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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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mir rieth, um von den Vorkenntnissen, die ich bereits
hatte, ausgehen, und zu dem Höheren immer weiter
streben zu können. Ich kaufte mir eine sehr große
Schiefertafel, um auf ihr meine Arbeiten ausführen
zu können. So saß ich nun in manchen Stunden, die
zum Erlernen von Kenntnissen bestimmt waren, an
meinem Tische, und rechnete. Ich ging den Gängen
der Männer nach, welche die Gestaltungen dieser
Wissenschaft nach und nach erfunden hatten, und von
diesen Gestaltungen zu immer weiteren geführt wor¬
den waren. Ich sezte mir bestimmte Zeiträume fest,
in welchen ich vom Weitergehen abließ, um das bis
dahin Errungene wiederholen, und meinem Gedächt¬
nisse einprägen zu können, ehe ich zu ferneren Theilen
vorwärts schritt. Die Bücher, welche ich nach und
nach durchnehmen wollte, hatte ich in der Ordnung auf
einem Bücherbrett aufgestellt. Ich war nach einer ver¬
hältnißmäßigen Zeit in ziemlich schwierige Abtheilungen
des höheren Gebiethes dieser Wissenschaft vorgerückt.

Der Vater erlaubte mir endlich, zuweilen im
Sommer eine Zeit hindurch entfernt von den Eltern
auf irgend einem Punkte des Landes zu wohnen. Zum
ersten Aufenthalte dieser Art wurde das Landhaus
eines Freundes meines Vaters nicht gar ferne von der

mir rieth, um von den Vorkenntniſſen, die ich bereits
hatte, ausgehen, und zu dem Höheren immer weiter
ſtreben zu können. Ich kaufte mir eine ſehr große
Schiefertafel, um auf ihr meine Arbeiten ausführen
zu können. So ſaß ich nun in manchen Stunden, die
zum Erlernen von Kenntniſſen beſtimmt waren, an
meinem Tiſche, und rechnete. Ich ging den Gängen
der Männer nach, welche die Geſtaltungen dieſer
Wiſſenſchaft nach und nach erfunden hatten, und von
dieſen Geſtaltungen zu immer weiteren geführt wor¬
den waren. Ich ſezte mir beſtimmte Zeiträume feſt,
in welchen ich vom Weitergehen abließ, um das bis
dahin Errungene wiederholen, und meinem Gedächt¬
niſſe einprägen zu können, ehe ich zu ferneren Theilen
vorwärts ſchritt. Die Bücher, welche ich nach und
nach durchnehmen wollte, hatte ich in der Ordnung auf
einem Bücherbrett aufgeſtellt. Ich war nach einer ver¬
hältnißmäßigen Zeit in ziemlich ſchwierige Abtheilungen
des höheren Gebiethes dieſer Wiſſenſchaft vorgerückt.

Der Vater erlaubte mir endlich, zuweilen im
Sommer eine Zeit hindurch entfernt von den Eltern
auf irgend einem Punkte des Landes zu wohnen. Zum
erſten Aufenthalte dieſer Art wurde das Landhaus
eines Freundes meines Vaters nicht gar ferne von der

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[30/0044] mir rieth, um von den Vorkenntniſſen, die ich bereits hatte, ausgehen, und zu dem Höheren immer weiter ſtreben zu können. Ich kaufte mir eine ſehr große Schiefertafel, um auf ihr meine Arbeiten ausführen zu können. So ſaß ich nun in manchen Stunden, die zum Erlernen von Kenntniſſen beſtimmt waren, an meinem Tiſche, und rechnete. Ich ging den Gängen der Männer nach, welche die Geſtaltungen dieſer Wiſſenſchaft nach und nach erfunden hatten, und von dieſen Geſtaltungen zu immer weiteren geführt wor¬ den waren. Ich ſezte mir beſtimmte Zeiträume feſt, in welchen ich vom Weitergehen abließ, um das bis dahin Errungene wiederholen, und meinem Gedächt¬ niſſe einprägen zu können, ehe ich zu ferneren Theilen vorwärts ſchritt. Die Bücher, welche ich nach und nach durchnehmen wollte, hatte ich in der Ordnung auf einem Bücherbrett aufgeſtellt. Ich war nach einer ver¬ hältnißmäßigen Zeit in ziemlich ſchwierige Abtheilungen des höheren Gebiethes dieſer Wiſſenſchaft vorgerückt. Der Vater erlaubte mir endlich, zuweilen im Sommer eine Zeit hindurch entfernt von den Eltern auf irgend einem Punkte des Landes zu wohnen. Zum erſten Aufenthalte dieſer Art wurde das Landhaus eines Freundes meines Vaters nicht gar ferne von der

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/44>, abgerufen am 28.04.2024.