Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Wollsohlen an. In mein Arbeitszimmer kann ich
auch ohne allen Umweg gelangen, da ich in dasselbe
nicht durch den Saal gehen muß, wie wir jetzt gethan
haben, sondern da von dem Erdgeschosse ein Gang in
das Zimmer hinaufführt, den ihr nicht gesehen haben
werdet, weil seine beiden Enden mit guten Tapetten¬
thüren geschlossen sind. Der Pfarrer von Rohrberg
leidet an der Gicht, und verträgt heiße Füsse nicht,
daher belege ich für ihn, wenn er anwesend ist, die
Treppe oder die Zimmer mit einem Streifen von
Wollstoff, wie ihr es gestern gesehen habt."

Ich antwortete, daß die Vorrichtung sehr zweck¬
mäßig sei, und daß sie überall angewendet werden
muß, wo kunstreiche oder sonst werthvolle Fußböden
zu schonen sind.

Da wir nun im Garten waren, sagte ich, indem
ich mich umwendete, und das Haus betrachtete:
"Eure Wohnung ist nicht, wie ihr sagt, von geringer
Bedeutung. Sie wird, so viel ich aus der kurzen Be¬
sichtigung entnehmen konnte, wenige ihres Gleichen
haben. Auch hatte ich nicht gedacht, daß das Haus,
wenn ich es so von der Straße aus sah, eine so große
Räumlichkeit in sich hätte."

"So muß ich euch nun auch noch etwas anderes

mit Wollſohlen an. In mein Arbeitszimmer kann ich
auch ohne allen Umweg gelangen, da ich in dasſelbe
nicht durch den Saal gehen muß, wie wir jetzt gethan
haben, ſondern da von dem Erdgeſchoſſe ein Gang in
das Zimmer hinaufführt, den ihr nicht geſehen haben
werdet, weil ſeine beiden Enden mit guten Tapetten¬
thüren geſchloſſen ſind. Der Pfarrer von Rohrberg
leidet an der Gicht, und verträgt heiße Füſſe nicht,
daher belege ich für ihn, wenn er anweſend iſt, die
Treppe oder die Zimmer mit einem Streifen von
Wollſtoff, wie ihr es geſtern geſehen habt.“

Ich antwortete, daß die Vorrichtung ſehr zweck¬
mäßig ſei, und daß ſie überall angewendet werden
muß, wo kunſtreiche oder ſonſt werthvolle Fußböden
zu ſchonen ſind.

Da wir nun im Garten waren, ſagte ich, indem
ich mich umwendete, und das Haus betrachtete:
„Eure Wohnung iſt nicht, wie ihr ſagt, von geringer
Bedeutung. Sie wird, ſo viel ich aus der kurzen Be¬
ſichtigung entnehmen konnte, wenige ihres Gleichen
haben. Auch hatte ich nicht gedacht, daß das Haus,
wenn ich es ſo von der Straße aus ſah, eine ſo große
Räumlichkeit in ſich hätte.“

„So muß ich euch nun auch noch etwas anderes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0151" n="137"/>
mit Woll&#x017F;ohlen an. In mein Arbeitszimmer kann ich<lb/>
auch ohne allen Umweg gelangen, da ich in das&#x017F;elbe<lb/>
nicht durch den Saal gehen muß, wie wir jetzt gethan<lb/>
haben, &#x017F;ondern da von dem Erdge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e ein Gang in<lb/>
das Zimmer hinaufführt, den ihr nicht ge&#x017F;ehen haben<lb/>
werdet, weil &#x017F;eine beiden Enden mit guten Tapetten¬<lb/>
thüren ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind. Der Pfarrer von Rohrberg<lb/>
leidet an der Gicht, und verträgt heiße Fü&#x017F;&#x017F;e nicht,<lb/>
daher belege ich für ihn, wenn er anwe&#x017F;end i&#x017F;t, die<lb/>
Treppe oder die Zimmer mit einem Streifen von<lb/>
Woll&#x017F;toff, wie ihr es ge&#x017F;tern ge&#x017F;ehen habt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ich antwortete, daß die Vorrichtung &#x017F;ehr zweck¬<lb/>
mäßig &#x017F;ei, und daß &#x017F;ie überall angewendet werden<lb/>
muß, wo kun&#x017F;treiche oder &#x017F;on&#x017F;t werthvolle Fußböden<lb/>
zu &#x017F;chonen &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Da wir nun im Garten waren, &#x017F;agte ich, indem<lb/>
ich mich umwendete, und das Haus betrachtete:<lb/>
&#x201E;Eure Wohnung i&#x017F;t nicht, wie ihr &#x017F;agt, von geringer<lb/>
Bedeutung. Sie wird, &#x017F;o viel ich aus der kurzen Be¬<lb/>
&#x017F;ichtigung entnehmen konnte, wenige ihres Gleichen<lb/>
haben. Auch hatte ich nicht gedacht, daß das Haus,<lb/>
wenn ich es &#x017F;o von der Straße aus &#x017F;ah, eine &#x017F;o große<lb/>
Räumlichkeit in &#x017F;ich hätte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So muß ich euch nun auch noch etwas anderes<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0151] mit Wollſohlen an. In mein Arbeitszimmer kann ich auch ohne allen Umweg gelangen, da ich in dasſelbe nicht durch den Saal gehen muß, wie wir jetzt gethan haben, ſondern da von dem Erdgeſchoſſe ein Gang in das Zimmer hinaufführt, den ihr nicht geſehen haben werdet, weil ſeine beiden Enden mit guten Tapetten¬ thüren geſchloſſen ſind. Der Pfarrer von Rohrberg leidet an der Gicht, und verträgt heiße Füſſe nicht, daher belege ich für ihn, wenn er anweſend iſt, die Treppe oder die Zimmer mit einem Streifen von Wollſtoff, wie ihr es geſtern geſehen habt.“ Ich antwortete, daß die Vorrichtung ſehr zweck¬ mäßig ſei, und daß ſie überall angewendet werden muß, wo kunſtreiche oder ſonſt werthvolle Fußböden zu ſchonen ſind. Da wir nun im Garten waren, ſagte ich, indem ich mich umwendete, und das Haus betrachtete: „Eure Wohnung iſt nicht, wie ihr ſagt, von geringer Bedeutung. Sie wird, ſo viel ich aus der kurzen Be¬ ſichtigung entnehmen konnte, wenige ihres Gleichen haben. Auch hatte ich nicht gedacht, daß das Haus, wenn ich es ſo von der Straße aus ſah, eine ſo große Räumlichkeit in ſich hätte.“ „So muß ich euch nun auch noch etwas anderes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/151
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/151>, abgerufen am 21.11.2024.