jagend noch zwei kleinere und jüngere derselben Gattung, glatte Bulldoggen, und alle schauten unverwandt auf mich. Nach einer Weile hörte ich auch nahende Menschentritte, und ein Mann im zottigen Pelze kam und fragte um mein Begehren. Ich entgegnete, ob ich in Uwar sei, und nannte meinen Namen. Er mußte Weisung haben; denn sofort beschwichtigte er mit ungarischen Worten die Hunde und öffnete dann das Gitter.
Der Herr hat Briefe von Euch und erwartet Euch schon lange, sagte der Mann, als wir weiter gingen.
Ich habe ihm ja geschrieben, daß ich mir Euer Land ansehen wolle, antwortete ich.
Und das habt Ihr lange angesehen, sagte er.
Freilich, antwortete ich. Ist der Herr Major noch wach?
Er ist gar nicht zu Hause, sondern in der Sitzung. Morgen früh wird er herüber reiten. Für Euch hat er drei Zimmer richten lassen und gesagt, daß wir Euch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:12:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:12:00Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |