Hause wenig verändert, und gab nicht die Aussicht auf baldigen Ausbruch des Regens.
Ein Umblick überzeugte mich sogleich, daß der Garten hinter dem Hause sehr groß sei. Er war aber kein Garten, wie man sie gerne hinter und neben den Landhäusern der Städter anlegt, nehmlich, daß man unfruchtbare oder höchstens Zierfrüchte tragende Ge¬ büsche und Bäume pflegt, und zwischen ihnen Rasen und Sandwege oder einige Blumenhügel oder Blu¬ menkreise herrichtet, sondern es war ein Garten, der mich an den meiner Eltern bei dem Vorstadthause er¬ innerte. Es war da eine weitläufige Anlage von Obst¬ bäumen, die aber hinlänglich Raum ließen, daß frucht¬ bare oder auch nur zum Blühen bestimmte Gesträuche dazwischen stehen konnten, und daß Gemüse und Blu¬ men vollständig zu gedeihen vermochten. Die Blumen standen theils in eigenen Beeten, theils liefen sie als Einfriedigung hin, theils befanden sie sich auf eigenen Pläzen, wo sie sich schön darstellten. Mich empfingen von je her solche Gärten mit dem Gefühle der Häus¬ lichkeit und Nüzlichkeit, während die anderen einerseits mit keiner Frucht auf das Haus denken, und anderer¬ seits Wahrhaftig auch kein Wald sind. Was zur Ro¬ senzeit blühen konnte, blühte und duftete, und weil
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Hauſe wenig verändert, und gab nicht die Ausſicht auf baldigen Ausbruch des Regens.
Ein Umblick überzeugte mich ſogleich, daß der Garten hinter dem Hauſe ſehr groß ſei. Er war aber kein Garten, wie man ſie gerne hinter und neben den Landhäuſern der Städter anlegt, nehmlich, daß man unfruchtbare oder höchſtens Zierfrüchte tragende Ge¬ büſche und Bäume pflegt, und zwiſchen ihnen Raſen und Sandwege oder einige Blumenhügel oder Blu¬ menkreiſe herrichtet, ſondern es war ein Garten, der mich an den meiner Eltern bei dem Vorſtadthauſe er¬ innerte. Es war da eine weitläufige Anlage von Obſt¬ bäumen, die aber hinlänglich Raum ließen, daß frucht¬ bare oder auch nur zum Blühen beſtimmte Geſträuche dazwiſchen ſtehen konnten, und daß Gemüſe und Blu¬ men vollſtändig zu gedeihen vermochten. Die Blumen ſtanden theils in eigenen Beeten, theils liefen ſie als Einfriedigung hin, theils befanden ſie ſich auf eigenen Pläzen, wo ſie ſich ſchön darſtellten. Mich empfingen von je her ſolche Gärten mit dem Gefühle der Häus¬ lichkeit und Nüzlichkeit, während die anderen einerſeits mit keiner Frucht auf das Haus denken, und anderer¬ ſeits Wahrhaftig auch kein Wald ſind. Was zur Ro¬ ſenzeit blühen konnte, blühte und duftete, und weil
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Hauſe wenig verändert, und gab nicht die Ausſicht auf
baldigen Ausbruch des Regens.
Ein Umblick überzeugte mich ſogleich, daß der
Garten hinter dem Hauſe ſehr groß ſei. Er war aber
kein Garten, wie man ſie gerne hinter und neben den
Landhäuſern der Städter anlegt, nehmlich, daß man
unfruchtbare oder höchſtens Zierfrüchte tragende Ge¬
büſche und Bäume pflegt, und zwiſchen ihnen Raſen
und Sandwege oder einige Blumenhügel oder Blu¬
menkreiſe herrichtet, ſondern es war ein Garten, der
mich an den meiner Eltern bei dem Vorſtadthauſe er¬
innerte. Es war da eine weitläufige Anlage von Obſt¬
bäumen, die aber hinlänglich Raum ließen, daß frucht¬
bare oder auch nur zum Blühen beſtimmte Geſträuche
dazwiſchen ſtehen konnten, und daß Gemüſe und Blu¬
men vollſtändig zu gedeihen vermochten. Die Blumen
ſtanden theils in eigenen Beeten, theils liefen ſie als
Einfriedigung hin, theils befanden ſie ſich auf eigenen
Pläzen, wo ſie ſich ſchön darſtellten. Mich empfingen
von je her ſolche Gärten mit dem Gefühle der Häus¬
lichkeit und Nüzlichkeit, während die anderen einerſeits
mit keiner Frucht auf das Haus denken, und anderer¬
ſeits Wahrhaftig auch kein Wald ſind. Was zur Ro¬
ſenzeit blühen konnte, blühte und duftete, und weil
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/97>, abgerufen am 21.11.2024.
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