Bäume. Ich hoffe, daß, wenn unseren Nachbarn die Augen über den Erfolg und den Nuzen des Hegens von Singvögeln aufgehen, sie vielleicht auch dazu schreiten werden, uns nachzuahmen; denn für Erfolg und Nuzen sind sie am empfänglichsten. Ich glaube aber auch, daß unsere Obrigkeiten das Ding nicht ge¬ ring achten sollten, daß ein strenges Gesez gegen das Fangen und Tödten der Singvögel zu geben wäre, und daß das Gesez auch mit Umsicht und Strenge aufrecht erhalten werden sollte. Dann würde dem menschlichen Geschlechte ein heiligendes Vergnügen aufbewahrt bleiben, wir würden durch die Länder wie durch schöne Gärten gehen, und die wirklichen Gär¬ ten würden erquickend da stehen, in keinem Jahre lei¬ den, und in besonders unglücklichen nicht den Anblick der gänzlichen Kahlheit und der traurigen Verödung zeigen. Wollt ihr nicht auch ein wenig unsere ge¬ fiederten Freunde ansehen?"
"Sehr gerne," sagte ich.
Wir standen von dem Size auf, und gingen mehr in die Tiefe des Gartens zurück.
Das vielstimmige Vogelgezwitscher durch den Gar¬ ten und das helle Singen in unserer Nähe, welches mir gestern nachmittag, da ich es in das Zimmer
Bäume. Ich hoffe, daß, wenn unſeren Nachbarn die Augen über den Erfolg und den Nuzen des Hegens von Singvögeln aufgehen, ſie vielleicht auch dazu ſchreiten werden, uns nachzuahmen; denn für Erfolg und Nuzen ſind ſie am empfänglichſten. Ich glaube aber auch, daß unſere Obrigkeiten das Ding nicht ge¬ ring achten ſollten, daß ein ſtrenges Geſez gegen das Fangen und Tödten der Singvögel zu geben wäre, und daß das Geſez auch mit Umſicht und Strenge aufrecht erhalten werden ſollte. Dann würde dem menſchlichen Geſchlechte ein heiligendes Vergnügen aufbewahrt bleiben, wir würden durch die Länder wie durch ſchöne Gärten gehen, und die wirklichen Gär¬ ten würden erquickend da ſtehen, in keinem Jahre lei¬ den, und in beſonders unglücklichen nicht den Anblick der gänzlichen Kahlheit und der traurigen Verödung zeigen. Wollt ihr nicht auch ein wenig unſere ge¬ fiederten Freunde anſehen?“
„Sehr gerne,“ ſagte ich.
Wir ſtanden von dem Size auf, und gingen mehr in die Tiefe des Gartens zurück.
Das vielſtimmige Vogelgezwitſcher durch den Gar¬ ten und das helle Singen in unſerer Nähe, welches mir geſtern nachmittag, da ich es in das Zimmer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0262"n="248"/>
Bäume. Ich hoffe, daß, wenn unſeren Nachbarn die<lb/>
Augen über den Erfolg und den Nuzen des Hegens<lb/>
von Singvögeln aufgehen, ſie vielleicht auch dazu<lb/>ſchreiten werden, uns nachzuahmen; denn für Erfolg<lb/>
und Nuzen ſind ſie am empfänglichſten. Ich glaube<lb/>
aber auch, daß unſere Obrigkeiten das Ding nicht ge¬<lb/>
ring achten ſollten, daß ein ſtrenges Geſez gegen das<lb/>
Fangen und Tödten der Singvögel zu geben wäre,<lb/>
und daß das Geſez auch mit Umſicht und Strenge<lb/>
aufrecht erhalten werden ſollte. Dann würde dem<lb/>
menſchlichen Geſchlechte ein heiligendes Vergnügen<lb/>
aufbewahrt bleiben, wir würden durch die Länder wie<lb/>
durch ſchöne Gärten gehen, und die wirklichen Gär¬<lb/>
ten würden erquickend da ſtehen, in keinem Jahre lei¬<lb/>
den, und in beſonders unglücklichen nicht den Anblick<lb/>
der gänzlichen Kahlheit und der traurigen Verödung<lb/>
zeigen. Wollt ihr nicht auch ein wenig unſere ge¬<lb/>
fiederten Freunde anſehen?“</p><lb/><p>„Sehr gerne,“ſagte ich.</p><lb/><p>Wir ſtanden von dem Size auf, und gingen mehr<lb/>
in die Tiefe des Gartens zurück.</p><lb/><p>Das vielſtimmige Vogelgezwitſcher durch den Gar¬<lb/>
ten und das helle Singen in unſerer Nähe, welches<lb/>
mir geſtern nachmittag, da ich es in das Zimmer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[248/0262]
Bäume. Ich hoffe, daß, wenn unſeren Nachbarn die
Augen über den Erfolg und den Nuzen des Hegens
von Singvögeln aufgehen, ſie vielleicht auch dazu
ſchreiten werden, uns nachzuahmen; denn für Erfolg
und Nuzen ſind ſie am empfänglichſten. Ich glaube
aber auch, daß unſere Obrigkeiten das Ding nicht ge¬
ring achten ſollten, daß ein ſtrenges Geſez gegen das
Fangen und Tödten der Singvögel zu geben wäre,
und daß das Geſez auch mit Umſicht und Strenge
aufrecht erhalten werden ſollte. Dann würde dem
menſchlichen Geſchlechte ein heiligendes Vergnügen
aufbewahrt bleiben, wir würden durch die Länder wie
durch ſchöne Gärten gehen, und die wirklichen Gär¬
ten würden erquickend da ſtehen, in keinem Jahre lei¬
den, und in beſonders unglücklichen nicht den Anblick
der gänzlichen Kahlheit und der traurigen Verödung
zeigen. Wollt ihr nicht auch ein wenig unſere ge¬
fiederten Freunde anſehen?“
„Sehr gerne,“ ſagte ich.
Wir ſtanden von dem Size auf, und gingen mehr
in die Tiefe des Gartens zurück.
Das vielſtimmige Vogelgezwitſcher durch den Gar¬
ten und das helle Singen in unſerer Nähe, welches
mir geſtern nachmittag, da ich es in das Zimmer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/262>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.