Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

einen Gegenstand, der meinem Vater nahe gehe.
Nicht vorzüglich, weil diese Dinge schön seien, ob¬
wohl dies auch ein Antrieb für sich sein könnte, son¬
dern hauptsächlich darum suche ich darnach zu for¬
schen, weil sie dem Vater Freude machen. Je älter er
werde, desto mehr schließe er sich in einem engen
Raume ab, sein Geschäftszimmer und sein Haus wer¬
den nach und nach seine ganze Welt, und da seien es
vorzüglich Werke der bildenden Kunst und die Bü¬
cher, mit denen er sich beschäftige, und die Wirkung,
welche diese Dinge auf ihn machen, wachse mit den
Jahren. Er habe sich von dem Schnizwerke in den
ersten Tagen kaum trennen können, er habe es in al¬
len Theilen genau betrachtet, und sei zulezt so mit
demselben bekannt geworden, als wäre er bei dessen
Verfertigung zugegen gewesen. Darum wolle ich so
vorgehen, daß ich mich nicht in die Lage seze, mir
einen Vorwurf machen zu müssen, daß ich in meinen
Nachforschungen etwas versäumt habe. Bisher seien
sie freilich fruchtlos gewesen.

Mein Gastfreund fragte mich noch um einige
Theile des Werkes und seines Auffindens, die ich
ihm nicht dargestellt hatte, oder die ihm dunkel geblie¬
ben waren, und ließ sich die Örtlichkeiten des Auffin¬

einen Gegenſtand, der meinem Vater nahe gehe.
Nicht vorzüglich, weil dieſe Dinge ſchön ſeien, ob¬
wohl dies auch ein Antrieb für ſich ſein könnte, ſon¬
dern hauptſächlich darum ſuche ich darnach zu for¬
ſchen, weil ſie dem Vater Freude machen. Je älter er
werde, deſto mehr ſchließe er ſich in einem engen
Raume ab, ſein Geſchäftszimmer und ſein Haus wer¬
den nach und nach ſeine ganze Welt, und da ſeien es
vorzüglich Werke der bildenden Kunſt und die Bü¬
cher, mit denen er ſich beſchäftige, und die Wirkung,
welche dieſe Dinge auf ihn machen, wachſe mit den
Jahren. Er habe ſich von dem Schnizwerke in den
erſten Tagen kaum trennen können, er habe es in al¬
len Theilen genau betrachtet, und ſei zulezt ſo mit
demſelben bekannt geworden, als wäre er bei deſſen
Verfertigung zugegen geweſen. Darum wolle ich ſo
vorgehen, daß ich mich nicht in die Lage ſeze, mir
einen Vorwurf machen zu müſſen, daß ich in meinen
Nachforſchungen etwas verſäumt habe. Bisher ſeien
ſie freilich fruchtlos geweſen.

Mein Gaſtfreund fragte mich noch um einige
Theile des Werkes und ſeines Auffindens, die ich
ihm nicht dargeſtellt hatte, oder die ihm dunkel geblie¬
ben waren, und ließ ſich die Örtlichkeiten des Auffin¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="89"/>
einen Gegen&#x017F;tand, der meinem Vater nahe gehe.<lb/>
Nicht vorzüglich, weil die&#x017F;e Dinge &#x017F;chön &#x017F;eien, ob¬<lb/>
wohl dies auch ein Antrieb für &#x017F;ich &#x017F;ein könnte, &#x017F;on¬<lb/>
dern haupt&#x017F;ächlich darum &#x017F;uche ich darnach zu for¬<lb/>
&#x017F;chen, weil &#x017F;ie dem Vater Freude machen. Je älter er<lb/>
werde, de&#x017F;to mehr &#x017F;chließe er &#x017F;ich in einem engen<lb/>
Raume ab, &#x017F;ein Ge&#x017F;chäftszimmer und &#x017F;ein Haus wer¬<lb/>
den nach und nach &#x017F;eine ganze Welt, und da &#x017F;eien es<lb/>
vorzüglich Werke der bildenden Kun&#x017F;t und die Bü¬<lb/>
cher, mit denen er &#x017F;ich be&#x017F;chäftige, und die Wirkung,<lb/>
welche die&#x017F;e Dinge auf ihn machen, wach&#x017F;e mit den<lb/>
Jahren. Er habe &#x017F;ich von dem Schnizwerke in den<lb/>
er&#x017F;ten Tagen kaum trennen können, er habe es in al¬<lb/>
len Theilen genau betrachtet, und &#x017F;ei zulezt &#x017F;o mit<lb/>
dem&#x017F;elben bekannt geworden, als wäre er bei de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Verfertigung zugegen gewe&#x017F;en. Darum wolle ich &#x017F;o<lb/>
vorgehen, daß ich mich nicht in die Lage &#x017F;eze, mir<lb/>
einen Vorwurf machen zu mü&#x017F;&#x017F;en, daß ich in meinen<lb/>
Nachfor&#x017F;chungen etwas ver&#x017F;äumt habe. Bisher &#x017F;eien<lb/>
&#x017F;ie freilich fruchtlos gewe&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Mein Ga&#x017F;tfreund fragte mich noch um einige<lb/>
Theile des Werkes und &#x017F;eines Auffindens, die ich<lb/>
ihm nicht darge&#x017F;tellt hatte, oder die ihm dunkel geblie¬<lb/>
ben waren, und ließ &#x017F;ich die Örtlichkeiten des Auffin¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0103] einen Gegenſtand, der meinem Vater nahe gehe. Nicht vorzüglich, weil dieſe Dinge ſchön ſeien, ob¬ wohl dies auch ein Antrieb für ſich ſein könnte, ſon¬ dern hauptſächlich darum ſuche ich darnach zu for¬ ſchen, weil ſie dem Vater Freude machen. Je älter er werde, deſto mehr ſchließe er ſich in einem engen Raume ab, ſein Geſchäftszimmer und ſein Haus wer¬ den nach und nach ſeine ganze Welt, und da ſeien es vorzüglich Werke der bildenden Kunſt und die Bü¬ cher, mit denen er ſich beſchäftige, und die Wirkung, welche dieſe Dinge auf ihn machen, wachſe mit den Jahren. Er habe ſich von dem Schnizwerke in den erſten Tagen kaum trennen können, er habe es in al¬ len Theilen genau betrachtet, und ſei zulezt ſo mit demſelben bekannt geworden, als wäre er bei deſſen Verfertigung zugegen geweſen. Darum wolle ich ſo vorgehen, daß ich mich nicht in die Lage ſeze, mir einen Vorwurf machen zu müſſen, daß ich in meinen Nachforſchungen etwas verſäumt habe. Bisher ſeien ſie freilich fruchtlos geweſen. Mein Gaſtfreund fragte mich noch um einige Theile des Werkes und ſeines Auffindens, die ich ihm nicht dargeſtellt hatte, oder die ihm dunkel geblie¬ ben waren, und ließ ſich die Örtlichkeiten des Auffin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/103
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/103>, abgerufen am 24.11.2024.