deihen können," entgegnete ich. "Sie haben hier ei¬ gentlich die ungünstigsten Bedingungen. Da ist das hölzerne Gitter, an das sie mit Zwang gebunden sind, die weiße Wand, an der sich die brennenden Sonnen¬ strahlen fangen, das Überdach, welches dem Regen Thaue und dem Einwirken des Himmelsgewölbes hinderlich ist, und endlich hält das Haus ja selber den freien Luftzug ab."
"Wir haben dieses Gedeihen nur nach und nach hervorrufen können," antwortete er, "und es sind viele Fehlgriffe gethan worden. Wir lernten aber, und griffen die Sache dann der Ordnung nach an. Es wurde die Erde, welche die Rosen vorzüglich lieben, theils von anderen Orten verschrieben, theils nach Angabe von Büchern, die ich hiezu anschaffte, im Garten bereitet. Ich bin wohl nicht ganz unerfahren hieher gekommen, ich hatte auch vorher schon Rosen gezogen, und habe hier meine Erfahrungen angewen¬ det. Als die Erde bereit war, wurde ein tiefer breiter Graben vor dem Hause gemacht, und mit der Erde gefüllt. Hierauf wurde das hölzerne Gitter, welches reichlich mit Öhlfarbe bestrichen war, daß es von Wasser nicht in Fäulniß gesezt werden konnte, aufge¬ richtet, und eines Frühlings wurden die Rosenpflan¬
deihen können,“ entgegnete ich. „Sie haben hier ei¬ gentlich die ungünſtigſten Bedingungen. Da iſt das hölzerne Gitter, an das ſie mit Zwang gebunden ſind, die weiße Wand, an der ſich die brennenden Sonnen¬ ſtrahlen fangen, das Überdach, welches dem Regen Thaue und dem Einwirken des Himmelsgewölbes hinderlich iſt, und endlich hält das Haus ja ſelber den freien Luftzug ab.“
„Wir haben dieſes Gedeihen nur nach und nach hervorrufen können,“ antwortete er, „und es ſind viele Fehlgriffe gethan worden. Wir lernten aber, und griffen die Sache dann der Ordnung nach an. Es wurde die Erde, welche die Roſen vorzüglich lieben, theils von anderen Orten verſchrieben, theils nach Angabe von Büchern, die ich hiezu anſchaffte, im Garten bereitet. Ich bin wohl nicht ganz unerfahren hieher gekommen, ich hatte auch vorher ſchon Roſen gezogen, und habe hier meine Erfahrungen angewen¬ det. Als die Erde bereit war, wurde ein tiefer breiter Graben vor dem Hauſe gemacht, und mit der Erde gefüllt. Hierauf wurde das hölzerne Gitter, welches reichlich mit Öhlfarbe beſtrichen war, daß es von Waſſer nicht in Fäulniß geſezt werden konnte, aufge¬ richtet, und eines Frühlings wurden die Roſenpflan¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0230"n="216"/>
deihen können,“ entgegnete ich. „Sie haben hier ei¬<lb/>
gentlich die ungünſtigſten Bedingungen. Da iſt das<lb/>
hölzerne Gitter, an das ſie mit Zwang gebunden ſind,<lb/>
die weiße Wand, an der ſich die brennenden Sonnen¬<lb/>ſtrahlen fangen, das Überdach, welches dem Regen<lb/>
Thaue und dem Einwirken des Himmelsgewölbes<lb/>
hinderlich iſt, und endlich hält das Haus ja ſelber<lb/>
den freien Luftzug ab.“</p><lb/><p>„Wir haben dieſes Gedeihen nur nach und nach<lb/>
hervorrufen können,“ antwortete er, „und es ſind viele<lb/>
Fehlgriffe gethan worden. Wir lernten aber, und<lb/>
griffen die Sache dann der Ordnung nach an. Es<lb/>
wurde die Erde, welche die Roſen vorzüglich lieben,<lb/>
theils von anderen Orten verſchrieben, theils nach<lb/>
Angabe von Büchern, die ich hiezu anſchaffte, im<lb/>
Garten bereitet. Ich bin wohl nicht ganz unerfahren<lb/>
hieher gekommen, ich hatte auch vorher ſchon Roſen<lb/>
gezogen, und habe hier meine Erfahrungen angewen¬<lb/>
det. Als die Erde bereit war, wurde ein tiefer breiter<lb/>
Graben vor dem Hauſe gemacht, und mit der Erde<lb/>
gefüllt. Hierauf wurde das hölzerne Gitter, welches<lb/>
reichlich mit Öhlfarbe beſtrichen war, daß es von<lb/>
Waſſer nicht in Fäulniß geſezt werden konnte, aufge¬<lb/>
richtet, und eines Frühlings wurden die Roſenpflan¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[216/0230]
deihen können,“ entgegnete ich. „Sie haben hier ei¬
gentlich die ungünſtigſten Bedingungen. Da iſt das
hölzerne Gitter, an das ſie mit Zwang gebunden ſind,
die weiße Wand, an der ſich die brennenden Sonnen¬
ſtrahlen fangen, das Überdach, welches dem Regen
Thaue und dem Einwirken des Himmelsgewölbes
hinderlich iſt, und endlich hält das Haus ja ſelber
den freien Luftzug ab.“
„Wir haben dieſes Gedeihen nur nach und nach
hervorrufen können,“ antwortete er, „und es ſind viele
Fehlgriffe gethan worden. Wir lernten aber, und
griffen die Sache dann der Ordnung nach an. Es
wurde die Erde, welche die Roſen vorzüglich lieben,
theils von anderen Orten verſchrieben, theils nach
Angabe von Büchern, die ich hiezu anſchaffte, im
Garten bereitet. Ich bin wohl nicht ganz unerfahren
hieher gekommen, ich hatte auch vorher ſchon Roſen
gezogen, und habe hier meine Erfahrungen angewen¬
det. Als die Erde bereit war, wurde ein tiefer breiter
Graben vor dem Hauſe gemacht, und mit der Erde
gefüllt. Hierauf wurde das hölzerne Gitter, welches
reichlich mit Öhlfarbe beſtrichen war, daß es von
Waſſer nicht in Fäulniß geſezt werden konnte, aufge¬
richtet, und eines Frühlings wurden die Roſenpflan¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/230>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.