licher Geschlechter. Das Antliz der Fürstin erschien mir nun um vieles schöner als in der früheren Zeit, daß ich aber nicht auf den Wunsch gerieth, es ma¬ len zu wollen, also noch weniger dem Wunsche einen Ausdruck gab, begreift sich. In den Angesich¬ tern der Manchen, welche ich jezt eifriger betrachtete, fand ich freilich oft etwas, das mir nicht gefiel, sei es Neid sei es irgend eine Begierlichkeit sei es bloße Abgelebtheit oder Geistlosigkeit, sei es etwas ande¬ res, ich stellte bei solchen Gelegenheiten meine Be¬ trachtung bald ein, und hegte nicht den Wunsch, das Gesehene zu malen. Seit ich Gustav besser kennen gelernt hatte, und näher mit ihm befreundet worden war, betrachtete ich auch gerne Köpfe von Jünglin¬ gen, ob sie nicht Gegenstände zum Malen abgäben. Wenn gleich sein Angesicht ebenfalls nicht jenen schö¬ nen und einfachen Angesichtern auf den Steinen mei¬ nes Vaters glich, die besonders edel und merkwür¬ dig aus den Helmen heraus sahen, so war es ihnen doch näher als alle andern, welche ich jezt zu er¬ blicken Gelegenheit hatte, und war überhaupt so schön wie es selten einen Kopf eines Knaben geben wird, der eben in das Jünglingsalter übertritt. Wenn der Ausdruck der Mienen der Jünglinge unserer Stadt
licher Geſchlechter. Das Antliz der Fürſtin erſchien mir nun um vieles ſchöner als in der früheren Zeit, daß ich aber nicht auf den Wunſch gerieth, es ma¬ len zu wollen, alſo noch weniger dem Wunſche einen Ausdruck gab, begreift ſich. In den Angeſich¬ tern der Manchen, welche ich jezt eifriger betrachtete, fand ich freilich oft etwas, das mir nicht gefiel, ſei es Neid ſei es irgend eine Begierlichkeit ſei es bloße Abgelebtheit oder Geiſtloſigkeit, ſei es etwas ande¬ res, ich ſtellte bei ſolchen Gelegenheiten meine Be¬ trachtung bald ein, und hegte nicht den Wunſch, das Geſehene zu malen. Seit ich Guſtav beſſer kennen gelernt hatte, und näher mit ihm befreundet worden war, betrachtete ich auch gerne Köpfe von Jünglin¬ gen, ob ſie nicht Gegenſtände zum Malen abgäben. Wenn gleich ſein Angeſicht ebenfalls nicht jenen ſchö¬ nen und einfachen Angeſichtern auf den Steinen mei¬ nes Vaters glich, die beſonders edel und merkwür¬ dig aus den Helmen heraus ſahen, ſo war es ihnen doch näher als alle andern, welche ich jezt zu er¬ blicken Gelegenheit hatte, und war überhaupt ſo ſchön wie es ſelten einen Kopf eines Knaben geben wird, der eben in das Jünglingsalter übertritt. Wenn der Ausdruck der Mienen der Jünglinge unſerer Stadt
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licher Geſchlechter. Das Antliz der Fürſtin erſchien
mir nun um vieles ſchöner als in der früheren Zeit,
daß ich aber nicht auf den Wunſch gerieth, es ma¬
len zu wollen, alſo noch weniger dem Wunſche
einen Ausdruck gab, begreift ſich. In den Angeſich¬
tern der Manchen, welche ich jezt eifriger betrachtete,
fand ich freilich oft etwas, das mir nicht gefiel, ſei
es Neid ſei es irgend eine Begierlichkeit ſei es bloße
Abgelebtheit oder Geiſtloſigkeit, ſei es etwas ande¬
res, ich ſtellte bei ſolchen Gelegenheiten meine Be¬
trachtung bald ein, und hegte nicht den Wunſch, das
Geſehene zu malen. Seit ich Guſtav beſſer kennen
gelernt hatte, und näher mit ihm befreundet worden
war, betrachtete ich auch gerne Köpfe von Jünglin¬
gen, ob ſie nicht Gegenſtände zum Malen abgäben.
Wenn gleich ſein Angeſicht ebenfalls nicht jenen ſchö¬
nen und einfachen Angeſichtern auf den Steinen mei¬
nes Vaters glich, die beſonders edel und merkwür¬
dig aus den Helmen heraus ſahen, ſo war es ihnen
doch näher als alle andern, welche ich jezt zu er¬
blicken Gelegenheit hatte, und war überhaupt ſo
ſchön wie es ſelten einen Kopf eines Knaben geben
wird, der eben in das Jünglingsalter übertritt. Wenn
der Ausdruck der Mienen der Jünglinge unſerer Stadt
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/269>, abgerufen am 22.11.2024.
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