Die Schwester hüpfte oder sprang beinahe in dem Zimmer herum, und rief: "ich habe es mir gedacht, daß er so handeln wird, ich habe es mir gedacht. O der Freude, o der Freude! Wirst du bald abreisen?"
"Morgen mit dem frühesten Tagesanbruch," er¬ wiederte ich, "heute müssen noch Pferde bestellt wer¬ den."
"Es ist eine späte Jahreszeit und du bist kaum gekommen, mein Sohn," sagte die Mutter; "aber ich halte dich nicht ab. Der Tisch und noch mehr die Gesinnung des Mannes, der ihn sendete, haben auf deinen Vater wie ein Glück gewirkt. Das müssen vortreffliche Menschen sein."
"Sie haben ihres Gleichen nicht auf Erden," rief ich.
Ohne zu säumen schickte ich den Knecht auf die Post, um mir auf den nächsten Morgen um vier Uhr zwei Pferde zu bestellen. Dann sprachen wir noch von dem Tische. Der Vater breitete sich über seine Eigenschaften aus, er erklärte uns dieses und jenes, und sezte mir dann in einer längeren Beweisführung auseinander, warum er gerade auf diesem Plaze stehen müsse, auf dem er stehe. Ohne von den Ge¬ mälden des Vaters etwas zu sagen, auf welche ich
Die Schweſter hüpfte oder ſprang beinahe in dem Zimmer herum, und rief: „ich habe es mir gedacht, daß er ſo handeln wird, ich habe es mir gedacht. O der Freude, o der Freude! Wirſt du bald abreiſen?“
„Morgen mit dem früheſten Tagesanbruch,“ er¬ wiederte ich, „heute müſſen noch Pferde beſtellt wer¬ den.“
„Es iſt eine ſpäte Jahreszeit und du biſt kaum gekommen, mein Sohn,“ ſagte die Mutter; „aber ich halte dich nicht ab. Der Tiſch und noch mehr die Geſinnung des Mannes, der ihn ſendete, haben auf deinen Vater wie ein Glück gewirkt. Das müſſen vortreffliche Menſchen ſein.“
„Sie haben ihres Gleichen nicht auf Erden,“ rief ich.
Ohne zu ſäumen ſchickte ich den Knecht auf die Poſt, um mir auf den nächſten Morgen um vier Uhr zwei Pferde zu beſtellen. Dann ſprachen wir noch von dem Tiſche. Der Vater breitete ſich über ſeine Eigenſchaften aus, er erklärte uns dieſes und jenes, und ſezte mir dann in einer längeren Beweisführung auseinander, warum er gerade auf dieſem Plaze ſtehen müſſe, auf dem er ſtehe. Ohne von den Ge¬ mälden des Vaters etwas zu ſagen, auf welche ich
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0212"n="198"/><p>Die Schweſter hüpfte oder ſprang beinahe in dem<lb/>
Zimmer herum, und rief: „ich habe es mir gedacht,<lb/>
daß er ſo handeln wird, ich habe es mir gedacht. O<lb/>
der Freude, o der Freude! Wirſt du bald abreiſen?“</p><lb/><p>„Morgen mit dem früheſten Tagesanbruch,“ er¬<lb/>
wiederte ich, „heute müſſen noch Pferde beſtellt wer¬<lb/>
den.“</p><lb/><p>„Es iſt eine ſpäte Jahreszeit und du biſt kaum<lb/>
gekommen, mein Sohn,“ſagte die Mutter; „aber ich<lb/>
halte dich nicht ab. Der Tiſch und noch mehr die<lb/>
Geſinnung des Mannes, der ihn ſendete, haben auf<lb/>
deinen Vater wie ein Glück gewirkt. Das müſſen<lb/>
vortreffliche Menſchen ſein.“</p><lb/><p>„Sie haben ihres Gleichen nicht auf Erden,“<lb/>
rief ich.</p><lb/><p>Ohne zu ſäumen ſchickte ich den Knecht auf die<lb/>
Poſt, um mir auf den nächſten Morgen um vier Uhr<lb/>
zwei Pferde zu beſtellen. Dann ſprachen wir noch<lb/>
von dem Tiſche. Der Vater breitete ſich über ſeine<lb/>
Eigenſchaften aus, er erklärte uns dieſes und jenes,<lb/>
und ſezte mir dann in einer längeren Beweisführung<lb/>
auseinander, warum er gerade auf dieſem Plaze<lb/>ſtehen müſſe, auf dem er ſtehe. Ohne von den Ge¬<lb/>
mälden des Vaters etwas zu ſagen, auf welche ich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[198/0212]
Die Schweſter hüpfte oder ſprang beinahe in dem
Zimmer herum, und rief: „ich habe es mir gedacht,
daß er ſo handeln wird, ich habe es mir gedacht. O
der Freude, o der Freude! Wirſt du bald abreiſen?“
„Morgen mit dem früheſten Tagesanbruch,“ er¬
wiederte ich, „heute müſſen noch Pferde beſtellt wer¬
den.“
„Es iſt eine ſpäte Jahreszeit und du biſt kaum
gekommen, mein Sohn,“ ſagte die Mutter; „aber ich
halte dich nicht ab. Der Tiſch und noch mehr die
Geſinnung des Mannes, der ihn ſendete, haben auf
deinen Vater wie ein Glück gewirkt. Das müſſen
vortreffliche Menſchen ſein.“
„Sie haben ihres Gleichen nicht auf Erden,“
rief ich.
Ohne zu ſäumen ſchickte ich den Knecht auf die
Poſt, um mir auf den nächſten Morgen um vier Uhr
zwei Pferde zu beſtellen. Dann ſprachen wir noch
von dem Tiſche. Der Vater breitete ſich über ſeine
Eigenſchaften aus, er erklärte uns dieſes und jenes,
und ſezte mir dann in einer längeren Beweisführung
auseinander, warum er gerade auf dieſem Plaze
ſtehen müſſe, auf dem er ſtehe. Ohne von den Ge¬
mälden des Vaters etwas zu ſagen, auf welche ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/212>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.