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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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bezeichnet habt, so werdet ihr gewiß einwilligen, wenn
ich euch einlade, heute nicht mehr weiter zu reisen,
sondern die Nacht in meinem Hause zuzubringen.
Wünschet ihr dann am morgigen Tage und an meh¬
reren darauf folgenden noch bei mir zu verweilen, so
steht es nur bei euch, so zu thun."

"Ich wollte, wenn das Gewitter auch lange ange¬
dauert hätte, doch heute noch nach Rohrberg gehen,"
sagte ich. "Da ihr aber auf eine so freundliche Weise
gegen einen unbekannten Reisenden verfahrt, so sage
ich gerne zu, die heutige Nacht in eurem Hause zuzu¬
bringen, und bin euch dafür dankbar. Was morgen
sein wird, darüber kann ich noch nicht entscheiden,
weil das Morgen noch nicht da ist."

"So haben wir also für die kommende Nacht ab¬
geschlossen, wie ich gleich gedacht habe," sagte mein
Begleiter, "ihr werdet wohl bemerkt haben, daß euer
Ränzlein und euer Wanderstock nicht mehr in dem
Speisezimmer waren, als ihr zum Essen dahin kamet."

"Ich habe es wirklich bemerkt," antwortete ich.

"Ich habe beides in euer Zimmer bringen lassen,"
sagte er, "weil ich schon vermuthete, daß ihr diese
Nacht in unserm Hause zubringen würdet."


bezeichnet habt, ſo werdet ihr gewiß einwilligen, wenn
ich euch einlade, heute nicht mehr weiter zu reiſen,
ſondern die Nacht in meinem Hauſe zuzubringen.
Wünſchet ihr dann am morgigen Tage und an meh¬
reren darauf folgenden noch bei mir zu verweilen, ſo
ſteht es nur bei euch, ſo zu thun.“

„Ich wollte, wenn das Gewitter auch lange ange¬
dauert hätte, doch heute noch nach Rohrberg gehen,“
ſagte ich. „Da ihr aber auf eine ſo freundliche Weiſe
gegen einen unbekannten Reiſenden verfahrt, ſo ſage
ich gerne zu, die heutige Nacht in eurem Hauſe zuzu¬
bringen, und bin euch dafür dankbar. Was morgen
ſein wird, darüber kann ich noch nicht entſcheiden,
weil das Morgen noch nicht da iſt.“

„So haben wir alſo für die kommende Nacht ab¬
geſchloſſen, wie ich gleich gedacht habe,“ ſagte mein
Begleiter, „ihr werdet wohl bemerkt haben, daß euer
Ränzlein und euer Wanderſtock nicht mehr in dem
Speiſezimmer waren, als ihr zum Eſſen dahin kamet.“

„Ich habe es wirklich bemerkt,“ antwortete ich.

„Ich habe beides in euer Zimmer bringen laſſen,“
ſagte er, „weil ich ſchon vermuthete, daß ihr dieſe
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[92/0106] bezeichnet habt, ſo werdet ihr gewiß einwilligen, wenn ich euch einlade, heute nicht mehr weiter zu reiſen, ſondern die Nacht in meinem Hauſe zuzubringen. Wünſchet ihr dann am morgigen Tage und an meh¬ reren darauf folgenden noch bei mir zu verweilen, ſo ſteht es nur bei euch, ſo zu thun.“ „Ich wollte, wenn das Gewitter auch lange ange¬ dauert hätte, doch heute noch nach Rohrberg gehen,“ ſagte ich. „Da ihr aber auf eine ſo freundliche Weiſe gegen einen unbekannten Reiſenden verfahrt, ſo ſage ich gerne zu, die heutige Nacht in eurem Hauſe zuzu¬ bringen, und bin euch dafür dankbar. Was morgen ſein wird, darüber kann ich noch nicht entſcheiden, weil das Morgen noch nicht da iſt.“ „So haben wir alſo für die kommende Nacht ab¬ geſchloſſen, wie ich gleich gedacht habe,“ ſagte mein Begleiter, „ihr werdet wohl bemerkt haben, daß euer Ränzlein und euer Wanderſtock nicht mehr in dem Speiſezimmer waren, als ihr zum Eſſen dahin kamet.“ „Ich habe es wirklich bemerkt,“ antwortete ich. „Ich habe beides in euer Zimmer bringen laſſen,“ ſagte er, „weil ich ſchon vermuthete, daß ihr dieſe Nacht in unſerm Hauſe zubringen würdet.“

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/106>, abgerufen am 13.05.2024.