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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Gras mähen gesehen habt. Ich habe ihn von dem
früheren Besizer sammt allen Ländereien, die dazu ge¬
hören, gekauft, habe das Haus auf dem Hügel ge¬
baut, und habe den Meierhof zum Wirthschaftsge¬
bäude bestimmt."

"Aber den Garten könnt ihr doch unmöglich neu
angelegt haben?"

"Das ist eine eigene Entstehungsgeschichte," er¬
wiederte er. "Ich muß sagen: ich habe ihn neu ange¬
legt, und ich muß sagen: ich habe ihn nicht neu
angelegt. Ich habe mir mein Wohnhaus für den Rest
meiner Tage auf einen Plaz gebaut, der mir entspre¬
chend schien. Der Meierhof stand in dem Thale, wie
meistens die Gebäude dieser Art, damit sie das fette
Gras, das man häufig in den Wirthschaften braucht,
um das Gehöfte herum haben; ich wollte aber mit
meiner Wohnung auf die Anhöhe. Da sie nun fertig
war, sollte der Garten, der an dem Meierhofe stand,
und nur mit vereinzelten Bäumen oder mit Gruppen
von ihnen zu mir langte, heraufgezogen werden. Die
Linde, unter welcher wir jezt sizen, so wie ihre Kame¬
raden, die um sie herum stehen, oder einen Garten¬
weg bilden, stehen da, wo sie gestanden sind. Der
große alte Kirschbaum auf der Anhöhe stand mitten

Gras mähen geſehen habt. Ich habe ihn von dem
früheren Beſizer ſammt allen Ländereien, die dazu ge¬
hören, gekauft, habe das Haus auf dem Hügel ge¬
baut, und habe den Meierhof zum Wirthſchaftsge¬
bäude beſtimmt.“

„Aber den Garten könnt ihr doch unmöglich neu
angelegt haben?“

„Das iſt eine eigene Entſtehungsgeſchichte,“ er¬
wiederte er. „Ich muß ſagen: ich habe ihn neu ange¬
legt, und ich muß ſagen: ich habe ihn nicht neu
angelegt. Ich habe mir mein Wohnhaus für den Reſt
meiner Tage auf einen Plaz gebaut, der mir entſpre¬
chend ſchien. Der Meierhof ſtand in dem Thale, wie
meiſtens die Gebäude dieſer Art, damit ſie das fette
Gras, das man häufig in den Wirthſchaften braucht,
um das Gehöfte herum haben; ich wollte aber mit
meiner Wohnung auf die Anhöhe. Da ſie nun fertig
war, ſollte der Garten, der an dem Meierhofe ſtand,
und nur mit vereinzelten Bäumen oder mit Gruppen
von ihnen zu mir langte, heraufgezogen werden. Die
Linde, unter welcher wir jezt ſizen, ſo wie ihre Kame¬
raden, die um ſie herum ſtehen, oder einen Garten¬
weg bilden, ſtehen da, wo ſie geſtanden ſind. Der
große alte Kirſchbaum auf der Anhöhe ſtand mitten

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[191/0205] Gras mähen geſehen habt. Ich habe ihn von dem früheren Beſizer ſammt allen Ländereien, die dazu ge¬ hören, gekauft, habe das Haus auf dem Hügel ge¬ baut, und habe den Meierhof zum Wirthſchaftsge¬ bäude beſtimmt.“ „Aber den Garten könnt ihr doch unmöglich neu angelegt haben?“ „Das iſt eine eigene Entſtehungsgeſchichte,“ er¬ wiederte er. „Ich muß ſagen: ich habe ihn neu ange¬ legt, und ich muß ſagen: ich habe ihn nicht neu angelegt. Ich habe mir mein Wohnhaus für den Reſt meiner Tage auf einen Plaz gebaut, der mir entſpre¬ chend ſchien. Der Meierhof ſtand in dem Thale, wie meiſtens die Gebäude dieſer Art, damit ſie das fette Gras, das man häufig in den Wirthſchaften braucht, um das Gehöfte herum haben; ich wollte aber mit meiner Wohnung auf die Anhöhe. Da ſie nun fertig war, ſollte der Garten, der an dem Meierhofe ſtand, und nur mit vereinzelten Bäumen oder mit Gruppen von ihnen zu mir langte, heraufgezogen werden. Die Linde, unter welcher wir jezt ſizen, ſo wie ihre Kame¬ raden, die um ſie herum ſtehen, oder einen Garten¬ weg bilden, ſtehen da, wo ſie geſtanden ſind. Der große alte Kirſchbaum auf der Anhöhe ſtand mitten

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/205>, abgerufen am 24.11.2024.