Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Ausruhezimmer war ein freundliches Ge¬
mach, und schien recht eigens zum Sizen und Ruhe¬
halten bestimmt. Es befaßte nichts als lauter Tische
und Size. Auf den Tischen lagen aber nicht, wie es
häufig in unsern Besuchzimmern vorkömmt, Bücher
oder Zeichnungen und dergleichen Dinge, sondern die
Tafeln derselben waren unbedeckt, und waren ausneh¬
mend gut geglättet und gereinigt. Sie waren von
dunklem Mahagoniholze, das in der Zeit noch mehr
nachgedunkelt war. Ein einziges Geräthe war da,
welches kein Tisch und kein Siz war, ein Gestelle mit
mehreren Fächern, welches Bücher enthielt. An den
Wänden hingen Kupferstiche.

"Hier könnt ihr ausruhen, wenn ihr vom Gehen
müde seid, oder überhaupt ruhen wollt, "sagte der
"Mann, ich werde gehen, und sorgen, daß man euch
etwas zu essen bereitet. Ihr müßt wohl eine Weile
allein bleiben. Auf dem Gestelle liegen Bücher, wenn
ihr etwa ein wenig in dieselben blicken wollet."

Nach diesen Worten entfernte er sich.

Ich war in der That müde und sezte mich nieder.

Als ich saß, konnte ich den Grund einsehen, we߬
halb der Mann vor dem Eintritte in dieses Zimmer
so sehr seine Fußbekleidung gereinigt, und mir den

Das Ausruhezimmer war ein freundliches Ge¬
mach, und ſchien recht eigens zum Sizen und Ruhe¬
halten beſtimmt. Es befaßte nichts als lauter Tiſche
und Size. Auf den Tiſchen lagen aber nicht, wie es
häufig in unſern Beſuchzimmern vorkömmt, Bücher
oder Zeichnungen und dergleichen Dinge, ſondern die
Tafeln derſelben waren unbedeckt, und waren ausneh¬
mend gut geglättet und gereinigt. Sie waren von
dunklem Mahagoniholze, das in der Zeit noch mehr
nachgedunkelt war. Ein einziges Geräthe war da,
welches kein Tiſch und kein Siz war, ein Geſtelle mit
mehreren Fächern, welches Bücher enthielt. An den
Wänden hingen Kupferſtiche.

„Hier könnt ihr ausruhen, wenn ihr vom Gehen
müde ſeid, oder überhaupt ruhen wollt, „ſagte der
„Mann, ich werde gehen, und ſorgen, daß man euch
etwas zu eſſen bereitet. Ihr müßt wohl eine Weile
allein bleiben. Auf dem Geſtelle liegen Bücher, wenn
ihr etwa ein wenig in dieſelben blicken wollet.“

Nach dieſen Worten entfernte er ſich.

Ich war in der That müde und ſezte mich nieder.

Als ich ſaß, konnte ich den Grund einſehen, we߬
halb der Mann vor dem Eintritte in dieſes Zimmer
ſo ſehr ſeine Fußbekleidung gereinigt, und mir den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="73"/>
Das Ausruhezimmer war ein freundliches Ge¬<lb/>
mach, und &#x017F;chien recht eigens zum Sizen und Ruhe¬<lb/>
halten be&#x017F;timmt. Es befaßte nichts als lauter Ti&#x017F;che<lb/>
und Size. Auf den Ti&#x017F;chen lagen aber nicht, wie es<lb/>
häufig in un&#x017F;ern Be&#x017F;uchzimmern vorkömmt, Bücher<lb/>
oder Zeichnungen und dergleichen Dinge, &#x017F;ondern die<lb/>
Tafeln der&#x017F;elben waren unbedeckt, und waren ausneh¬<lb/>
mend gut geglättet und gereinigt. Sie waren von<lb/>
dunklem Mahagoniholze, das in der Zeit noch mehr<lb/>
nachgedunkelt war. Ein einziges Geräthe war da,<lb/>
welches kein Ti&#x017F;ch und kein Siz war, ein Ge&#x017F;telle mit<lb/>
mehreren Fächern, welches Bücher enthielt. An den<lb/>
Wänden hingen Kupfer&#x017F;tiche.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hier könnt ihr ausruhen, wenn ihr vom Gehen<lb/>
müde &#x017F;eid, oder überhaupt ruhen wollt, &#x201E;&#x017F;agte der<lb/>
&#x201E;Mann, ich werde gehen, und &#x017F;orgen, daß man euch<lb/>
etwas zu e&#x017F;&#x017F;en bereitet. Ihr müßt wohl eine Weile<lb/>
allein bleiben. Auf dem Ge&#x017F;telle liegen Bücher, wenn<lb/>
ihr etwa ein wenig in die&#x017F;elben blicken wollet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;en Worten entfernte er &#x017F;ich.</p><lb/>
        <p>Ich war in der That müde und &#x017F;ezte mich nieder.</p><lb/>
        <p>Als ich &#x017F;aß, konnte ich den Grund ein&#x017F;ehen, we߬<lb/>
halb der Mann vor dem Eintritte in die&#x017F;es Zimmer<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;eine Fußbekleidung gereinigt, und mir den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0087] Das Ausruhezimmer war ein freundliches Ge¬ mach, und ſchien recht eigens zum Sizen und Ruhe¬ halten beſtimmt. Es befaßte nichts als lauter Tiſche und Size. Auf den Tiſchen lagen aber nicht, wie es häufig in unſern Beſuchzimmern vorkömmt, Bücher oder Zeichnungen und dergleichen Dinge, ſondern die Tafeln derſelben waren unbedeckt, und waren ausneh¬ mend gut geglättet und gereinigt. Sie waren von dunklem Mahagoniholze, das in der Zeit noch mehr nachgedunkelt war. Ein einziges Geräthe war da, welches kein Tiſch und kein Siz war, ein Geſtelle mit mehreren Fächern, welches Bücher enthielt. An den Wänden hingen Kupferſtiche. „Hier könnt ihr ausruhen, wenn ihr vom Gehen müde ſeid, oder überhaupt ruhen wollt, „ſagte der „Mann, ich werde gehen, und ſorgen, daß man euch etwas zu eſſen bereitet. Ihr müßt wohl eine Weile allein bleiben. Auf dem Geſtelle liegen Bücher, wenn ihr etwa ein wenig in dieſelben blicken wollet.“ Nach dieſen Worten entfernte er ſich. Ich war in der That müde und ſezte mich nieder. Als ich ſaß, konnte ich den Grund einſehen, we߬ halb der Mann vor dem Eintritte in dieſes Zimmer ſo ſehr ſeine Fußbekleidung gereinigt, und mir den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/87
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/87>, abgerufen am 21.11.2024.