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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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diese Nacht in unserm Hause zubringen wird," und
dann auf mich weisend fügte er bei: "das ist ein frem¬
der Reisender, der auch heute unser Dach mit uns
theilen will."

Nach diesen Worten und nach einem kurzen stum¬
men Gebethe sezten wir uns zu dem Tische an unsere an¬
gewiesenen Pläze. Das Abendessen war sehr einfach.
Es bestand aus Suppe Braten und Wein, zu welchem
wie zu dem an meinem Mittagsmahle verkleinertes
Eis gestellt wurde. Dieselbe Magd, welche mir mein
Mittagessen gebracht hatte, bediente uns. Ein männ¬
licher Diener kam nicht in das Zimmer. Der Pfarrer
und mein Gastfreund sprachen öfter Dinge, die die
Gegend betrafen, und ich ward gelegentlich einbezogen,
wenn es sich um Allgemeineres handelte. Der Knabe
sprach gar nicht.

Die Dunkelheit des Abends wurde endlich so stark,
daß die Kerzen, welche früher mit der Dämmerung
gekämpft hatten, nun vollkommen die Herrschaft be¬
haupteten, und die schwarzen Fenster nur zeitweise
durch die hereinleuchtenden Blize erhellt wurden.

Da das Essen beendet war, und wir uns zur
Trennung anschickten, sagte der Hauswirth, daß er
den Pfarrer und mich über die nähere Treppe in unser

dieſe Nacht in unſerm Hauſe zubringen wird,“ und
dann auf mich weiſend fügte er bei: „das iſt ein frem¬
der Reiſender, der auch heute unſer Dach mit uns
theilen will.“

Nach dieſen Worten und nach einem kurzen ſtum¬
men Gebethe ſezten wir uns zu dem Tiſche an unſere an¬
gewieſenen Pläze. Das Abendeſſen war ſehr einfach.
Es beſtand aus Suppe Braten und Wein, zu welchem
wie zu dem an meinem Mittagsmahle verkleinertes
Eis geſtellt wurde. Dieſelbe Magd, welche mir mein
Mittageſſen gebracht hatte, bediente uns. Ein männ¬
licher Diener kam nicht in das Zimmer. Der Pfarrer
und mein Gaſtfreund ſprachen öfter Dinge, die die
Gegend betrafen, und ich ward gelegentlich einbezogen,
wenn es ſich um Allgemeineres handelte. Der Knabe
ſprach gar nicht.

Die Dunkelheit des Abends wurde endlich ſo ſtark,
daß die Kerzen, welche früher mit der Dämmerung
gekämpft hatten, nun vollkommen die Herrſchaft be¬
haupteten, und die ſchwarzen Fenſter nur zeitweiſe
durch die hereinleuchtenden Blize erhellt wurden.

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[114/0128] dieſe Nacht in unſerm Hauſe zubringen wird,“ und dann auf mich weiſend fügte er bei: „das iſt ein frem¬ der Reiſender, der auch heute unſer Dach mit uns theilen will.“ Nach dieſen Worten und nach einem kurzen ſtum¬ men Gebethe ſezten wir uns zu dem Tiſche an unſere an¬ gewieſenen Pläze. Das Abendeſſen war ſehr einfach. Es beſtand aus Suppe Braten und Wein, zu welchem wie zu dem an meinem Mittagsmahle verkleinertes Eis geſtellt wurde. Dieſelbe Magd, welche mir mein Mittageſſen gebracht hatte, bediente uns. Ein männ¬ licher Diener kam nicht in das Zimmer. Der Pfarrer und mein Gaſtfreund ſprachen öfter Dinge, die die Gegend betrafen, und ich ward gelegentlich einbezogen, wenn es ſich um Allgemeineres handelte. Der Knabe ſprach gar nicht. Die Dunkelheit des Abends wurde endlich ſo ſtark, daß die Kerzen, welche früher mit der Dämmerung gekämpft hatten, nun vollkommen die Herrſchaft be¬ haupteten, und die ſchwarzen Fenſter nur zeitweiſe durch die hereinleuchtenden Blize erhellt wurden. Da das Eſſen beendet war, und wir uns zur Trennung anſchickten, ſagte der Hauswirth, daß er den Pfarrer und mich über die nähere Treppe in unſer

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/128>, abgerufen am 25.11.2024.