Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

schiedene Dinge aus Marmor verfertigte. Der Ort hieß
das Rothmoor, weßhalb, konnte ich nicht ergründen;
denn es war überall Gestein und rauschendes Wasser,
und von einem Moore war auf Meilen in der Länge
und Breite nichts zu finden; aber der Ort hieß so.
Es befanden sich dort mehrere Stücke Marmor von
mir, damit aus denselben etwas für den Vater ge¬
macht würde. Das größte Stück war fast rosenroth,
und es sollte daraus ein Wasserbecken für den Garten
werden. Das Becken aber hatte ich selber entworfen.
Aus großer Vorliebe für Gewächse hatte ich seine Ge¬
stalt aus dem Gewächsreiche genommen. Es war ein
Blatt, welches dem der Einbeere sehr ähnlich war, in
welchem die glänzende dunkelschwarze Kugel liegt.
Ich hatte das Blatt nach einem wirklichen aus Wachs
gebildet, nur die Auszackung machte ich geringer und
die Tiefe größer. Das Wachsblatt wurde von einem
Arbeiter, der des Gestaltens sehr kundig war, in
Gips bedeutend größer nachgebildet, und nach dem
Gipsblatte sollte das Marmorbecken gearbeitet wer¬
den. In der Tiefe desselben sollte wie bei dem Ein¬
beerenblatte die Kugel liegen, und aus einem Stiele,
der sich über das Blatt erhebt, soll das Wasser in
einem feinen Strahle in das Blatt springen. Das

ſchiedene Dinge aus Marmor verfertigte. Der Ort hieß
das Rothmoor, weßhalb, konnte ich nicht ergründen;
denn es war überall Geſtein und rauſchendes Waſſer,
und von einem Moore war auf Meilen in der Länge
und Breite nichts zu finden; aber der Ort hieß ſo.
Es befanden ſich dort mehrere Stücke Marmor von
mir, damit aus denſelben etwas für den Vater ge¬
macht würde. Das größte Stück war faſt roſenroth,
und es ſollte daraus ein Waſſerbecken für den Garten
werden. Das Becken aber hatte ich ſelber entworfen.
Aus großer Vorliebe für Gewächſe hatte ich ſeine Ge¬
ſtalt aus dem Gewächsreiche genommen. Es war ein
Blatt, welches dem der Einbeere ſehr ähnlich war, in
welchem die glänzende dunkelſchwarze Kugel liegt.
Ich hatte das Blatt nach einem wirklichen aus Wachs
gebildet, nur die Auszackung machte ich geringer und
die Tiefe größer. Das Wachsblatt wurde von einem
Arbeiter, der des Geſtaltens ſehr kundig war, in
Gips bedeutend größer nachgebildet, und nach dem
Gipsblatte ſollte das Marmorbecken gearbeitet wer¬
den. In der Tiefe desſelben ſollte wie bei dem Ein¬
beerenblatte die Kugel liegen, und aus einem Stiele,
der ſich über das Blatt erhebt, ſoll das Waſſer in
einem feinen Strahle in das Blatt ſpringen. Das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="172"/>
&#x017F;chiedene Dinge aus Marmor verfertigte. Der Ort hieß<lb/>
das Rothmoor, weßhalb, konnte ich nicht ergründen;<lb/>
denn es war überall Ge&#x017F;tein und rau&#x017F;chendes Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
und von einem Moore war auf Meilen in der Länge<lb/>
und Breite nichts zu finden; aber der Ort hieß &#x017F;o.<lb/>
Es befanden &#x017F;ich dort mehrere Stücke Marmor von<lb/>
mir, damit aus den&#x017F;elben etwas für den Vater ge¬<lb/>
macht würde. Das größte Stück war fa&#x017F;t ro&#x017F;enroth,<lb/>
und es &#x017F;ollte daraus ein Wa&#x017F;&#x017F;erbecken für den Garten<lb/>
werden. Das Becken aber hatte ich &#x017F;elber entworfen.<lb/>
Aus großer Vorliebe für Gewäch&#x017F;e hatte ich &#x017F;eine Ge¬<lb/>
&#x017F;talt aus dem Gewächsreiche genommen. Es war ein<lb/>
Blatt, welches dem der Einbeere &#x017F;ehr ähnlich war, in<lb/>
welchem die glänzende dunkel&#x017F;chwarze Kugel liegt.<lb/>
Ich hatte das Blatt nach einem wirklichen aus Wachs<lb/>
gebildet, nur die Auszackung machte ich geringer und<lb/>
die Tiefe größer. Das Wachsblatt wurde von einem<lb/>
Arbeiter, der des Ge&#x017F;taltens &#x017F;ehr kundig war, in<lb/>
Gips bedeutend größer nachgebildet, und nach dem<lb/>
Gipsblatte &#x017F;ollte das Marmorbecken gearbeitet wer¬<lb/>
den. In der Tiefe des&#x017F;elben &#x017F;ollte wie bei dem Ein¬<lb/>
beerenblatte die Kugel liegen, und aus einem Stiele,<lb/>
der &#x017F;ich über das Blatt erhebt, &#x017F;oll das Wa&#x017F;&#x017F;er in<lb/>
einem feinen Strahle in das Blatt &#x017F;pringen. Das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0186] ſchiedene Dinge aus Marmor verfertigte. Der Ort hieß das Rothmoor, weßhalb, konnte ich nicht ergründen; denn es war überall Geſtein und rauſchendes Waſſer, und von einem Moore war auf Meilen in der Länge und Breite nichts zu finden; aber der Ort hieß ſo. Es befanden ſich dort mehrere Stücke Marmor von mir, damit aus denſelben etwas für den Vater ge¬ macht würde. Das größte Stück war faſt roſenroth, und es ſollte daraus ein Waſſerbecken für den Garten werden. Das Becken aber hatte ich ſelber entworfen. Aus großer Vorliebe für Gewächſe hatte ich ſeine Ge¬ ſtalt aus dem Gewächsreiche genommen. Es war ein Blatt, welches dem der Einbeere ſehr ähnlich war, in welchem die glänzende dunkelſchwarze Kugel liegt. Ich hatte das Blatt nach einem wirklichen aus Wachs gebildet, nur die Auszackung machte ich geringer und die Tiefe größer. Das Wachsblatt wurde von einem Arbeiter, der des Geſtaltens ſehr kundig war, in Gips bedeutend größer nachgebildet, und nach dem Gipsblatte ſollte das Marmorbecken gearbeitet wer¬ den. In der Tiefe desſelben ſollte wie bei dem Ein¬ beerenblatte die Kugel liegen, und aus einem Stiele, der ſich über das Blatt erhebt, ſoll das Waſſer in einem feinen Strahle in das Blatt ſpringen. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/186
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/186>, abgerufen am 24.11.2024.