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Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Selten ist ein Schriftsteller mit so warmer Hingebung empfangen worden, wie Stifter. Der Leser war bezaubert von dem Reichthum seiner Bilder, von den blendenden und doch sanften Farben seiner Darstellung. Im "Condor" (Beschreibung einer damals noch ungewöhnlichen Art zu reisen, nämlich im Luftballon), in den "Feldblumen", im "Haidedorf", "Hochwald", legte er, wie schon die Titel dieser Erzählungen andeuten, einen Weg durch das Reich der Natur zurück, umfassender als von der Ceder bis zum Ysop, empor in die Lüfte und Wolkengebilde und hernieder bis zum kleinsten Kleinleben, das am Boden sprießt oder kriecht. Bald erkannte man den Landschaftsmaler, der seine Studien (so war auch die erste Sammlung betitelt) mit wunderbarem Blick für das Detail und liebevollem Fleiß zusammenträgt und nun auf einmal die ganze überraschende Fülle seiner Mappe ausbreitet.

Aber dieser Bilderreichthum, unendliches, unübersehbares Detail, Alles Licht in Licht gemalt, wurde ermüdend und erdrückend, und dem Leser blieb dabei nicht einmal die armselige Genugthuung, sich über den Dichter zu erheben und ihm seinen Irrthum nachzuweisen. Denn es war klar, daß dieser keineswegs aus unwillkürlichem Irrthum sich verzeichnend, sondern mit Bewußtsein und Absicht so verfuhr; und er hat sich auch wiederholt hierüber ausgesprochen. Ihm galt der auf anderem

Selten ist ein Schriftsteller mit so warmer Hingebung empfangen worden, wie Stifter. Der Leser war bezaubert von dem Reichthum seiner Bilder, von den blendenden und doch sanften Farben seiner Darstellung. Im „Condor“ (Beschreibung einer damals noch ungewöhnlichen Art zu reisen, nämlich im Luftballon), in den „Feldblumen“, im „Haidedorf“, „Hochwald“, legte er, wie schon die Titel dieser Erzählungen andeuten, einen Weg durch das Reich der Natur zurück, umfassender als von der Ceder bis zum Ysop, empor in die Lüfte und Wolkengebilde und hernieder bis zum kleinsten Kleinleben, das am Boden sprießt oder kriecht. Bald erkannte man den Landschaftsmaler, der seine Studien (so war auch die erste Sammlung betitelt) mit wunderbarem Blick für das Detail und liebevollem Fleiß zusammenträgt und nun auf einmal die ganze überraschende Fülle seiner Mappe ausbreitet.

Aber dieser Bilderreichthum, unendliches, unübersehbares Detail, Alles Licht in Licht gemalt, wurde ermüdend und erdrückend, und dem Leser blieb dabei nicht einmal die armselige Genugthuung, sich über den Dichter zu erheben und ihm seinen Irrthum nachzuweisen. Denn es war klar, daß dieser keineswegs aus unwillkürlichem Irrthum sich verzeichnend, sondern mit Bewußtsein und Absicht so verfuhr; und er hat sich auch wiederholt hierüber ausgesprochen. Ihm galt der auf anderem

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[0006] Selten ist ein Schriftsteller mit so warmer Hingebung empfangen worden, wie Stifter. Der Leser war bezaubert von dem Reichthum seiner Bilder, von den blendenden und doch sanften Farben seiner Darstellung. Im „Condor“ (Beschreibung einer damals noch ungewöhnlichen Art zu reisen, nämlich im Luftballon), in den „Feldblumen“, im „Haidedorf“, „Hochwald“, legte er, wie schon die Titel dieser Erzählungen andeuten, einen Weg durch das Reich der Natur zurück, umfassender als von der Ceder bis zum Ysop, empor in die Lüfte und Wolkengebilde und hernieder bis zum kleinsten Kleinleben, das am Boden sprießt oder kriecht. Bald erkannte man den Landschaftsmaler, der seine Studien (so war auch die erste Sammlung betitelt) mit wunderbarem Blick für das Detail und liebevollem Fleiß zusammenträgt und nun auf einmal die ganze überraschende Fülle seiner Mappe ausbreitet. Aber dieser Bilderreichthum, unendliches, unübersehbares Detail, Alles Licht in Licht gemalt, wurde ermüdend und erdrückend, und dem Leser blieb dabei nicht einmal die armselige Genugthuung, sich über den Dichter zu erheben und ihm seinen Irrthum nachzuweisen. Denn es war klar, daß dieser keineswegs aus unwillkürlichem Irrthum sich verzeichnend, sondern mit Bewußtsein und Absicht so verfuhr; und er hat sich auch wiederholt hierüber ausgesprochen. Ihm galt der auf anderem

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:12:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Brigitta. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–301. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_brigitta_1910/6>, abgerufen am 21.11.2024.