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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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lernen als bei Gemälden, da mein Freund alte und
neue Kupferstiche hatte, während in seinem Bilder¬
zimmer nur sehr wenige neue Bilder hingen, die Ver¬
gleichung also schwieriger war, und ich mich auf die
neuen Bilder weniger erinnerte, welche ich in der
Stadt gesehen hatte, und welche ich auch mit anderen
Augen mochte angeschaut haben. Ich lernte die Fein¬
heiten die Großartigkeit die Schönheit die Ruhe in
der Behandlung immer mehr kennen und würdigen,
und beschloß, da mir Kupferstiche weit leichter zu er¬
werben waren als Gemälde, vorläufig damit zu be¬
ginnen, mir Blätter, die ich für trefflich hielt, zu kaufen,
und eine Sammlung anzubahnen. Es war eine ziem¬
liche Zeit hingegangen, die ich mit Betrachtung und
Einprägung der Kupferstiche und Gemälde verbrachte.
Eustach war häufig bei mir, wir sprachen über die
Dinge, und ich lernte täglich höher von diesem
Manne denken.

Ich kam während dieser Zeit auch öfter in das
Schreinerhaus und andere Werkstätten, und sah zu,
was da verfertiget werde.

Bei diesen Veranlassungen fiel es mir auf, daß
mein Gastfreund noch nicht begonnen hatte, aus dem
in Wahrheit gewiß außerordentlich schönen Marmor,

lernen als bei Gemälden, da mein Freund alte und
neue Kupferſtiche hatte, während in ſeinem Bilder¬
zimmer nur ſehr wenige neue Bilder hingen, die Ver¬
gleichung alſo ſchwieriger war, und ich mich auf die
neuen Bilder weniger erinnerte, welche ich in der
Stadt geſehen hatte, und welche ich auch mit anderen
Augen mochte angeſchaut haben. Ich lernte die Fein¬
heiten die Großartigkeit die Schönheit die Ruhe in
der Behandlung immer mehr kennen und würdigen,
und beſchloß, da mir Kupferſtiche weit leichter zu er¬
werben waren als Gemälde, vorläufig damit zu be¬
ginnen, mir Blätter, die ich für trefflich hielt, zu kaufen,
und eine Sammlung anzubahnen. Es war eine ziem¬
liche Zeit hingegangen, die ich mit Betrachtung und
Einprägung der Kupferſtiche und Gemälde verbrachte.
Euſtach war häufig bei mir, wir ſprachen über die
Dinge, und ich lernte täglich höher von dieſem
Manne denken.

Ich kam während dieſer Zeit auch öfter in das
Schreinerhaus und andere Werkſtätten, und ſah zu,
was da verfertiget werde.

Bei dieſen Veranlaſſungen fiel es mir auf, daß
mein Gaſtfreund noch nicht begonnen hatte, aus dem
in Wahrheit gewiß außerordentlich ſchönen Marmor,

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[170/0184] lernen als bei Gemälden, da mein Freund alte und neue Kupferſtiche hatte, während in ſeinem Bilder¬ zimmer nur ſehr wenige neue Bilder hingen, die Ver¬ gleichung alſo ſchwieriger war, und ich mich auf die neuen Bilder weniger erinnerte, welche ich in der Stadt geſehen hatte, und welche ich auch mit anderen Augen mochte angeſchaut haben. Ich lernte die Fein¬ heiten die Großartigkeit die Schönheit die Ruhe in der Behandlung immer mehr kennen und würdigen, und beſchloß, da mir Kupferſtiche weit leichter zu er¬ werben waren als Gemälde, vorläufig damit zu be¬ ginnen, mir Blätter, die ich für trefflich hielt, zu kaufen, und eine Sammlung anzubahnen. Es war eine ziem¬ liche Zeit hingegangen, die ich mit Betrachtung und Einprägung der Kupferſtiche und Gemälde verbrachte. Euſtach war häufig bei mir, wir ſprachen über die Dinge, und ich lernte täglich höher von dieſem Manne denken. Ich kam während dieſer Zeit auch öfter in das Schreinerhaus und andere Werkſtätten, und ſah zu, was da verfertiget werde. Bei dieſen Veranlaſſungen fiel es mir auf, daß mein Gaſtfreund noch nicht begonnen hatte, aus dem in Wahrheit gewiß außerordentlich ſchönen Marmor,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/184>, abgerufen am 17.05.2024.