verabschiedete sich sehr freundlich und mit vielen Ver¬ beugungen.
Ich ging nun zu dem Eingangsgitter, durch wel¬ ches mein Gastfreund mich gestern hereingelassen hatte, weil ich auch außerhalb des Gartens ein wenig her¬ umsehen wollte. Ein Arbeiter, welcher in der Nähe beschäftigt war, öffnete mir die Thür, weil ich die Einrichtung des Schlosses nicht kannte, und ich trat in das Freie. Ich ging auf der Seite des Hügels, auf welcher ich gestern heraufgekommen war, in meh¬ reren Richtungen herum. Wenn ich auch die Gegend des Landes, in der ich mich befand, im Allgemeinen sehr wohl kannte, so hatte ich mich doch nie so lange in ihr aufgehalten, um in das Einzelne eindringen zu können. Ich sah jezt, daß es ein sehr fruchtbarer schö¬ ner Theil sei, der mich aufgenommen hatte, daß sich anmuthige Stellen zwischen die Krümmungen der Hügel hineinziehen, und daß ein dichtes Bewohnt¬ sein der Gegend etwas sehr Heiteres ertheile. Der Tag wurde nach und nach immer wärmer, ohne heiß zu sein, und es war jene Stille, die zur Zeit der Ro¬ senblüthe weit mehr als zu einer anderen auf den Fel¬ dern ist. In dieser Zeit sind alle Feldgewächse grün, sie sind im Wachsen begriffen, und wenn nicht viele
verabſchiedete ſich ſehr freundlich und mit vielen Ver¬ beugungen.
Ich ging nun zu dem Eingangsgitter, durch wel¬ ches mein Gaſtfreund mich geſtern hereingelaſſen hatte, weil ich auch außerhalb des Gartens ein wenig her¬ umſehen wollte. Ein Arbeiter, welcher in der Nähe beſchäftigt war, öffnete mir die Thür, weil ich die Einrichtung des Schloſſes nicht kannte, und ich trat in das Freie. Ich ging auf der Seite des Hügels, auf welcher ich geſtern heraufgekommen war, in meh¬ reren Richtungen herum. Wenn ich auch die Gegend des Landes, in der ich mich befand, im Allgemeinen ſehr wohl kannte, ſo hatte ich mich doch nie ſo lange in ihr aufgehalten, um in das Einzelne eindringen zu können. Ich ſah jezt, daß es ein ſehr fruchtbarer ſchö¬ ner Theil ſei, der mich aufgenommen hatte, daß ſich anmuthige Stellen zwiſchen die Krümmungen der Hügel hineinziehen, und daß ein dichtes Bewohnt¬ ſein der Gegend etwas ſehr Heiteres ertheile. Der Tag wurde nach und nach immer wärmer, ohne heiß zu ſein, und es war jene Stille, die zur Zeit der Ro¬ ſenblüthe weit mehr als zu einer anderen auf den Fel¬ dern iſt. In dieſer Zeit ſind alle Feldgewächſe grün, ſie ſind im Wachſen begriffen, und wenn nicht viele
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[202/0216]
verabſchiedete ſich ſehr freundlich und mit vielen Ver¬
beugungen.
Ich ging nun zu dem Eingangsgitter, durch wel¬
ches mein Gaſtfreund mich geſtern hereingelaſſen hatte,
weil ich auch außerhalb des Gartens ein wenig her¬
umſehen wollte. Ein Arbeiter, welcher in der Nähe
beſchäftigt war, öffnete mir die Thür, weil ich die
Einrichtung des Schloſſes nicht kannte, und ich trat
in das Freie. Ich ging auf der Seite des Hügels,
auf welcher ich geſtern heraufgekommen war, in meh¬
reren Richtungen herum. Wenn ich auch die Gegend
des Landes, in der ich mich befand, im Allgemeinen
ſehr wohl kannte, ſo hatte ich mich doch nie ſo lange
in ihr aufgehalten, um in das Einzelne eindringen zu
können. Ich ſah jezt, daß es ein ſehr fruchtbarer ſchö¬
ner Theil ſei, der mich aufgenommen hatte, daß ſich
anmuthige Stellen zwiſchen die Krümmungen der
Hügel hineinziehen, und daß ein dichtes Bewohnt¬
ſein der Gegend etwas ſehr Heiteres ertheile. Der
Tag wurde nach und nach immer wärmer, ohne heiß
zu ſein, und es war jene Stille, die zur Zeit der Ro¬
ſenblüthe weit mehr als zu einer anderen auf den Fel¬
dern iſt. In dieſer Zeit ſind alle Feldgewächſe grün,
ſie ſind im Wachſen begriffen, und wenn nicht viele
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/216>, abgerufen am 25.11.2024.
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