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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Nach drei Stunden kam ich auf einen Hügel,
von welchem ich in die Gegend zurücksehen konnte, aus
der ich gekommen war. Ich sah mit meinem Fern¬
rohre, das ich aus dem Ränzlein genommen hatte,
deutlich den weißen Punkt des Hauses, in welchem
ich die lezten zwei Nächte zugebracht hatte, und hinter
dem Hause sah ich die duftigen Berge. Wie war
nun der Punkt so klein in der großen Welt.

Ich kam bald in den Ort, in welchem ich, da ich
bisher nirgends angehalten hatte, mein Mittagsmahl
einzunehmen gesonnen war, obwohl die Sonne bis
zum Scheitel noch einen kleinen Bogen zurückzulegen
hatte.

Ich fragte in dem Orte wieder um den Besizer des
weißen Hauses, und beschrieb dasselbe und seine Lage,
so gut ich konnte. Man nannte mir einen Mann, der
einmal in hohen Staatsämtern gestanden war; man
nannte mir aber zwei Namen, den Freiherrn von Ri¬
sach und einen Herrn Morgan. Ich war nun wieder
ungewiß wie vorher.

Am andern Tage Morgens kam ich in den Ge¬
birgszug, welcher das Ziel meiner Wanderung war,
und in welchen ich von dem anderen Gebirgszuge
durch einen Theil des flachen Landes überzusiedeln

Nach drei Stunden kam ich auf einen Hügel,
von welchem ich in die Gegend zurückſehen konnte, aus
der ich gekommen war. Ich ſah mit meinem Fern¬
rohre, das ich aus dem Ränzlein genommen hatte,
deutlich den weißen Punkt des Hauſes, in welchem
ich die lezten zwei Nächte zugebracht hatte, und hinter
dem Hauſe ſah ich die duftigen Berge. Wie war
nun der Punkt ſo klein in der großen Welt.

Ich kam bald in den Ort, in welchem ich, da ich
bisher nirgends angehalten hatte, mein Mittagsmahl
einzunehmen geſonnen war, obwohl die Sonne bis
zum Scheitel noch einen kleinen Bogen zurückzulegen
hatte.

Ich fragte in dem Orte wieder um den Beſizer des
weißen Hauſes, und beſchrieb dasſelbe und ſeine Lage,
ſo gut ich konnte. Man nannte mir einen Mann, der
einmal in hohen Staatsämtern geſtanden war; man
nannte mir aber zwei Namen, den Freiherrn von Ri¬
ſach und einen Herrn Morgan. Ich war nun wieder
ungewiß wie vorher.

Am andern Tage Morgens kam ich in den Ge¬
birgszug, welcher das Ziel meiner Wanderung war,
und in welchen ich von dem anderen Gebirgszuge
durch einen Theil des flachen Landes überzuſiedeln

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[274/0288] Nach drei Stunden kam ich auf einen Hügel, von welchem ich in die Gegend zurückſehen konnte, aus der ich gekommen war. Ich ſah mit meinem Fern¬ rohre, das ich aus dem Ränzlein genommen hatte, deutlich den weißen Punkt des Hauſes, in welchem ich die lezten zwei Nächte zugebracht hatte, und hinter dem Hauſe ſah ich die duftigen Berge. Wie war nun der Punkt ſo klein in der großen Welt. Ich kam bald in den Ort, in welchem ich, da ich bisher nirgends angehalten hatte, mein Mittagsmahl einzunehmen geſonnen war, obwohl die Sonne bis zum Scheitel noch einen kleinen Bogen zurückzulegen hatte. Ich fragte in dem Orte wieder um den Beſizer des weißen Hauſes, und beſchrieb dasſelbe und ſeine Lage, ſo gut ich konnte. Man nannte mir einen Mann, der einmal in hohen Staatsämtern geſtanden war; man nannte mir aber zwei Namen, den Freiherrn von Ri¬ ſach und einen Herrn Morgan. Ich war nun wieder ungewiß wie vorher. Am andern Tage Morgens kam ich in den Ge¬ birgszug, welcher das Ziel meiner Wanderung war, und in welchen ich von dem anderen Gebirgszuge durch einen Theil des flachen Landes überzuſiedeln

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/288>, abgerufen am 21.11.2024.