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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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ten davon flogen, und wieder neue herbei schwirrten.
Ich erkannte es nun deutlich, daß außer den gewöhn¬
lichen Gartenvögeln auch solche da waren, die mir
sonst nur von tiefen und weit abgelegenen Wäldern
bekannt waren. Sie erschienen gar nicht so scheu, als
ich mit allem Rechte vermuthen mußte. Sie trauten
ihm vollkommen. Er stand wieder barhäuptig da,
so daß es mir schien, daß er diese Sitte liebe, da er
auch gestern auf dem Spaziergange seine so leichte
Kopfbedeckung eingesteckt hatte. Seine Gestalt war
vorgebeugt, und die schlichten aber vollen weißen
Haare hingen an seinen Schläfen herab. Sein An¬
zug war auch heute wieder sonderbar. Er hatte wie
gestern eine Art Jacke an, die fast bis auf die Knie
hinab reichte. Sie war weißlich, hatte jedoch über
die Brust und den Rücken hinab einen röthlichbraunen
Streifen, der fast einen halben Fuß breit war, als
wäre die Jacke aus zwei Stoffen verfertigt worden,
einem weißen und einem rothen. Beide Stoffe aber
zeigten ein hohes Alter; denn das Weiß war gelblich
braun, und das Roth zu Purpurbraun geworden.
Unter der Jacke sah eine unscheinbare Fußbekleidung
hervor, die mit Schnallenschuhen endete.

Ich blieb hinter seinem Rücken in ziemlicher Ent¬

ten davon flogen, und wieder neue herbei ſchwirrten.
Ich erkannte es nun deutlich, daß außer den gewöhn¬
lichen Gartenvögeln auch ſolche da waren, die mir
ſonſt nur von tiefen und weit abgelegenen Wäldern
bekannt waren. Sie erſchienen gar nicht ſo ſcheu, als
ich mit allem Rechte vermuthen mußte. Sie trauten
ihm vollkommen. Er ſtand wieder barhäuptig da,
ſo daß es mir ſchien, daß er dieſe Sitte liebe, da er
auch geſtern auf dem Spaziergange ſeine ſo leichte
Kopfbedeckung eingeſteckt hatte. Seine Geſtalt war
vorgebeugt, und die ſchlichten aber vollen weißen
Haare hingen an ſeinen Schläfen herab. Sein An¬
zug war auch heute wieder ſonderbar. Er hatte wie
geſtern eine Art Jacke an, die faſt bis auf die Knie
hinab reichte. Sie war weißlich, hatte jedoch über
die Bruſt und den Rücken hinab einen röthlichbraunen
Streifen, der faſt einen halben Fuß breit war, als
wäre die Jacke aus zwei Stoffen verfertigt worden,
einem weißen und einem rothen. Beide Stoffe aber
zeigten ein hohes Alter; denn das Weiß war gelblich
braun, und das Roth zu Purpurbraun geworden.
Unter der Jacke ſah eine unſcheinbare Fußbekleidung
hervor, die mit Schnallenſchuhen endete.

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[120/0134] ten davon flogen, und wieder neue herbei ſchwirrten. Ich erkannte es nun deutlich, daß außer den gewöhn¬ lichen Gartenvögeln auch ſolche da waren, die mir ſonſt nur von tiefen und weit abgelegenen Wäldern bekannt waren. Sie erſchienen gar nicht ſo ſcheu, als ich mit allem Rechte vermuthen mußte. Sie trauten ihm vollkommen. Er ſtand wieder barhäuptig da, ſo daß es mir ſchien, daß er dieſe Sitte liebe, da er auch geſtern auf dem Spaziergange ſeine ſo leichte Kopfbedeckung eingeſteckt hatte. Seine Geſtalt war vorgebeugt, und die ſchlichten aber vollen weißen Haare hingen an ſeinen Schläfen herab. Sein An¬ zug war auch heute wieder ſonderbar. Er hatte wie geſtern eine Art Jacke an, die faſt bis auf die Knie hinab reichte. Sie war weißlich, hatte jedoch über die Bruſt und den Rücken hinab einen röthlichbraunen Streifen, der faſt einen halben Fuß breit war, als wäre die Jacke aus zwei Stoffen verfertigt worden, einem weißen und einem rothen. Beide Stoffe aber zeigten ein hohes Alter; denn das Weiß war gelblich braun, und das Roth zu Purpurbraun geworden. Unter der Jacke ſah eine unſcheinbare Fußbekleidung hervor, die mit Schnallenſchuhen endete. Ich blieb hinter ſeinem Rücken in ziemlicher Ent¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/134>, abgerufen am 25.11.2024.