nicht häufig in solchen Zimmern findet, war eine alterthümliche Pendeluhr in vollem Gange. Mein Ränzlein und mein Stock lagen, wie der Mann gesagt hatte, schon in diesem Zimmer.
Ich sezte mich nieder, nahm nach einer Weile mein Ränzlein, öffnete es, und blätterte in den Papieren, die ich daraus hervor genommen hatte, und schrieb gelegentlich in denselben.
Da endlich die Dämmerung gekommen war, stand ich auf, ging gegen eines der beiden offenstehenden Fenster, lehnte mich hinaus, und sah herum. Es war wieder Getreide, das ich vor mir auf dem sachte hinab¬ gehenden Hügel erblickte. Am Morgen dieses Tages, da ich von meiner Nachtherberge aufgebrochen war, hatte ich auch Getreide rings um mich gesehen; aber dasselbe war in einem lustigen Wogen begriffen ge¬ wesen; während dieses reglos und unbewegt war wie ein Heer von lockeren Lanzen. Vor dem Hause war der Sandplaz, den ich bei meiner Ankunft schon gesehen und betreten hatte. Meine Fenster gingen also auf der Seite der Rosenwand heraus. Von dem Garten tönte noch schwaches Vogelgezwitscher herüber, und der Duft von den tausenden der Rosen stieg wie eine Opfergabe zu mir empor.
nicht häufig in ſolchen Zimmern findet, war eine alterthümliche Pendeluhr in vollem Gange. Mein Ränzlein und mein Stock lagen, wie der Mann geſagt hatte, ſchon in dieſem Zimmer.
Ich ſezte mich nieder, nahm nach einer Weile mein Ränzlein, öffnete es, und blätterte in den Papieren, die ich daraus hervor genommen hatte, und ſchrieb gelegentlich in denſelben.
Da endlich die Dämmerung gekommen war, ſtand ich auf, ging gegen eines der beiden offenſtehenden Fenſter, lehnte mich hinaus, und ſah herum. Es war wieder Getreide, das ich vor mir auf dem ſachte hinab¬ gehenden Hügel erblickte. Am Morgen dieſes Tages, da ich von meiner Nachtherberge aufgebrochen war, hatte ich auch Getreide rings um mich geſehen; aber daſſelbe war in einem luſtigen Wogen begriffen ge¬ weſen; während dieſes reglos und unbewegt war wie ein Heer von lockeren Lanzen. Vor dem Hauſe war der Sandplaz, den ich bei meiner Ankunft ſchon geſehen und betreten hatte. Meine Fenſter gingen alſo auf der Seite der Roſenwand heraus. Von dem Garten tönte noch ſchwaches Vogelgezwitſcher herüber, und der Duft von den tauſenden der Roſen ſtieg wie eine Opfergabe zu mir empor.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0126"n="112"/>
nicht häufig in ſolchen Zimmern findet, war eine<lb/>
alterthümliche Pendeluhr in vollem Gange. Mein<lb/>
Ränzlein und mein Stock lagen, wie der Mann geſagt<lb/>
hatte, ſchon in dieſem Zimmer.</p><lb/><p>Ich ſezte mich nieder, nahm nach einer Weile mein<lb/>
Ränzlein, öffnete es, und blätterte in den Papieren,<lb/>
die ich daraus hervor genommen hatte, und ſchrieb<lb/>
gelegentlich in denſelben.</p><lb/><p>Da endlich die Dämmerung gekommen war, ſtand<lb/>
ich auf, ging gegen eines der beiden offenſtehenden<lb/>
Fenſter, lehnte mich hinaus, und ſah herum. Es war<lb/>
wieder Getreide, das ich vor mir auf dem ſachte hinab¬<lb/>
gehenden Hügel erblickte. Am Morgen dieſes Tages,<lb/>
da ich von meiner Nachtherberge aufgebrochen war,<lb/>
hatte ich auch Getreide rings um mich geſehen; aber<lb/>
daſſelbe war in einem luſtigen Wogen begriffen ge¬<lb/>
weſen; während dieſes reglos und unbewegt war<lb/>
wie ein Heer von lockeren Lanzen. Vor dem Hauſe<lb/>
war der Sandplaz, den ich bei meiner Ankunft ſchon<lb/>
geſehen und betreten hatte. Meine Fenſter gingen<lb/>
alſo auf der Seite der Roſenwand heraus. Von dem<lb/>
Garten tönte noch ſchwaches Vogelgezwitſcher herüber,<lb/>
und der Duft von den tauſenden der Roſen ſtieg wie<lb/>
eine Opfergabe zu mir empor.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[112/0126]
nicht häufig in ſolchen Zimmern findet, war eine
alterthümliche Pendeluhr in vollem Gange. Mein
Ränzlein und mein Stock lagen, wie der Mann geſagt
hatte, ſchon in dieſem Zimmer.
Ich ſezte mich nieder, nahm nach einer Weile mein
Ränzlein, öffnete es, und blätterte in den Papieren,
die ich daraus hervor genommen hatte, und ſchrieb
gelegentlich in denſelben.
Da endlich die Dämmerung gekommen war, ſtand
ich auf, ging gegen eines der beiden offenſtehenden
Fenſter, lehnte mich hinaus, und ſah herum. Es war
wieder Getreide, das ich vor mir auf dem ſachte hinab¬
gehenden Hügel erblickte. Am Morgen dieſes Tages,
da ich von meiner Nachtherberge aufgebrochen war,
hatte ich auch Getreide rings um mich geſehen; aber
daſſelbe war in einem luſtigen Wogen begriffen ge¬
weſen; während dieſes reglos und unbewegt war
wie ein Heer von lockeren Lanzen. Vor dem Hauſe
war der Sandplaz, den ich bei meiner Ankunft ſchon
geſehen und betreten hatte. Meine Fenſter gingen
alſo auf der Seite der Roſenwand heraus. Von dem
Garten tönte noch ſchwaches Vogelgezwitſcher herüber,
und der Duft von den tauſenden der Roſen ſtieg wie
eine Opfergabe zu mir empor.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/126>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.