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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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wuchs, wenn ich auch von meiner Rente nichts er¬
übrigte. Als Beschränkung blieb die Einrichtung,
daß ich in dem Hause meiner Eltern wohnen, und an
ihrem Tische speisen mußte. Es ward dafür ein Preis
festgesezt, den ich alle Vierteljahre zu entrichten hatte.
Jedes andere Bedürfniß, Kleider Bücher Geräthe
oder was es immer war, durfte ich nach meinem Er¬
messen und nach meiner Einsicht befriedigen.

Die Schwester erhielt auch Befugnisse in Hinsicht
ihres Theiles der Erbschaft des Großoheims, in so
weit sie sich für ein Mädchen schickten.

Wir waren über diese Einrichtung sehr erfreut,
und beschlossen, nach dem Wunsche und dem Willen
der Eltern zu verfahren, um ihnen Freude zu machen.

Ich ging, nachdem ich in den verschiedenen Zwei¬
gen der Kenntnisse, die ich zulezt mit meinen Lehrern
betrieben hatte, und welche als allgemein nothwendige
Kenntnisse für einen gebildeten Menschen gelten, nach
mehreren Richtungen gearbeitet hatte, auf die Mathe¬
matik über. Man hatte mir immer gesagt, sie sei die
schwerste und herrlichste Wissenschaft, sie sei die Grund¬
lage zu allen übrigen, in ihr sei alles wahr, und was
man aus ihr habe, sei ein bleibendes Besizthum für
das ganze Leben. Ich kaufte mir die Bücher, die man

wuchs, wenn ich auch von meiner Rente nichts er¬
übrigte. Als Beſchränkung blieb die Einrichtung,
daß ich in dem Hauſe meiner Eltern wohnen, und an
ihrem Tiſche ſpeiſen mußte. Es ward dafür ein Preis
feſtgeſezt, den ich alle Vierteljahre zu entrichten hatte.
Jedes andere Bedürfniß, Kleider Bücher Geräthe
oder was es immer war, durfte ich nach meinem Er¬
meſſen und nach meiner Einſicht befriedigen.

Die Schweſter erhielt auch Befugniſſe in Hinſicht
ihres Theiles der Erbſchaft des Großoheims, in ſo
weit ſie ſich für ein Mädchen ſchickten.

Wir waren über dieſe Einrichtung ſehr erfreut,
und beſchloſſen, nach dem Wunſche und dem Willen
der Eltern zu verfahren, um ihnen Freude zu machen.

Ich ging, nachdem ich in den verſchiedenen Zwei¬
gen der Kenntniſſe, die ich zulezt mit meinen Lehrern
betrieben hatte, und welche als allgemein nothwendige
Kenntniſſe für einen gebildeten Menſchen gelten, nach
mehreren Richtungen gearbeitet hatte, auf die Mathe¬
matik über. Man hatte mir immer geſagt, ſie ſei die
ſchwerſte und herrlichſte Wiſſenſchaft, ſie ſei die Grund¬
lage zu allen übrigen, in ihr ſei alles wahr, und was
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das ganze Leben. Ich kaufte mir die Bücher, die man

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[29/0043] wuchs, wenn ich auch von meiner Rente nichts er¬ übrigte. Als Beſchränkung blieb die Einrichtung, daß ich in dem Hauſe meiner Eltern wohnen, und an ihrem Tiſche ſpeiſen mußte. Es ward dafür ein Preis feſtgeſezt, den ich alle Vierteljahre zu entrichten hatte. Jedes andere Bedürfniß, Kleider Bücher Geräthe oder was es immer war, durfte ich nach meinem Er¬ meſſen und nach meiner Einſicht befriedigen. Die Schweſter erhielt auch Befugniſſe in Hinſicht ihres Theiles der Erbſchaft des Großoheims, in ſo weit ſie ſich für ein Mädchen ſchickten. Wir waren über dieſe Einrichtung ſehr erfreut, und beſchloſſen, nach dem Wunſche und dem Willen der Eltern zu verfahren, um ihnen Freude zu machen. Ich ging, nachdem ich in den verſchiedenen Zwei¬ gen der Kenntniſſe, die ich zulezt mit meinen Lehrern betrieben hatte, und welche als allgemein nothwendige Kenntniſſe für einen gebildeten Menſchen gelten, nach mehreren Richtungen gearbeitet hatte, auf die Mathe¬ matik über. Man hatte mir immer geſagt, ſie ſei die ſchwerſte und herrlichſte Wiſſenſchaft, ſie ſei die Grund¬ lage zu allen übrigen, in ihr ſei alles wahr, und was man aus ihr habe, ſei ein bleibendes Beſizthum für das ganze Leben. Ich kaufte mir die Bücher, die man

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/43>, abgerufen am 27.04.2024.