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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Ich ging auch einige Male zu dem Lautersee. Ich
hatte im vorigen Jahre angefangen, seine Tiefe an
verschiedenen Stellen zu messen, um ein Bild darzu¬
stellen, in welchem sich die Berge, die den See um¬
standen, sichtbar auch unter der Wasserfläche fortsez¬
ten, und nur durch einen tieferen Ton gedämpft wa¬
ren. Der Reiz, der diese Aufnahme herbei geführt
hatte, stellte sich wieder ein, und ich sezte die Messun¬
gen nach einem Plane fort, um die Thalsohle des
Sees immer richtiger zu ergründen, und das Bild
einer größeren Sicherstellung entgegen zu führen.
Gustav begleitete mich mehrere Male, und arbeitete
mit den Männern, die ich gedungen hatte, das Schif
zu lenken, die Schnüre auszuwerfen, die Kloben zu
richten, an denen sich die Senkgewichte abwickelten,
oder andere Dinge zu thun, die sich als nothwendig
erwiesen.

Besondere Freude machte es mir, daß ich nach
und nach die Feinheiten des menschlichen Angesichtes
immer besser behandeln lernte, besonders, was mir
früher so schwer war, wenn der leichte Duft der Farbe
über die Wangen schöner Mädchen ging, die sich sanft
rundeten, schier keine Abwechslung zeigten, und doch
so mannigfaltig waren. Mir waren die Versuche am

Ich ging auch einige Male zu dem Lauterſee. Ich
hatte im vorigen Jahre angefangen, ſeine Tiefe an
verſchiedenen Stellen zu meſſen, um ein Bild darzu¬
ſtellen, in welchem ſich die Berge, die den See um¬
ſtanden, ſichtbar auch unter der Waſſerfläche fortſez¬
ten, und nur durch einen tieferen Ton gedämpft wa¬
ren. Der Reiz, der dieſe Aufnahme herbei geführt
hatte, ſtellte ſich wieder ein, und ich ſezte die Meſſun¬
gen nach einem Plane fort, um die Thalſohle des
Sees immer richtiger zu ergründen, und das Bild
einer größeren Sicherſtellung entgegen zu führen.
Guſtav begleitete mich mehrere Male, und arbeitete
mit den Männern, die ich gedungen hatte, das Schif
zu lenken, die Schnüre auszuwerfen, die Kloben zu
richten, an denen ſich die Senkgewichte abwickelten,
oder andere Dinge zu thun, die ſich als nothwendig
erwieſen.

Beſondere Freude machte es mir, daß ich nach
und nach die Feinheiten des menſchlichen Angeſichtes
immer beſſer behandeln lernte, beſonders, was mir
früher ſo ſchwer war, wenn der leichte Duft der Farbe
über die Wangen ſchöner Mädchen ging, die ſich ſanft
rundeten, ſchier keine Abwechslung zeigten, und doch
ſo mannigfaltig waren. Mir waren die Verſuche am

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[102/0116] Ich ging auch einige Male zu dem Lauterſee. Ich hatte im vorigen Jahre angefangen, ſeine Tiefe an verſchiedenen Stellen zu meſſen, um ein Bild darzu¬ ſtellen, in welchem ſich die Berge, die den See um¬ ſtanden, ſichtbar auch unter der Waſſerfläche fortſez¬ ten, und nur durch einen tieferen Ton gedämpft wa¬ ren. Der Reiz, der dieſe Aufnahme herbei geführt hatte, ſtellte ſich wieder ein, und ich ſezte die Meſſun¬ gen nach einem Plane fort, um die Thalſohle des Sees immer richtiger zu ergründen, und das Bild einer größeren Sicherſtellung entgegen zu führen. Guſtav begleitete mich mehrere Male, und arbeitete mit den Männern, die ich gedungen hatte, das Schif zu lenken, die Schnüre auszuwerfen, die Kloben zu richten, an denen ſich die Senkgewichte abwickelten, oder andere Dinge zu thun, die ſich als nothwendig erwieſen. Beſondere Freude machte es mir, daß ich nach und nach die Feinheiten des menſchlichen Angeſichtes immer beſſer behandeln lernte, beſonders, was mir früher ſo ſchwer war, wenn der leichte Duft der Farbe über die Wangen ſchöner Mädchen ging, die ſich ſanft rundeten, ſchier keine Abwechslung zeigten, und doch ſo mannigfaltig waren. Mir waren die Verſuche am

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/116>, abgerufen am 24.11.2024.