Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Als die Rosenblüthe gänzlich vorüber war, be¬
schlossen wir, uns auch eine Zeit in dem Sternenhofe
aufzuhalten. Da wir den Hügel zu ihm hinan fuhren,
sah ich, daß Gerüste an dem Mauerwerke aufge¬
schlagen waren, und als wir uns genähert hatten,
erkannte ich, daß die Arbeiter, die sich auf den Ge¬
rüsten befanden, damit beschäftigt waren, die Tünche
von den breiten Steinen, welche an die Oberfläche
der Mauern gingen, abzunehmen, und die Steine zu
reinigen. Man hatte vorher an einem abgelegenen
Theile des Hauses einen Versuch gemacht, welcher
sich bewährte, und welcher darthat, daß das Haus
ohne Tünche viel schöner aussehen werde.

In dem Sternenhofe wurde ich so freundlich be¬
handelt, wie in der früheren Zeit, ja wenn ich mei¬
nem Gefühle trauen durfte, und wenn man so feine
Unterscheidungen machen darf, noch freundlicher als
früher. Mathilde zeigte mir selber alles, von dem sie
glaubte, daß es mir von einigem Werthe sein könnte,
und erklärte mir bei diesem Vorgange alles, von dem
sie glaubte, daß es einer Erklärung bedürfen könnte.
Während dieses meines Aufenthaltes erfuhr ich auch,
daß Mathilde das Schloß von einem vornehmen
Manne gekauft hatte, der selten auf demselben gewe¬

Als die Roſenblüthe gänzlich vorüber war, be¬
ſchloſſen wir, uns auch eine Zeit in dem Sternenhofe
aufzuhalten. Da wir den Hügel zu ihm hinan fuhren,
ſah ich, daß Gerüſte an dem Mauerwerke aufge¬
ſchlagen waren, und als wir uns genähert hatten,
erkannte ich, daß die Arbeiter, die ſich auf den Ge¬
rüſten befanden, damit beſchäftigt waren, die Tünche
von den breiten Steinen, welche an die Oberfläche
der Mauern gingen, abzunehmen, und die Steine zu
reinigen. Man hatte vorher an einem abgelegenen
Theile des Hauſes einen Verſuch gemacht, welcher
ſich bewährte, und welcher darthat, daß das Haus
ohne Tünche viel ſchöner ausſehen werde.

In dem Sternenhofe wurde ich ſo freundlich be¬
handelt, wie in der früheren Zeit, ja wenn ich mei¬
nem Gefühle trauen durfte, und wenn man ſo feine
Unterſcheidungen machen darf, noch freundlicher als
früher. Mathilde zeigte mir ſelber alles, von dem ſie
glaubte, daß es mir von einigem Werthe ſein könnte,
und erklärte mir bei dieſem Vorgange alles, von dem
ſie glaubte, daß es einer Erklärung bedürfen könnte.
Während dieſes meines Aufenthaltes erfuhr ich auch,
daß Mathilde das Schloß von einem vornehmen
Manne gekauft hatte, der ſelten auf demſelben gewe¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0197" n="183"/>
        <p>Als die Ro&#x017F;enblüthe gänzlich vorüber war, be¬<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wir, uns auch eine Zeit in dem Sternenhofe<lb/>
aufzuhalten. Da wir den Hügel zu ihm hinan fuhren,<lb/>
&#x017F;ah ich, daß Gerü&#x017F;te an dem Mauerwerke aufge¬<lb/>
&#x017F;chlagen waren, und als wir uns genähert hatten,<lb/>
erkannte ich, daß die Arbeiter, die &#x017F;ich auf den Ge¬<lb/>&#x017F;ten befanden, damit be&#x017F;chäftigt waren, die Tünche<lb/>
von den breiten Steinen, welche an die Oberfläche<lb/>
der Mauern gingen, abzunehmen, und die Steine zu<lb/>
reinigen. Man hatte vorher an einem abgelegenen<lb/>
Theile des Hau&#x017F;es einen Ver&#x017F;uch gemacht, welcher<lb/>
&#x017F;ich bewährte, und welcher darthat, daß das Haus<lb/>
ohne Tünche viel &#x017F;chöner aus&#x017F;ehen werde.</p><lb/>
        <p>In dem Sternenhofe wurde ich &#x017F;o freundlich be¬<lb/>
handelt, wie in der früheren Zeit, ja wenn ich mei¬<lb/>
nem Gefühle trauen durfte, und wenn man &#x017F;o feine<lb/>
Unter&#x017F;cheidungen machen darf, noch freundlicher als<lb/>
früher. Mathilde zeigte mir &#x017F;elber alles, von dem &#x017F;ie<lb/>
glaubte, daß es mir von einigem Werthe &#x017F;ein könnte,<lb/>
und erklärte mir bei die&#x017F;em Vorgange alles, von dem<lb/>
&#x017F;ie glaubte, daß es einer Erklärung bedürfen könnte.<lb/>
Während die&#x017F;es meines Aufenthaltes erfuhr ich auch,<lb/>
daß Mathilde das Schloß von einem vornehmen<lb/>
Manne gekauft hatte, der &#x017F;elten auf dem&#x017F;elben gewe¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0197] Als die Roſenblüthe gänzlich vorüber war, be¬ ſchloſſen wir, uns auch eine Zeit in dem Sternenhofe aufzuhalten. Da wir den Hügel zu ihm hinan fuhren, ſah ich, daß Gerüſte an dem Mauerwerke aufge¬ ſchlagen waren, und als wir uns genähert hatten, erkannte ich, daß die Arbeiter, die ſich auf den Ge¬ rüſten befanden, damit beſchäftigt waren, die Tünche von den breiten Steinen, welche an die Oberfläche der Mauern gingen, abzunehmen, und die Steine zu reinigen. Man hatte vorher an einem abgelegenen Theile des Hauſes einen Verſuch gemacht, welcher ſich bewährte, und welcher darthat, daß das Haus ohne Tünche viel ſchöner ausſehen werde. In dem Sternenhofe wurde ich ſo freundlich be¬ handelt, wie in der früheren Zeit, ja wenn ich mei¬ nem Gefühle trauen durfte, und wenn man ſo feine Unterſcheidungen machen darf, noch freundlicher als früher. Mathilde zeigte mir ſelber alles, von dem ſie glaubte, daß es mir von einigem Werthe ſein könnte, und erklärte mir bei dieſem Vorgange alles, von dem ſie glaubte, daß es einer Erklärung bedürfen könnte. Während dieſes meines Aufenthaltes erfuhr ich auch, daß Mathilde das Schloß von einem vornehmen Manne gekauft hatte, der ſelten auf demſelben gewe¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/197
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/197>, abgerufen am 21.11.2024.