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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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es so zwingt, das Bild mit zu malen, zu dem ein
Licht in dem Farbenkasten nicht war. Ich erkannte,
wie der eine in durchsichtigen Farben untermalte, und
auf diese seine festen körperigen Farben aufsezte, oder
wie ein anderer Farbe auf Farbe mit breitem Pinsel
hinstellt, und mit ihm die Übergänge vermittelt, und
mit ihm die Zeichnung umreißt. Daß alte Bilder dü¬
sterer sind, erschien mir einleuchtend, da das Öhl die
Farben nachdunkeln macht, und der Firniß eine dunkle
bräunliche Farbe erhält. Beides haben umsichtige
Meister mehr als voreilige zu vermeiden gewußt, und
mein Gastfreund hatte Bilder, die in schöner Pracht
und Farbenherrlichkeit leuchteten, obwohl auch bei
ihnen die Würde bewahrt blieb, daß sie mehr die
Kraft des Tones als auffallende oder etwa gar un¬
wahre Farben brachten. Da ich schon viel mit Farben
beschäftigt gewesen war, so verweilte ich oft lange bei
einem Bilde, um zu ergründen, wie es gemalt ist,
und auf welche Weise die Stoffe behandelt worden
sind. In dem Rosenzimmerchen Mathildens, wohin
mich mein Gastfreund führte, um auch dort die Bil¬
der zu sehen, hingen vier kleine Gemälde, davon zwei
von Tizian waren, eines von Dominichino und eines
von Guido Reni. Sie waren an Größe fast gleich

es ſo zwingt, das Bild mit zu malen, zu dem ein
Licht in dem Farbenkaſten nicht war. Ich erkannte,
wie der eine in durchſichtigen Farben untermalte, und
auf dieſe ſeine feſten körperigen Farben aufſezte, oder
wie ein anderer Farbe auf Farbe mit breitem Pinſel
hinſtellt, und mit ihm die Übergänge vermittelt, und
mit ihm die Zeichnung umreißt. Daß alte Bilder dü¬
ſterer ſind, erſchien mir einleuchtend, da das Öhl die
Farben nachdunkeln macht, und der Firniß eine dunkle
bräunliche Farbe erhält. Beides haben umſichtige
Meiſter mehr als voreilige zu vermeiden gewußt, und
mein Gaſtfreund hatte Bilder, die in ſchöner Pracht
und Farbenherrlichkeit leuchteten, obwohl auch bei
ihnen die Würde bewahrt blieb, daß ſie mehr die
Kraft des Tones als auffallende oder etwa gar un¬
wahre Farben brachten. Da ich ſchon viel mit Farben
beſchäftigt geweſen war, ſo verweilte ich oft lange bei
einem Bilde, um zu ergründen, wie es gemalt iſt,
und auf welche Weiſe die Stoffe behandelt worden
ſind. In dem Roſenzimmerchen Mathildens, wohin
mich mein Gaſtfreund führte, um auch dort die Bil¬
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von Tizian waren, eines von Dominichino und eines
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[149/0163] es ſo zwingt, das Bild mit zu malen, zu dem ein Licht in dem Farbenkaſten nicht war. Ich erkannte, wie der eine in durchſichtigen Farben untermalte, und auf dieſe ſeine feſten körperigen Farben aufſezte, oder wie ein anderer Farbe auf Farbe mit breitem Pinſel hinſtellt, und mit ihm die Übergänge vermittelt, und mit ihm die Zeichnung umreißt. Daß alte Bilder dü¬ ſterer ſind, erſchien mir einleuchtend, da das Öhl die Farben nachdunkeln macht, und der Firniß eine dunkle bräunliche Farbe erhält. Beides haben umſichtige Meiſter mehr als voreilige zu vermeiden gewußt, und mein Gaſtfreund hatte Bilder, die in ſchöner Pracht und Farbenherrlichkeit leuchteten, obwohl auch bei ihnen die Würde bewahrt blieb, daß ſie mehr die Kraft des Tones als auffallende oder etwa gar un¬ wahre Farben brachten. Da ich ſchon viel mit Farben beſchäftigt geweſen war, ſo verweilte ich oft lange bei einem Bilde, um zu ergründen, wie es gemalt iſt, und auf welche Weiſe die Stoffe behandelt worden ſind. In dem Roſenzimmerchen Mathildens, wohin mich mein Gaſtfreund führte, um auch dort die Bil¬ der zu ſehen, hingen vier kleine Gemälde, davon zwei von Tizian waren, eines von Dominichino und eines von Guido Reni. Sie waren an Größe faſt gleich

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/163>, abgerufen am 21.11.2024.