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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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ebenfalls; denn der Winkel des Gewächshauses, in
welchem sie in freiem Boden stand, war der vernach¬
lässigteste, es lagen Blumenstäbe Bastbänder welke
Blätter und dergleichen dort, und man hatte ihn mit
Gestellen, auf welchen andere Pflanzen standen, ver¬
stellt, daß sein Anblick den Augen entzogen werde.
Man konnte den grünen Arm dieser Pflanze wohl an
der Decke des Hauses hingehen sehen, ich hatte aber
dort hinauf bei meiner ersten Anwesenheit nicht ge¬
schaut. Mein Begleiter erkannte jezt, daß es ein Ce¬
reus peruvianus sei, und erklärte mir seine Merkmale.
Sonst aber konnten wir keine Cactus in Ingheim
entdecken. Nach mancher Aufmerksamkeit, die uns in
dem Schlosse noch zu Theil wurde, begaben wir uns
gegen Abend wieder auf den Rückweg, und ich tröstete
meinen alten Begleiter mit den Worten, daß ich
glaube, daß es nicht schwer sein werde, diese Pflanze
in das Rosenhaus zu bringen. Dort würde sie die
Sammlung ergänzen und zieren, während sie in Ing¬
heim allein ist. Auch wird man wohl einem Wunsche
meines Gastfreundes willfährig sein, und ich werde
die Sache schon zu fördern trachten.

Nach kurzer Zeit traten wir unsern Weg zum Be¬
suche in dem Sternenhofe an. Dieses Mal fuhr außer

Stifter, Nachsommer. I. 29

ebenfalls; denn der Winkel des Gewächshauſes, in
welchem ſie in freiem Boden ſtand, war der vernach¬
läſſigteſte, es lagen Blumenſtäbe Baſtbänder welke
Blätter und dergleichen dort, und man hatte ihn mit
Geſtellen, auf welchen andere Pflanzen ſtanden, ver¬
ſtellt, daß ſein Anblick den Augen entzogen werde.
Man konnte den grünen Arm dieſer Pflanze wohl an
der Decke des Hauſes hingehen ſehen, ich hatte aber
dort hinauf bei meiner erſten Anweſenheit nicht ge¬
ſchaut. Mein Begleiter erkannte jezt, daß es ein Ce¬
reus peruvianus ſei, und erklärte mir ſeine Merkmale.
Sonſt aber konnten wir keine Cactus in Ingheim
entdecken. Nach mancher Aufmerkſamkeit, die uns in
dem Schloſſe noch zu Theil wurde, begaben wir uns
gegen Abend wieder auf den Rückweg, und ich tröſtete
meinen alten Begleiter mit den Worten, daß ich
glaube, daß es nicht ſchwer ſein werde, dieſe Pflanze
in das Roſenhaus zu bringen. Dort würde ſie die
Sammlung ergänzen und zieren, während ſie in Ing¬
heim allein iſt. Auch wird man wohl einem Wunſche
meines Gaſtfreundes willfährig ſein, und ich werde
die Sache ſchon zu fördern trachten.

Nach kurzer Zeit traten wir unſern Weg zum Be¬
ſuche in dem Sternenhofe an. Dieſes Mal fuhr außer

Stifter, Nachſommer. I. 29
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[449/0463] ebenfalls; denn der Winkel des Gewächshauſes, in welchem ſie in freiem Boden ſtand, war der vernach¬ läſſigteſte, es lagen Blumenſtäbe Baſtbänder welke Blätter und dergleichen dort, und man hatte ihn mit Geſtellen, auf welchen andere Pflanzen ſtanden, ver¬ ſtellt, daß ſein Anblick den Augen entzogen werde. Man konnte den grünen Arm dieſer Pflanze wohl an der Decke des Hauſes hingehen ſehen, ich hatte aber dort hinauf bei meiner erſten Anweſenheit nicht ge¬ ſchaut. Mein Begleiter erkannte jezt, daß es ein Ce¬ reus peruvianus ſei, und erklärte mir ſeine Merkmale. Sonſt aber konnten wir keine Cactus in Ingheim entdecken. Nach mancher Aufmerkſamkeit, die uns in dem Schloſſe noch zu Theil wurde, begaben wir uns gegen Abend wieder auf den Rückweg, und ich tröſtete meinen alten Begleiter mit den Worten, daß ich glaube, daß es nicht ſchwer ſein werde, dieſe Pflanze in das Roſenhaus zu bringen. Dort würde ſie die Sammlung ergänzen und zieren, während ſie in Ing¬ heim allein iſt. Auch wird man wohl einem Wunſche meines Gaſtfreundes willfährig ſein, und ich werde die Sache ſchon zu fördern trachten. Nach kurzer Zeit traten wir unſern Weg zum Be¬ ſuche in dem Sternenhofe an. Dieſes Mal fuhr außer Stifter, Nachſommer. I. 29

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/463>, abgerufen am 22.11.2024.