und legte lichte Tafeln auf den schönen Fußboden des¬ selben.
Als ich eine Weile gesessen war, bemächtigte sich meiner eine seltsame Empfindung, welche ich mir An¬ fangs nicht zu erklären vermochte. Es war mir nehm¬ lich, als size ich nicht in einem Zimmer, sondern im Freien und zwar in einem stillen Walde. Ich blickte gegen die Fenster, um mir das Ding zu erklären; aber die Fenster ertheilten die Erklärung nicht: ich sah durch sie ein Stück Himmel, theils rein theils etwas bewölkt, und unter dem Himmel sah ich ein Stück Gartengrün von emporragenden Bäumen, ein Anblick, den ich wohl schon sehr oft gehabt hatte. Ich spürte eine reine freie Luft mich umgeben. Die Ursache davon war, daß die Fenster des Zimmers in ihren oberen Theilen offen waren. Diese oberen Theile konnten nicht nach Innen geöffnet werden, wie das gewöhnlich der Fall ist, sondern waren nur zu verschieben, und zwar so, daß einmal Glas in dem Rahmen vorge¬ schoben werden konnte, ein anderes Mal ein zarter Flor von weißgrauer Seide. Da ich in dem Zimmer saß, war das Leztere der Fall. Die Luft konnte frei herein strömen, Fliegen und Staub waren aber aus¬ geschlossen.
und legte lichte Tafeln auf den ſchönen Fußboden des¬ ſelben.
Als ich eine Weile geſeſſen war, bemächtigte ſich meiner eine ſeltſame Empfindung, welche ich mir An¬ fangs nicht zu erklären vermochte. Es war mir nehm¬ lich, als ſize ich nicht in einem Zimmer, ſondern im Freien und zwar in einem ſtillen Walde. Ich blickte gegen die Fenſter, um mir das Ding zu erklären; aber die Fenſter ertheilten die Erklärung nicht: ich ſah durch ſie ein Stück Himmel, theils rein theils etwas bewölkt, und unter dem Himmel ſah ich ein Stück Gartengrün von emporragenden Bäumen, ein Anblick, den ich wohl ſchon ſehr oft gehabt hatte. Ich ſpürte eine reine freie Luft mich umgeben. Die Urſache davon war, daß die Fenſter des Zimmers in ihren oberen Theilen offen waren. Dieſe oberen Theile konnten nicht nach Innen geöffnet werden, wie das gewöhnlich der Fall iſt, ſondern waren nur zu verſchieben, und zwar ſo, daß einmal Glas in dem Rahmen vorge¬ ſchoben werden konnte, ein anderes Mal ein zarter Flor von weißgrauer Seide. Da ich in dem Zimmer ſaß, war das Leztere der Fall. Die Luft konnte frei herein ſtrömen, Fliegen und Staub waren aber aus¬ geſchloſſen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0089"n="75"/>
und legte lichte Tafeln auf den ſchönen Fußboden des¬<lb/>ſelben.</p><lb/><p>Als ich eine Weile geſeſſen war, bemächtigte ſich<lb/>
meiner eine ſeltſame Empfindung, welche ich mir An¬<lb/>
fangs nicht zu erklären vermochte. Es war mir nehm¬<lb/>
lich, als ſize ich nicht in einem Zimmer, ſondern im<lb/>
Freien und zwar in einem ſtillen Walde. Ich blickte<lb/>
gegen die Fenſter, um mir das Ding zu erklären;<lb/>
aber die Fenſter ertheilten die Erklärung nicht: ich ſah<lb/>
durch ſie ein Stück Himmel, theils rein theils etwas<lb/>
bewölkt, und unter dem Himmel ſah ich ein Stück<lb/>
Gartengrün von emporragenden Bäumen, ein Anblick,<lb/>
den ich wohl ſchon ſehr oft gehabt hatte. Ich ſpürte<lb/>
eine reine freie Luft mich umgeben. Die Urſache davon<lb/>
war, daß die Fenſter des Zimmers in ihren oberen<lb/>
Theilen offen waren. Dieſe oberen Theile konnten<lb/>
nicht nach Innen geöffnet werden, wie das gewöhnlich<lb/>
der Fall iſt, ſondern waren nur zu verſchieben, und<lb/>
zwar ſo, daß einmal Glas in dem Rahmen vorge¬<lb/>ſchoben werden konnte, ein anderes Mal ein zarter<lb/>
Flor von weißgrauer Seide. Da ich in dem Zimmer<lb/>ſaß, war das Leztere der Fall. Die Luft konnte frei<lb/>
herein ſtrömen, Fliegen und Staub waren aber aus¬<lb/>
geſchloſſen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[75/0089]
und legte lichte Tafeln auf den ſchönen Fußboden des¬
ſelben.
Als ich eine Weile geſeſſen war, bemächtigte ſich
meiner eine ſeltſame Empfindung, welche ich mir An¬
fangs nicht zu erklären vermochte. Es war mir nehm¬
lich, als ſize ich nicht in einem Zimmer, ſondern im
Freien und zwar in einem ſtillen Walde. Ich blickte
gegen die Fenſter, um mir das Ding zu erklären;
aber die Fenſter ertheilten die Erklärung nicht: ich ſah
durch ſie ein Stück Himmel, theils rein theils etwas
bewölkt, und unter dem Himmel ſah ich ein Stück
Gartengrün von emporragenden Bäumen, ein Anblick,
den ich wohl ſchon ſehr oft gehabt hatte. Ich ſpürte
eine reine freie Luft mich umgeben. Die Urſache davon
war, daß die Fenſter des Zimmers in ihren oberen
Theilen offen waren. Dieſe oberen Theile konnten
nicht nach Innen geöffnet werden, wie das gewöhnlich
der Fall iſt, ſondern waren nur zu verſchieben, und
zwar ſo, daß einmal Glas in dem Rahmen vorge¬
ſchoben werden konnte, ein anderes Mal ein zarter
Flor von weißgrauer Seide. Da ich in dem Zimmer
ſaß, war das Leztere der Fall. Die Luft konnte frei
herein ſtrömen, Fliegen und Staub waren aber aus¬
geſchloſſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/89>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.