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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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achtungen gemacht, habe sie dann absichtlich wieder¬
holt, und daraus Erfahrungen gesammelt, und Er¬
gebnisse zusammen gestellt, die eine Voraussage mit
fast völliger Gewißheit möglich machen. Viele Thiere
sind von Regen und Sonnenschein so abhängig, ja
bei einigen handelt es sich geradezu um das Leben
selber, je nachdem Sonne oder Regen ist, daß ihnen
Gott nothwendig hat Werkzeuge geben müssen, diese
Dinge vorhinein empfinden zu können. Diese Empfin¬
dung als Empfindung kann aber der Mensch nicht er¬
kennen, er kann sie nicht betrachten, weil sie sich den
Sinnen entzieht; allein die Thiere machen in Folge
dieser Vorempfindung Anstalten für ihre Zukunft, und
diese Anstalten kann der Mensch betrachten, und dar¬
aus Schlüsse ziehen. Es gibt einige, die ihre Nah¬
rung finden, wenn es feucht ist, andere verlieren sie in
diesem Falle. Manche müssen ihren Leib vor Regen
bergen, manche ihre Brut in Sicherheit bringen.
Viele müssen ihre für den Augenblick aufgeschlagene
Wohnung verlassen, oder eine andere Arbeit suchen.
Da nun die Vorempfindung gewiß sein muß, wenn
die daraus folgende Handlung zur Sicherung führen
soll, da die Nerven schon berührt werden, wenn noch
alle menschlichen wissenschaftlichen Werkzeuge schwei¬

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achtungen gemacht, habe ſie dann abſichtlich wieder¬
holt, und daraus Erfahrungen geſammelt, und Er¬
gebniſſe zuſammen geſtellt, die eine Vorausſage mit
faſt völliger Gewißheit möglich machen. Viele Thiere
ſind von Regen und Sonnenſchein ſo abhängig, ja
bei einigen handelt es ſich geradezu um das Leben
ſelber, je nachdem Sonne oder Regen iſt, daß ihnen
Gott nothwendig hat Werkzeuge geben müſſen, dieſe
Dinge vorhinein empfinden zu können. Dieſe Empfin¬
dung als Empfindung kann aber der Menſch nicht er¬
kennen, er kann ſie nicht betrachten, weil ſie ſich den
Sinnen entzieht; allein die Thiere machen in Folge
dieſer Vorempfindung Anſtalten für ihre Zukunft, und
dieſe Anſtalten kann der Menſch betrachten, und dar¬
aus Schlüſſe ziehen. Es gibt einige, die ihre Nah¬
rung finden, wenn es feucht iſt, andere verlieren ſie in
dieſem Falle. Manche müſſen ihren Leib vor Regen
bergen, manche ihre Brut in Sicherheit bringen.
Viele müſſen ihre für den Augenblick aufgeſchlagene
Wohnung verlaſſen, oder eine andere Arbeit ſuchen.
Da nun die Vorempfindung gewiß ſein muß, wenn
die daraus folgende Handlung zur Sicherung führen
ſoll, da die Nerven ſchon berührt werden, wenn noch
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[179/0193] achtungen gemacht, habe ſie dann abſichtlich wieder¬ holt, und daraus Erfahrungen geſammelt, und Er¬ gebniſſe zuſammen geſtellt, die eine Vorausſage mit faſt völliger Gewißheit möglich machen. Viele Thiere ſind von Regen und Sonnenſchein ſo abhängig, ja bei einigen handelt es ſich geradezu um das Leben ſelber, je nachdem Sonne oder Regen iſt, daß ihnen Gott nothwendig hat Werkzeuge geben müſſen, dieſe Dinge vorhinein empfinden zu können. Dieſe Empfin¬ dung als Empfindung kann aber der Menſch nicht er¬ kennen, er kann ſie nicht betrachten, weil ſie ſich den Sinnen entzieht; allein die Thiere machen in Folge dieſer Vorempfindung Anſtalten für ihre Zukunft, und dieſe Anſtalten kann der Menſch betrachten, und dar¬ aus Schlüſſe ziehen. Es gibt einige, die ihre Nah¬ rung finden, wenn es feucht iſt, andere verlieren ſie in dieſem Falle. Manche müſſen ihren Leib vor Regen bergen, manche ihre Brut in Sicherheit bringen. Viele müſſen ihre für den Augenblick aufgeſchlagene Wohnung verlaſſen, oder eine andere Arbeit ſuchen. Da nun die Vorempfindung gewiß ſein muß, wenn die daraus folgende Handlung zur Sicherung führen ſoll, da die Nerven ſchon berührt werden, wenn noch alle menſchlichen wiſſenſchaftlichen Werkzeuge ſchwei¬ 12 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/193>, abgerufen am 21.11.2024.