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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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daß die Dinge als Dinge nicht als Färbungen gel¬
ten. Dies ist besonders bei Gegenständen der Fall,
die minder entschiedene Farben haben, wie Steine
Gemäuer und dergleichen, während Dinge von deut¬
lichen Farben leichter zu behandeln sind, wie Blumen
Schmetterlinge selbst manche Vögel.

Eine besondere Thatsache aber fiel mir bei Be¬
trachtung dieser Zeichnungen auf. Bei den Bauver¬
zierungen, welche von Gegenständen der Natur ge¬
nommen waren, von Pflanzen oder selbst von Thie¬
ren, kamen bedeutende Fehler vor, ja es kamen sogar
Unmöglichkeiten vor, die kaum ein Anfänger macht,
sobald er nur die Pflanze gut betrachtet. Bei den ganz
gleichen Verzierungen an andern Bauwerken in an¬
dern Zeichnungen waren diese Fehler nicht da, son¬
dern die Verzierungen waren in Hinsicht ihrer Urbil¬
der in der Natur mit Richtigkeit angegeben. Ich hatte,
da ich einmal zeichnete, öfter die Bilder meines Va¬
ters betrachtet, und in ihnen, selbst in solchen, die er
für sehr gut hielt, ähnliche Fehler gefunden. Da die
Bilder meines Vaters aus alter Zeit waren, diese
Zeichnungen aber auch alte Bauwerke darstellten, so
schloß ich, daß sie vielleicht Abrisse von wirklichen
Bauten seien, und daß die Fehler in den Zierrathen

daß die Dinge als Dinge nicht als Färbungen gel¬
ten. Dies iſt beſonders bei Gegenſtänden der Fall,
die minder entſchiedene Farben haben, wie Steine
Gemäuer und dergleichen, während Dinge von deut¬
lichen Farben leichter zu behandeln ſind, wie Blumen
Schmetterlinge ſelbſt manche Vögel.

Eine beſondere Thatſache aber fiel mir bei Be¬
trachtung dieſer Zeichnungen auf. Bei den Bauver¬
zierungen, welche von Gegenſtänden der Natur ge¬
nommen waren, von Pflanzen oder ſelbſt von Thie¬
ren, kamen bedeutende Fehler vor, ja es kamen ſogar
Unmöglichkeiten vor, die kaum ein Anfänger macht,
ſobald er nur die Pflanze gut betrachtet. Bei den ganz
gleichen Verzierungen an andern Bauwerken in an¬
dern Zeichnungen waren dieſe Fehler nicht da, ſon¬
dern die Verzierungen waren in Hinſicht ihrer Urbil¬
der in der Natur mit Richtigkeit angegeben. Ich hatte,
da ich einmal zeichnete, öfter die Bilder meines Va¬
ters betrachtet, und in ihnen, ſelbſt in ſolchen, die er
für ſehr gut hielt, ähnliche Fehler gefunden. Da die
Bilder meines Vaters aus alter Zeit waren, dieſe
Zeichnungen aber auch alte Bauwerke darſtellten, ſo
ſchloß ich, daß ſie vielleicht Abriſſe von wirklichen
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[152/0166] daß die Dinge als Dinge nicht als Färbungen gel¬ ten. Dies iſt beſonders bei Gegenſtänden der Fall, die minder entſchiedene Farben haben, wie Steine Gemäuer und dergleichen, während Dinge von deut¬ lichen Farben leichter zu behandeln ſind, wie Blumen Schmetterlinge ſelbſt manche Vögel. Eine beſondere Thatſache aber fiel mir bei Be¬ trachtung dieſer Zeichnungen auf. Bei den Bauver¬ zierungen, welche von Gegenſtänden der Natur ge¬ nommen waren, von Pflanzen oder ſelbſt von Thie¬ ren, kamen bedeutende Fehler vor, ja es kamen ſogar Unmöglichkeiten vor, die kaum ein Anfänger macht, ſobald er nur die Pflanze gut betrachtet. Bei den ganz gleichen Verzierungen an andern Bauwerken in an¬ dern Zeichnungen waren dieſe Fehler nicht da, ſon¬ dern die Verzierungen waren in Hinſicht ihrer Urbil¬ der in der Natur mit Richtigkeit angegeben. Ich hatte, da ich einmal zeichnete, öfter die Bilder meines Va¬ ters betrachtet, und in ihnen, ſelbſt in ſolchen, die er für ſehr gut hielt, ähnliche Fehler gefunden. Da die Bilder meines Vaters aus alter Zeit waren, dieſe Zeichnungen aber auch alte Bauwerke darſtellten, ſo ſchloß ich, daß ſie vielleicht Abriſſe von wirklichen Bauten ſeien, und daß die Fehler in den Zierrathen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/166>, abgerufen am 13.05.2024.