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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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angerufen. Über die Gesundheit der Pflanzen und
ihre Pflege konnte kein Tadel ausgesprochen werden,
sie waren heuer so vortrefflich, wie sie alle Jahre vor¬
trefflich gewesen waren. Auf den Tisch wurden nun
Erfrischungen gestellt, und alle jene Vorrichtungen
ausgebreitet, die zu einem Vesperbrote nothwendig
sind. Aus den Reden Mathildens sah ich, daß sie
mit allen hier befindlichen Rosenpflanzen sehr ver¬
traut sei, und daß sie selbst kleine Veränderungen be¬
merkte, welche seit einem Jahre vorgegangen sind.
Sie mußte wohl Lieblinge unter den Blumen haben,
aber man erkannte, daß sie allen ihre Neigung in
einem hohen Maße zugewendet habe. Ich schloß
aus diesem Vorgange wieder, welche Wichtigkeit diese
Blumen für dieses Haus haben.

Gegen Abend desselben Tages kam ein Besuch
in das Rosenhaus. Es war ein Mann, welcher in
der Nähe eine bedeutende Besizung hatte, die er sel¬
ber bewirthschaftete, obwohl er sich im Winter eine
geraume Zeit in der Stadt aufhielt. Er war von
seiner Gattin und zwei Töchtern begleitet. Sie wa¬
ren auf der Rückfahrt von einem Besuche begriffen,
den sie in einem entfernteren Theile der Gegend ge¬
macht hatten, und waren, wie sie sagten, zu dem Hause

angerufen. Über die Geſundheit der Pflanzen und
ihre Pflege konnte kein Tadel ausgeſprochen werden,
ſie waren heuer ſo vortrefflich, wie ſie alle Jahre vor¬
trefflich geweſen waren. Auf den Tiſch wurden nun
Erfriſchungen geſtellt, und alle jene Vorrichtungen
ausgebreitet, die zu einem Vesperbrote nothwendig
ſind. Aus den Reden Mathildens ſah ich, daß ſie
mit allen hier befindlichen Roſenpflanzen ſehr ver¬
traut ſei, und daß ſie ſelbſt kleine Veränderungen be¬
merkte, welche ſeit einem Jahre vorgegangen ſind.
Sie mußte wohl Lieblinge unter den Blumen haben,
aber man erkannte, daß ſie allen ihre Neigung in
einem hohen Maße zugewendet habe. Ich ſchloß
aus dieſem Vorgange wieder, welche Wichtigkeit dieſe
Blumen für dieſes Haus haben.

Gegen Abend desſelben Tages kam ein Beſuch
in das Roſenhaus. Es war ein Mann, welcher in
der Nähe eine bedeutende Beſizung hatte, die er ſel¬
ber bewirthſchaftete, obwohl er ſich im Winter eine
geraume Zeit in der Stadt aufhielt. Er war von
ſeiner Gattin und zwei Töchtern begleitet. Sie wa¬
ren auf der Rückfahrt von einem Beſuche begriffen,
den ſie in einem entfernteren Theile der Gegend ge¬
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[404/0418] angerufen. Über die Geſundheit der Pflanzen und ihre Pflege konnte kein Tadel ausgeſprochen werden, ſie waren heuer ſo vortrefflich, wie ſie alle Jahre vor¬ trefflich geweſen waren. Auf den Tiſch wurden nun Erfriſchungen geſtellt, und alle jene Vorrichtungen ausgebreitet, die zu einem Vesperbrote nothwendig ſind. Aus den Reden Mathildens ſah ich, daß ſie mit allen hier befindlichen Roſenpflanzen ſehr ver¬ traut ſei, und daß ſie ſelbſt kleine Veränderungen be¬ merkte, welche ſeit einem Jahre vorgegangen ſind. Sie mußte wohl Lieblinge unter den Blumen haben, aber man erkannte, daß ſie allen ihre Neigung in einem hohen Maße zugewendet habe. Ich ſchloß aus dieſem Vorgange wieder, welche Wichtigkeit dieſe Blumen für dieſes Haus haben. Gegen Abend desſelben Tages kam ein Beſuch in das Roſenhaus. Es war ein Mann, welcher in der Nähe eine bedeutende Beſizung hatte, die er ſel¬ ber bewirthſchaftete, obwohl er ſich im Winter eine geraume Zeit in der Stadt aufhielt. Er war von ſeiner Gattin und zwei Töchtern begleitet. Sie wa¬ ren auf der Rückfahrt von einem Beſuche begriffen, den ſie in einem entfernteren Theile der Gegend ge¬ macht hatten, und waren, wie ſie ſagten, zu dem Hauſe

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/418>, abgerufen am 22.11.2024.